Sonic Charge Synplant 2 Test
Sprossen, DNA und KI zur Klangsynthese

Von Thorsten Sprengel am 19. Dezember 2023
Sonic Charge Synplant 2 Test-Fazit
4.5
DELAMAR
SCORE
Der Sonic Charge Synplant 2 ist ein experimenteller Software Synthesizer mit integrierter KI.
Letztere kann dir bei Einspeisung von Samples spannende Varianten von diesen erzeugen. Du kannst Sounds aber auch manuell im DNA-Editor über vielzählige Parameter erzeugen. Herzstück des Synthesizers ist eine innovative Bedienoberfläche, in der Du Sounds erzeugen und diese verschiedenen Tönen in einer chromatischen Tonleiter zuweisen kannst.
PRO
- Guter Ansatz
- Viele Presets
- Viele sinnvolle Presets
- KI funktioniert gut
- Übersichtliche Bedienoberfläche
- Nahezu unbegrenzte Sounds
CONTRA
- —
Für wen?
Klangtüftler, Sound Designer
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Erster Eindruck
Samen, DNA und KI? Ich habe nicht schlecht gestaunt nach der reibungslosen Installation des Sonic Charge Synplant 2, hatte ich doch bisher keinen Kontakt zum bereits vor 15 Jahren erschienenen Vorgänger.
Begrüßt werde ich von einer sehr aufgeräumten Benutzeroberfläche. Diese ist frei skalierbar. So kannst Du sie an deinen Bildschirm anpassen, wie Du sie gerade benötigst.
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Klangerzeugung auf dem Hauptdisplay
Das Herzstück des Synthesizers bildet ein Samen, aus dessen Mitte zwölf sanft wogende Sprossen wachsen. Jede Sprosse steht für einen Ton in der Chromatischen Tonleiter. Jedem dieser Töne wird ein Sound zugewiesen.
Dabei können mehrere oder auch alle Töne den gleichen Sound haben. Du kannst aber auch jedem Spross einen eigenen Sound zuteilen. Die Klänge werden dabei visuell durch das Wachsen organischer Zweige erzeugt.
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Von sanftem Pochen über Zupfen bis hin zu radikalen Geräuschsausbrüchen sind alle Sounds möglich. Du darfst bei diesem Synthesizer keinen geschliffenen High-End Sound erwarten, dafür sind direkte, pointierte und kräftige Klangfarben möglich.
Der technische Hintergrund dieser Klangerzeugung ist dabei komplex und ihn zu erklären, würde für diesen Test zu weit führen.
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Bedienelemente auf dem Hauptdisplay
Auf dem Hauptdisplay finden sich mehrere Regler und ein zuweisbares Modulationsrad, mit denen Du die Sounds beeinflussen kannst.
So gibt es zum Beispiel einen Atonality-Schieberegler. Mit diesem kannst Du das Chaos in den entstehenden Klängen beeinflussen. Umso mehr Atonality, umso mehr Chaos.
Weiterhin finden sich Schieberegler für die Gesamtlautstärke, die Release-Zeit der Hüllkurve, den Effektpegel und die Stimmung. Die Änderungen werden immer auf alle Tasten gleichzeitig angewendet. Eine auf einen bestimmten Sound angewendete Einstellung ist leider nicht möglich.
Modulationsrad im Sonic Charge Synplant 2 Test
Ergänzt werden die Schieberegler durch ein frei zuweisbares Modulationsrad. Hier kannst Du den Filter-Cutoff, die Hüllkurvenzeiten, den FM-Anteil und den LFO-Modulationsanteil regulieren.
Insgesamt geht die Bedienung leicht von der Hand. Wenn Du mit dem Cursor über die einzelnen Bedienparameter gehst, wird dir ein Hilfetext für die jeweilige Funktion angezeigt. Diese Hilfefunktion gibt es auch im DNA-Editor und im KI-Modus. Das vereinfacht den Einstieg deutlich.
Bei Drücken auf das Modulationsrad zeigt die Anzeige der Soundbearbeitung die aktuelle Position des Rades und den aktuell gespielten Ton an.
Presets
Anfänger ins Sounddesign nimmt der Synthesizer mit etwa 600 Presets an die Hand. 297 sind direkt inkludiert, weitere 300 können auf der Homepage des Herstellers heruntergeladen werden.
Ein einziges Preset kann zwölf unterschiedliche Sounds enthalten – für jeden Spross ein eigener Sound. Nicht alle Presets sind konventionell.
Es finden sich viele ungewöhnliche Sounds, die sich eher für die kreative Seite der Musikproduktion eignen. Spaß machen sie alle.
