Eventide H9 Testbericht
Top-Multieffekt für Gitarristen & mehr

Eventide H9 Testbericht

Der Kandidat im Eventide H9 Testbericht

Was ist es?

Das Eventide H9 ist ein Stereo-Multieffektgerät im Format eines Gitarrenpedals, das Modulationseffekte (Chorus, Phaser, Flanger etc.), Delay und Reverb sowie Pitch-Shifting-Effekte bietet. Die Algorithmen dafür stammen aus den hauseigenen Pedalen TimeFactor, ModFactor, PitchFactor und Space, weiterhin wurden exklusiv für den H9 einige Algorithmen neu programmiert.

Neben den zwei Fußschaltern zum (De-)Aktivieren des Effekts, Preset-Wechsel und zur Tempobestimmung für zeitbasierte Effekte (»Tap Tempo«) gibt es ein großes Drehrad, ebenfalls für die Preset-Wahl und zum Verstellen der Parameter. Derer drei sind über dedizierte kleine Knöpfe direkt anwählbar.

Für Windows-PCs, Macs und iOS-Geräte steht eine Editor-Software zur Verfügung. Mit ihr steuerst Du das H9 über ein USB-Kabel bzw. drahtlos via Bluetooth – Klangformung, Preset-Verwaltung und Systemeinstellungen.

Eventide H9 Testbericht

Die Bedienfläche des Eventide H9

Ein- und Ausgänge für Audio liegen jeweils in Form von großen Klinkenbuchsen-Pärchen vor. Komplettiert wird die Ausstattung durch zwei fünfpolige MIDI-Buchsen (In & Out/Thru), einen Mini-USB-Port und einen Pedalanschluss.


Passend dazu


Neben der hier getesteten Variante H9 gibt es die Editionen »H9 Core« und »H9 Max« – Erstere ist abgespeckt und somit verhältnismäßig günstig, während bei Letzterer der gesamte Algorithmenkatalog und weitaus mehr Presets enthalten sind.


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Eventide H9 Testbericht

Erster Eindruck und Verarbeitung

Ergonomisch durchdacht dank abgerundeter Vorderkante und leichter Winkelung des Bedienpaneels – mein erster Eindruck des cremeweißen Eventide H9 mach Lust auf mehr. Fest mit dem Gehäuse verschraubte Klinkenbuchsen und Fußschalter werden geboten, dazu leuchtstarke LEDs und ein ebenso kräftig illuminiertes, blickwinkelstabiles Segment-Display.

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Die Rückseite …

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… und die linke Seite des Eventide H9

Ich vermisse nur einen An/Aus-Schalter, der die In-/Außerbetriebnahme des Geräts eleganter gestalten würde als mit dem Herausziehen des Stromkabels bzw. Schalterdrücken auf entsprechenden Steckdosenleisten. Gitarristen, die dieses Effektpedal ohnehin auf dem Floorboard fest verdrahten, dürften sich hier dran kaum stören. Ein USB-Kabel im Lieferumfang wäre auch schön gewesen, aber sei’s drum.

Erste Schritte mit dem Eventide H9

Die ersten Presets sind schnell per Drehrad durchgeblättert und der Sound weiß zu gefallen – mehr dazu (plus Klangbeispiele, versteht sich) siehe unten. Hinter den X-, Y- und Z-Knöpfen verbergen sich abhängig vom Preset stets andere Parameter, die den Klang maßgeblich beeinflussen – unter anderem ist das Mischverhältnis aus dem trockenem und dem Effektsignal (bekannt als »Dry/Wet«) oft zu finden. Alles in allem wurden die Parameter von den Entwicklern sehr bedacht gewählt, wie ich finde. Doch natürlich kannst Du die Zuweisungen selbst bestimmen und im Preset überschreiben.

Kleine, verschiedenfarbige LEDs am rechten Rand des Segment-Displays zeigen das aktive Bluetooth, ein anliegendes Eingangssignal (und ggf. dessen Übersteuerung) sowie den modifizierten Zustand eines Presets an. Platzsparend und informativ. Die Fußschalter sind mit wesentlich größeren, auffälligeren LEDs versehen. Passend für die Bühne ermöglichen sie übrigens auch den Programmwechsel oder den Zugriff zum internen Tuner.

