Steinberg HALion 4 Testbericht
Software Sampler in vierter Generation
Was ist es?
Bei Steinberg HALion 4 handelt es sich um einen Software Sampler für Windows und Mac OS X, der eigenständig lauffähig ist oder sich als Plugin über die Schnittstellen VST, VST3 und AU betreiben lässt. Klänge im Umfang von 10 GB werden mitgeliefert.
Der Veteran ist insgesamt nun schon seit elf Jahren am Markt erhältlich. Die Grundzüge eines Samplers dürften jedem interessierten Leser bekannt sein, ich werde mich in diesem Steinberg HALion 4 Testbericht also überwiegend auf die Neuerungen beschränken.
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Steinberg HALion 4 Testbericht
Erster Eindruck
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Nach der Installation, die angesichts der 10 GB großen Library verhältnismäßig zügig vonstattenging, präsentiert sich das Programm in einem nüchternen Look. Dieser kommt nicht allzu übersichtlich daher, kann aber mit einigen Features überzeugen. So lassen sich die einzelnen Programmteile abdocken und in eigene Fenster auslagern, außerdem wird die Oberfläche insgesamt recht clever an veränderte Platzreserven angepasst – ja nachdem, wie groß Du das Programmfenster ziehst.
Die Einstellungen für mein Audio Interface sind schnell gefunden und getätigt, die Optionen für Routing, ASIO-Treiber und Co. liegen nah beieinander.
Wenn Du vielleicht HALion Sonic genutzt hast, werden dir viele Dinge bekannt vorkommen. Die Instrumentenklänge, Synthesizer, Drums und Co. sowie die Synthese-Engine und die Effekte sind identisch. Im Folgenden werde ich lediglich auf die Optionen eingehen, die mit der Bearbeitung und der Aufführung deiner Samples zu tun haben, schließlich gibt es in Sachen Synthesizer wesentlich geeignetere Kandidaten.
VST Expression
Eine Neuheit stellt die Implementierung der Expressions dar, die auf Grundlage des hauseigenen Standards VST 3.5 funktionieren. Controller-Daten wie Tonhöhe, Modulation etc. lassen sich nicht nur auf eine gesamte MIDI-Spur setzen, vielmehr können die einzelnen Noten in Akkorden jeweils mit ganz unterschiedlichen Parametereinstellungen abgefeuert werden. Außerdem können Artikulationen und Performance-Stile munter gewechselt werden.
Das sind wirklich tolle Features, allerdings gilt es zu beachten, dass das hauseigene Cubase 6 bisher die einzige DAW-Software ist, die dieses Expression-System unterstützt.
MegaTrig
Anstatt von Scripting-Fähigkeiten gibt es das sogenannte MegaTrig, mit dem Du Artikulationen, Instrumentengeräusche (etwa Klappen- und Pedalgeräusche) und Release-Samples triggern und umschalten kannst. Das Ziel ist eine möglichst große Natürlichkeit der Klänge. Das ist traditionell eine schwierige Angelegenheit, doch hier kannst du dem Ziel des mit dem natürlichen Sound zum Verwechseln ähnlichen Klangs schon sehr nahe kommen, ohne in die noch etwas komplexere Welt des Scriptings einsteigen zu müssen. Basierend auf Input-Variablen wie Velocity, Tonhöhe und Co. kannst Du bestimmte Operationen automatisch ausführen lassen. Hier gibt es Voreinstellungen für den schnellen Einstieg.
Die Matrix, die dafür zur Verfügung steht, bleibt nichts schuldig, was Gestaltungsmöglichkeiten angeht. Mit der Round-Robin-Funktion ist es beispielsweise möglich, mehrere Samples auf der gleichen Tonhöhe im Wechsel abspielen zu lassen, so dass der gefürchtete Maschinengewehr-Effekt gar nicht erst aufkommt.
FlexPhraser
Unter den MIDI-Effekten wäre vornehmlich der FlexPhraser bemerkenswert zu nennen. Es handelt sich um einen ausgefeilten Arpeggiator, mit dem Du komplexe musikalische Phrasen generieren kannst. Es gibt Phrasen-Presets, die u.a. MIDI-Kompositionsfragmente für Gitarren-Parts, Drums und Basslines beinhalten.
Ich habe mich oft dabei ertappt, zu denken, dass ich den einen oder anderen eingängigen Part niemals so gut selbst hätte ausbaldowern können. Manchmal ist es jedoch nicht ganz so leicht, anhand der teils mysteriösen Preset-Namen herauszufinden, um was für eine Phrase es sich handeln könnte. Exploration ist angesagt.