Es gibt aber auch genug Presets, die sich auch auf konventionelle Art und Weise spielen und in deine Produktionen einbauen lassen. Ausprobieren führt hier zum Ziel.
DNA-Editor im Sonic Charge Synplant 2 Test
Es gibt aber auch den DNA-Editor für Sounddesigner, die ihre Klänge individuell gestalten und diese nicht dem Zufall überlassen wollen.
Dieser Editor erlaubt ein tiefes Eintauchen in die Klanggestaltung.
Im DNA-Editor erhältst Du visuelles Feedback über einen DNA-Strang, der eine konventionellere Ansicht aller Parameter darstellt. Dieser ist animiert und wirkt dadurch fast genauso verspielt wie die Hauptansicht.
Alle Parameter lassen sich in dieser Ansicht individuell einstellen. Sie sind ebenfalls MIDI-steuerbar und unterstützen Automation.
So lässt sich Sonic Charge Synplant 2 wie ein klassischer, vollwertiger polyphoner Synthesizer bedienen und einsetzen.
Integrierte KI: GenoPatch
Wirklich revolutionär wird der Software Synthesizer durch die Integration einer KI (ein Algorithmus für maschinelles Lernen). Diese heißt GenoPatch und analysiert Audiosamples und justiert Oszillatoren, Effekte und Filter auf Basis der Samples.
Wie genau das funktioniert, ist nicht klar ersichtlich – aber es funktioniert.
Eingespeiste Samples werden mit Standard-Voicing Parametern dupliziert. So entstehen dutzende Variationen, aus denen Du frei wählen kannst. Beeinflussen lässt sich die KI dabei nicht. Eine gewählte Variante wird danach zur Saat für ein neues Preset.
Du kannst aber auch mehrere Varianten gleichzeitig auswählen und so unterschiedliche Sounds für die Töne deiner Presets festlegen.
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GenoPatch in der Praxis
In der Praxis funktioniert die KI gut bei einfachen Klängen. Einzelne Noten oder einzelne Sounds bieten sich hier vor allem an. Sprachsamples sind aber zum Beispiel zu komplex. Eine Phrase mit mehreren Wörtern kann nicht reproduziert werden.
Das ist aber kein großer Nachteil. Die KI kann Klangfarben aus komplexeren Samples aufgreifen und diese weiter verarbeiten. Es ist immer überraschend, welches Sounds die KI erzeugt.
Weitere Funktionen
Neben den drei ausgeführten Möglichkeiten zur Klangerzeugung besitzt der Synthesizer noch eine Reihe weiterer Funktionen, die ich nachfolgend kurz erwähnen möchte.
Ebenenmodus (Layered)
Im Ebenenmodus kannst Du mehrere Klänge gleichzeitig auslösen. So können reichhaltigere und vielschichtigere Klänge entstehen.
Mit Atonality kannst Du diese Schichten komplett verstimmen.
Velocity
Im Velocity-Modus werden die einzelnen Klänge durch die Stärke der Anschläge deiner MIDI-Tastatur ausgelöst.
Key-Zone-Modus (Ranges)
In diesem Modus wird jeder der Sounds einem Bereich von einer Quarte auf der Tastatur zugewiesen – entweder von C bis F oder von Fis bis H.
BILDSTRECKE
Performance-Features
Die inkludierten Performance-Features machen den Synthesizer spielbarer und heben ihn weiter vom reinen Spielzeug ab. Hier unterstützen Mono-Patches, Glide/Portamento und Temposynchronisation. Letztere lässt sich auf jede rhythmische Komponente anwenden.
Mir gefällt gut, dass auch in Zukunft am Synthesizer gearbeitet wird. Er ist modifizierbar und erweiterbar. So kannst Du jetzt zum Beispiel auch auf einen dunklen Skin für den Synthesizer zurückgreifen.
Klangbeispiele
Nachfolgend findest Du zunächst neun unterschiedliche Presetsounds, die in Sonic Charge Synplant 2 inkludiert sind.
Danach folgen fünf Samples, die ich in GenoPatch eingespeist habe und je eine von der KI kreierte Variation dieser.
Features Sonic Charge Synplant 2 Review
- Hersteller:
- Software Synthesizer
- Experimentell
- Inkludierte KI (Algorithmus zum maschinellen Lernen): GenoPatch
- VST2, VST3, AUv2
- Mit macOS und Windows kompatibel
- Knapp 600 Presets (297 inkludiert, weitere 300 können auf der Homepage des Herstellers heruntergeladen werden)
- DNA-Editor für manuelle Klanggestaltung
- Performance-Features
- Velocity
- Ranges
- Ebenenmodus