Eine Schnellstartanleitung klärt über alle wichtigen Funktionen auf. Über die erweiterten Features des Eventide H9 – einige davon siehe nächstes Kapitel – kannst Du dich umfassend im deutschen PDF-Handbuch informieren. In gedruckter Form liegt nur das englische Manual dem Lieferumfang bei.

Fortgeschrittenes und Eindrücke aus der Praxis

Über den »HOTKNOB«-Modus lässt sich gleich eine ganze Schar von Parametern (auch hier sind benutzerdefinierte Zuweisungen möglich) gleichzeitig justieren. Nützlich für schnelles Maßschneidern der vorgefertigten Presets oder gar das Morphing per kontinuierlichem MIDI-Controller beim Recording oder Livespiel.

Schade, dass das Umschalten der Presets stets etwa eine Sekunde dauert. Das ist angesichts der überwiegend komplexen und klanggewaltigen Effekte durchaus verständlich, aber für Live-Auftritte nicht ideal.

Ab und zu habe ich mir gewünscht, der Eventide H9 hätte einen dedizierten Drehregler für den Ausgangspegel. Bestimmte Effekte knabbern deutlich an der Lautstärke und so etwas möchte ich lieber sofort im Griff haben, als erst ein Menü ansteuern zu müssen.

Neben einem optionalen »echten Bypass« (der vielbeschworene True Bypass) gibt es die Möglichkeit, die Hallfahnen, die verbleibenden Delay-Taps und andere Überlappungen nach Betätigung des Fußschalters noch komplett ausklingen zu lassen. Sehr fein, denn so wird der Sound nie unangenehm »abgewürgt«.

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Die meisten Einstellungen können über die Software getätigt werden

USB-MIDI funktionierte auf Anhieb und erwartungsgemäß ohne manuelle Treiberinstallation. Dadurch kann ich etwa in der DAW an bestimmten Stellen im Projekt Programmwechsel durchführen und natürlich Parameterautomationen setzen. Spitze: Über das Gerät selbst und über den Editor (siehe auch nächste Seite) lässt sich der MIDI-Befehlssatz (Programmwechsel und CCs) völlig frei konfigurieren.


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Editor-Software

Dieses Programm ist fabelhaft. Die Editierung und Verwaltung der Sounds sowie die MIDI-Konfiguration gelingen damit um Welten bequemer als am Gerät selbst. Die Kommunikation mit dem Eventide H9 funktionierte jederzeit bestens und gänzlich ohne spürbare Verzögerungen beim Schrauben an den Parametern.

Nach dem ersten Start besteht die Möglichkeit, ein Benutzerkonto anzulegen und mit dem Gerät zu verknüpfen. Das gelang in wenigen Augenblicken, da die Antwort-Mail von Eventide zur Account-Aktivierung nach wenigen Sekunden in meinem Postfach eintrudelte. Einmal aktiviert, erwartet mich eine freundliche, übersichtliche Oberfläche.

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Die Übersicht zur Auswahl der Effektmodule

Der Zugang zu den Komponenten für Presets, Klangeditierung etc. ist über die Leiste am unteren Rand jederzeit möglich. Alle Elemente bieten reichlich Klickfläche, auch die Schriftgrößen sowie die Kontrast- und Farbgestaltung sind der guten Bedienbarkeit förderlich. Viele Bestandteile des Interfaces werden abhängig von der Programmfenstergröße sogar sinnvoll skaliert.

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Der charakterstarke Reverb-Effekt Eventide Blackhole

Per XY Pad bestimmst Du für die X- und die Y-Achse je einen Parameter (schnell erreichbar durch die horizontal und vertikal angeordneten Buttons), um dann spielerisch per Maus den Klang zu »zeichnen«. Mit dem »Rubberband« wird ein »Zurückfedern« auf die ursprüngliche Koordinate nach dem Loslassen der Maustaste bewirkt – der Sound wird dadurch weich moduliert, anstatt abrupt von einem Zustand zum anderen zu hüpfen. Das XY Pad macht Laune und ist nicht nur ein Gimmick, sondern ein weiteres Hilfsmittel zum schnelleren Ausbaldowern eines Sounds.

