Manley Reference Cardioid Test
Großmembran-Kondensator mit Vollröhrentechnik

Manley Reference Cardioid

Gestatten, das Manley Reference Cardioid ... Erfahre, wo dieses Kondensatormikrofon mit Röhrentechnik und Nierencharakteristik glänzt und ob sich die Investition von 3.000 Euro lohnt

Was ist es?

Das Manley Reference Cardioid Mikrofon ist ein Kondensatormikrofon mit Großmembran und Röhrentechnik. Als Richtcharakteristik wurde die Niere gewählt. Die technischen Daten und den Lieferumfang findest Du wie gehabt im Infokasten.

Das Mikrofon richtet sich an sehr anspruchsvolle Musiker, Produzenten und Toningenieure mit entsprechendem Budget. Es wird aus denselben Komponenten gefertigt wie die Modelle der Serie »Gold Reference«, doch kommt hier eine zentral befestigte Nieren-Kondensatorkapsel mit einer vergleichsweise dicken goldbedampften Membran zum Einsatz (6 Mikrometer stark).

Nicht nur die Membranstärke und die Bauweise erinnern an klassische Röhrenmikros europäischer Herkunft wie das Neumann U47. Auch die Höhenwiedergabe, der Nahbesprechungseffekt sowie die vermeintlich geringe Anfälligkeit für Popp- und Zischlaute erinnerten daran. Mit seinem Klangcharakter eigne sich der Kandidat im Manley Reference Cardioid Review insbesondere für Voice-Overs und Gesang, aber auch für Gitarren, Saxophone und die Overhead-Abnahme eines Schlagzeugs.

Manley Reference Cardioid: Features

  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Vollröhren-Trioden-Technik (12AT7)
  • Ausgangsimpedanz: 200 Ω
  • Empfindlichkeit: 17 mV/Pa
  • Max. Schalldruckpegel: 150 dB SPL
  • Signal-Rausch-Abstand: -120 dB EIN
  • Übertragungsbereich: 10–30.000 Hz
  • Vorabschwächung (»Pad«) von -10 dB zuschaltbar
  • Gewicht: ~1 kg
  • Mitgeliefertes Zubehör
    • Externes Netzteil
    • Mikrofonkabel (6-polig) + Netzkabel
    • Elastische Halterung für die Mikrofonspinne
    • Lederne Kapselschutzhülle
    • Koffer
  • Aufeinander abgestimmte Paare für Stereoaufnahmen sind erhältlich

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Manley Reference Cardioid Testbericht

Erster Eindruck, Verarbeitung und Konstruktion

Das Design ist einzigartig, soweit ich den Markt überblicke – ein Gegenentwurf zu gewöhnlicher gestalteten Oberklassemodellen wie dem Chandler Limited REDD Microphone oder dem Mojave MA-1000 [Test]. Der mattschwarze, leicht aufgeraute Korpus mit den weinroten Akzenten oben und unten, das große Manley-Logo in eleganter Schriftart und gerade die halbintegrierte Mikrofonspinne schinden Eindruck.

Die Verarbeitung ist ähnlich überzeugend, allerdings könnte der Mikrofonkorb etwas steifer sein. Der Korpus weist am oberen und unteren Ende dicke Ringe mit je fünf Schrauben auf, um die die Gummischnüre zur elastischen Verbindung mit den Gegenstücken an der Mikrofonspinne gelegt werden.

Mikrofonspinne

Sehr gut: Diese metallene Spinne könnte kaum robuster sein. An einer Seite der ansonsten gerüstartigen Konstruktion prangt eine große Metallplatte mit Gewinde für den Stativadapter. Dieser macht ebenfalls einen hervorragenden Eindruck, ab Werk steckt in ihm bereits ein Reduziergewinde (5/8″ → 3/8″) für das europäische Stativformat. Bei unserem Exemplar wurden immerhin drei Ersatzgummischnüre für die Spinne mitgeliefert. Wie zu erwarten war, dämpft die Spinne Köperschall gut ab.

Netzteil

Das Netzteil macht mit seinen metallenen Gehäuseplatten und den gut verschraubten Buchsen zunächst einen guten Eindruck. Extrem standfest auf glatten Oberflächen ist es ebenfalls, den vier massiven Gummifüßen sei Dank.

Die Gehäuseteile sind hingegen etwas schief zusammengebaut (das ist scheinbar die Norm, wenn man diverse Fotos des Netzteils auf unterschiedlichen Webseiten betrachtet). Außerdem saß der Kunststoffeinsatz für die Kaltgerätebuchse wackelig in seiner Gehäuseaussparung. Das geht besser, gerade bei einem so kostspieligen Mikrofon.