Sonstiges
Das Routing wurde generalüberholt. So gibt es jetzt einen vollausgestatteten Mixer mit einer theoretisch unbegrenzten Anzahl an Bussen für jeden Patch und jeden Layer. Diese Kanäle bieten jeweils die üblichen Kontrollen für Lautstärke und Panning sowie Knöpfe für die Stumm- und Soloschaltung; Platz für die internen Effekte gibt es mit je acht Insert-Slots auch.
Bleibt denn gar nichts zu wünschen übrig? Doch, eine Möglichkeit, die Insert-Effekte in den Slots per Drag & Drop verschieben zu können, aber sonst ist alles fein.
Zu bemängeln ist aus meiner Sicht, dass es keine Möglichkeit gibt, eine grundlegende Sample-Bearbeitung vorzunehmen – Normalisierung oder DC Offset sind nicht möglich. Diese Dinge musst Du nach wie vor mit einem externen Wave-Editor erledigen. Auch das Slicen von Loops ist nicht möglich, die Mitbewerber sind da schon weiter.
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Fazit zum Steinberg HALion 4 Test
Mit Steinberg HALion 4, das zum mehr als angemessenen Straßenpreis von 333,- Euro erhältlich ist, steht ein Software Sampler zur Verfügung, der sich nicht vor den Mitbewerbern Native Instruments Kontakt oder MOTU MachFive verstecken muss. Funktionen wie die Unterstützung von VST Expressions sind derzeit noch Cubase-exklusiv und daher noch nicht wirklich ein Killerargument für den Kauf der Software (es sei denn, Du legst dir Steinbergs DAW auch gleich noch zu), aber allein schon der Wille zur Innovation ist herzlich zu begrüßen.
Die Library liefert massig fette Klänge – und à propos: nach dem Update auf Version 4.5 stehen in der gelungenen Synthesesektion gleich acht (!) Oszillatoren bereit, um so richtig satte Sounds zu erzeugen. Die vergleichsweise einfache Programmierung der MegaTrig-Funktionen ist eine willkommene Alternative zum Scripting. Die damit ermöglichten Variationen in Sachen Artikulation und Spielverhalten sind ein tolles Feature, das aus meiner Sicht ruhig Schule machen darf. Auch andere Features wie der FlexPhraser machen Laune und können im Prozess der Komposition oder Ideenfindung durchaus einen Schub geben.
Alles eitel Sonnenschein? Nein. So hätten der Software ein paar Funktionen zur destruktiven Sample-Editierung gut zu Gesicht gestanden. Für niedere Aufgaben wie das Bereinigen von DC Offsets oder Normalisierungen möchte ich ungern noch ein zweites Programm bemühen. Auch hätte ich Möglichkeiten zum Slicing von Loops gerne gesehen.
Doch das ändert nichts daran, dass wir hier ein gelungenes, mächtiges Werkzeug für Sampling & Synthese mit ein paar Innovationen im Gepäck vor uns haben, das viereinhalb von fünf Punkten einheimsen kann. Der Steinberg HALion 4 Testbericht auf delamar wird also mit dem Prädikat »sehr gut« zugeschnürt.
Steinberg HALion 4 Features
- Sampler & Synthesizer
- Windows & Mac OS X
- VST, VST3, AU & stand-alone
- VST 3.5 für Expressions
- MegaTrig für dynamische Artikulationen
zu 'Steinberg HALion 4 Testbericht: Software Sampler in vierter Generation'
Nils 18. Okt 2012 16:14 Uhr
Alles in allem ein gelungener Artikel, jedoch mit einem Fehlern, was die Informationen angeht.
Die Insert-Effekte lassen ganz bequem zwischen den Slots wechseln.
Der Handle dazu ist jedoch relativ übersehbar gestaltet (es sind diese kleinen Striche rechts zwischen den jeweiligen Slots).
Was das Slicen angeht, so ist es möglich beispielweise REX-Files zu importieren und direkt slicen zu lassen. Das ganze funktioniert auch mit Samples, die in Cubase mit Hitpoints ausgestattet wurden. Hier ist es zudem sehr schön, dass direkt ein Slice Player geöffnet wird, mit dem man die Phrase des ursprünglichen Loops wiedergeben, aber auch verändern kann.
Ansonsten wie gesagt, sehr gelungen und kann ich so unterschreiben. ;)