Ausstattung

Am Mikrofon selbst findet sich ein Schalter zur Aktivierung der Vorabschwächung (-10 dB). Dass es »nur« zehn Dezibel sind, macht in diesem Fall überhaupt nichts, denn wie weiter unten erläutert, liegt ist der maximale Schalldruckpegel extrem hoch.

Ein zuschaltbares Hochpassfilter ist nicht an Bord. Schade, aber kein Beinbruch – die Zielgruppe des oberklassigen Manley Reference Cardioid wird das sicher über einen angemessen hochwertigen, gut ausgestatteten Mikrofonvorverstärker realisieren.

Klang des Manley Reference Cardioid

Vocal

Vocal [Neumann U 87 Ai zum Vergleich]

Shaker

Grundrauschen

Das Grundrauschen ist praktisch vernachlässigbar: Mit einem typischen Signal-Rausch-Abstand von -120 dB EIN werden auch sehr zarte Passagen in einer Aufnahme, Drum-Ambience und dergleichen nicht von Rauschen übertüncht. Das ist zwar heutzutage keine Sensation mehr für röhrenverstärkte Mikrofone, aber doch sehr löblich.

Maximaler Schalldruck

Betrachtet man das Datenblatt, sticht vor allem der außerordentlich hohe maximale Schalldruck von 150 dB SPL ins Auge. Ob bei diesem Pegel eine gesamte harmonische Verzerrung von einem (und nicht nur einem halben) Prozent erzielt wird, spielt keine Rolle, denn schon weit unter diesem Wert drohen schnell Gehörschäden.

Ergo: Auch die lautesten Schallquellen im Musikbetrieb lassen sich ohne nennenswerte Verzerrungen abnehmen.

Frequenzgang

Laut der Produktbeschreibung auf der Manley-Website und Erfahrungsberichten von Käufern hätte das Manley Reference Cardioid kein EQing nötig. Zumindest seien Eingriffe mit dem Ziel eines »fertigen«, feingeschliffenen Sounds in weitaus geringerem Ausmaß notwendig als üblich.

Und genau das kam mir im direkten Mikrofonvergleich mit unserem treuen Neumann U 87 Ai in den Sinn. In der Gegenüberstellung empfinde ich das Manley Reference Cardioid als frischer und luftiger, ohne dass es dabei übergebührlich scharf oder hell klingt. Ab 10, spätestens ab 12 kHz ist das Signal um durchschnittlich gut 6 dB kräftiger, jedenfalls bei der studiotypischen Besprechung aus 20 cm Entfernung zur Kapsel. Auch in den tiefsten Bässen unter 80 Hertz ist es kräftiger, beinahe in derselben Intensität. Alles in allem klingt es damit etwas näher, greifbarer und musikalisch kompletter.

Natürlich kann der breitere Übertragungsbereich bei manchen Stimmen, Setups und Mischungen unerwünscht sein. Aber eine Absenkung per Equalizer klingt für mich fast immer überzeugender als ein Boost. Ich vermute auch, dass Mixing Engineers weit seltener zu Ersterem als zu Letzterem greifen werden.

Nahbesprechungseffekt & Off-Axis-Verhalten

Der Nahbesprechungseffekt ist recht gutmütig ausgeprägt, weist also einen fließenden Übergang auf zwischen Bassarmut in weiter Entfernung und Bassüberbetonung aus nächster Nähe.

Vom optimalen, senkrechten Einsprechwinkel auf die Membran kannst Du um etwa 20° nach links oder rechts abweichen, ohne dass die Höhen beträchtlich verlorengehen. Das Manley Reference Cardioid klingt dann etwa so, als würde unser bereits angesprochenes Neumann-Modell aus dem optimalen Einsprechwinkel besprochen. Das bedeutet, dass ein bisschen Kopfnicken und Mitgrooven bei den Künstlern vorm Mikrofon definitiv drin ist.

Impulsverhalten

Keinerlei Wünsche bleiben mir auch in diesem Aspekt offen. Die Mikrodynamik wird akkurat abgebildet, alle Transienten eines Signals erklingen praktisch genauso zackig wie in natura. So bekommst Du etwa sehr trockene, tighte Kick-Drum-Anschläge sowie insgesamt eine sehr hohe Detailtreue und Transparenz in Klängen aller Art und Komplexität.

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Fazit zum Manley Reference Cardioid Test

Das Manley Reference Cardioid ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon für Aufnahmen erster Güte – Du bekommst tatsächlich den »fertigen« Sound, der versprochen wird. Das passt für meinen Geschmack gerade bei (den meisten) Vocals wie die Faust aufs Auge. Im Vergleich zum Klassiker Neumann U 87 Ai ist der Übertragungsbereich wesentlich breiter – die Bässe (unter ~80 kHz) und insbesondere die Höhen (über ~10 kHz) sind ein gutes Stück präsenter. So kriegen gerade Cello, Kontrabass und Kick-Drum ein tolles Fundament, während die luftigen Höhen nicht zuletzt für intim gehauchte, crispe Vocals passen.

Auch in den übrigen Disziplinen leistet das Manley Reference Cardioid Hervorragendes. Das Grundrauschen ist verschwindend gering (u.a. prima für Drum-Ambience) und der maximale Schalldruck erreicht schon das Niveau von Tauchspulenmikrofonen zur Schlagzeugabnahme. Dazu kommen eine hohe Impulstreue für transparenten Sound mit akkuraten Transienten sowie ein gutmütiges Verhalten beim Abweichen von der optimalen Einsprechrichtung und zunehmender Nahbesprechung.

Daher kann das Zwischenfazit für mich nur so lauten: Wenn dir die Klangfarbe zusagt, ist ein Kauf dieses Modells ungleich vernünftiger als ein noch viel teureres Mikrofon aus alten Tagen zu kaufen, so toll das auch (noch) klingen mag. Es sei denn, Du brauchst unbedingt ein Statussymbol.

Die Spinne weicht weit vom Neumann-Standard ab, ist aber mindestens genauso erstklassig. Bei unserem Exemplar wurden immerhin drei Gummischnüre als Ersatzteile mitgeliefert. Die ab Werk installierten Schnüre machen den Eindruck, als würden sie viele Jahre überdauern.

Dass die Gehäuseteile des Netzteils leicht schief zusammengesetzt sind, scheint die Norm zu sein und keine Nachteile mit sich zu bringen. Den lockeren Sitz der Kaltgerätebuchse halte ich aber nicht für standesgemäß – in der 3.000-Euro-Region erwarte ich auch beim Netzteil eine sorgfältige Fertigung.

Zu bedenken ist weiterhin, dass dieses Mikrofon auf die Nierencharakteristik beschränkt ist. Viele andere bewährte, klanglich ähnlich tolle Modelle sind wesentlich flexibler. Das betrifft etwa unseren Neumann-Klassiker und aktuelle Röhrenmikrofone in exakt derselben Preisklasse wie das Mojave MA-1000 [Test]. Hier gibt es meist drei Charakteristika und mehr, teils sogar stufenlos überblendbar wie bei Letzterem.

Summa summarum erzielt unser Proband im dennoch eine sehr gute Wertung. Allein die außerordentliche Fülle des Klangs dank des breiten Übertragungsbereichs und die sehr guten Leistungen in allen anderen Klangqualitäten sind einfach starke Argumente. So beschließe ich mein Manley Reference Cardioid Review auf delamar mit viereinhalb von fünf Punkten.

Manley Reference Cardioid Features

  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Vollröhren-Trioden-Technik (12AT7)
  • Ausgangsimpedanz: 200 Ω
  • Empfindlichkeit: 17 mV/Pa
  • Max. Schalldruckpegel: 150 dB SPL
  • Signal-Rausch-Abstand: -120 dB EIN
  • Übertragungsbereich: 10–30.000 Hz
  • Vorabschwächung (»Pad«) von -10 dB zuschaltbar
  • Gewicht: ~1 kg
  • Mitgeliefertes Zubehör
    • Externes Netzteil
    • Mikrofonkabel (6-polig) + Netzkabel
    • Elastische Halterung für die Mikrofonspinne
    • Lederne Kapselschutzhülle
    • Koffer
  • Aufeinander abgestimmte Paare für Stereoaufnahmen sind erhältlich
Hersteller: Manley
Produkt:

Manley Reference Cardioid Test

Lesermeinungen (2)

zu 'Manley Reference Cardioid Test: Großmembran-Kondensator mit Vollröhrentechnik'

  • oboe   19. Okt 2017   09:57 UhrAntworten

    bei dem Preis wundert mich, dass ein abgeglichenes Stereopaar verfügbar ist: normalerweise erwarte ich bei diesem Preis so geringe Fertigungstoleranzen, dass ein Stereoabgleich nicht notwendig sein sollte. So ist das zumindest bei einem deutschen Hersteller in Karlsruhe, der geringere Preise aufruft :-)

  • Patrick   21. Okt 2017   13:08 UhrAntworten

    Ich höre bei den Testaufnahmen immer, dass die Leute in einem Gobo stehen. Wie günstig ist denn ein solches gesetzt dem Fall, man hat jetzt nicht gerade einen überaus akustisch optimierten RaumDa hätte mich jetzt mal brennend interessiert, wie teuer ist denn ein solches genau, gesetzt dem Fall, man hat jetzt nicht den überaus akustisch optimierten Raum zur Verfügung und möchte sich immerhin etwas mit diesen Akustiktrennwänden behelfen?

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