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Parameter morphen, ganz spielerisch

Neue Algorithmen sind direkt über den Editor käuflich, wobei Du dir jeweils mindestens ein, manchmal gar rund ein halbes Dutzend Klangbeispiele anhören kannst. Sie demonstrieren aussagekräftig, was dich erwartet.

Klang, & klangliche Flexibilität

Die Qualität der AD/DA-Wandlung ist erster Güte, wobei das Eigenrauschen verschwindend gering ausfällt und die klangliche Transparenz nichts zu wünschen übrig lässt. Es lässt sich Kurzum: Die technische Grundlage für feinen Sound ist ohne Einschränkung gegeben.

Die Algorithmen begeistern mit ihrer feinen Auflösung und Räumlichkeit. Die weitreichenden Konfigurationsmöglichkeiten sind immer wieder von neuem eine Wonne, doch schon die 99 Presets überzeugen weitgehend. So demonstrieren die verantwortlichen Sounddesigner, wie vielseitig, atmosphärisch und – im Falle der Emulation von typisch Analogem – authentisch der Sound sein kann.

Gerade die Halleffekte des Eventide H9 sind einfach der Wahnsinn: weich wie Watte, ätherisch-luftig, manchmal gespenstisch und episch. Die Chorus-, Phaser- und Tremolo-Sounds stehen den meisten Gitarrenklängen sofort gut zu Gesicht, bei Bedarf müssen meist nur zwei, drei Regler sacht gedreht werden und schon ist man nah an der Perfektion. Die Pitch-Shifting-Effekte sind dann vor allem für die hochexperimentellen Geschichten interessant, doch auch die dadurch realisierten Harmonizer-Funktionen (Akkorderstellung rings um die originale Grundtonhöhe) ist praktisch.

Ich finde es nur ein wenig schade, dass keine waschechten Overdrive-, Distortion- und Fuzz-Effekte zu haben sind.

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Fazit zum Eventide H9 Test

Der Eventide H9 punktet nicht nur, aber doch vor allem durch seine teils atemberaubend atmosphärischen Sounds auf der Basis seiner tief konfigurierbaren Algorithmen. Die technische Umsetzung ist sowohl software- als auch hardware-seitig exzellent, so dass zum Beispiel wunderbar dichte und weiche Hallfahnen mit tollem Raumeindruck entstehen, während die Modulationseffekte sehr überzeugend, stimmungsvoll und praxistauglich einsetzbar sind – bereits die 99 Presets künden von den Kompetenzen dieses Bodentreters.

Eventide H9 Testbericht

Im Eventide H9 Testbericht wurde klar: Trotz kleiner Schwächen ein geniales Gerät!

Auch der Editor ist auf voller Linie gelungen. Er lässt sich einfach bedienen, bleibt immer übersichtlich, bietet spaßige Extras wie das XY-Koordinatenfeld für beliebige Parameter, ermöglicht den Zugriff auf sämtliche MIDI- und Systemeinstellungen etc. Nicht zuletzt besteht hier die Möglichkeit, weitere Algorithmen zu erwerben, falls Du dich nicht bereits für den »H9 Max«, die vollausgestattete Deluxe-Variante des Geräts entscheiden hast.

Klassische MIDI-Buchsen, Pedalanschluss, USB-Port zur Kopplung mit Windows-PCs und Macs sowie Bluetooth für die Funkfernsteuerung per App – was will man mehr? Schließlich ist die gute bis sehr gute Verarbeitung positiv hervorzuheben, durch die alle Anforderungen an ein Effektpedal erfüllt werden.

Lediglich die Tatsache, dass sich das Gerät beim Programmwechsel eine Bedenkzeit von etwa einer Sekunde lässt, sowie das Fehlen eines Netzschalters trüben das Gesamtbild. Im Eventide H9 Testbericht auf delamar hat es dennoch einen so herausragenden Eindruck hinterlassen, dass letztlich fünf von fünf Punkten zu Buche stehen – unser Maximum für ein Multieffektgerät, das kein Schnäppchen, aber ohne den leisesten Zweifel seinen Preis wert ist.

Eventide H9 Features

  • Multieffektgerät für Gitarre und mehr
  • Stereoverarbeitung
  • 9 Algorithmen für Delay, Reverb, Modulation und Pitch-Shifting, 99 Presets
  • Eingänge: 2 x 6,3 mm (L/R)
  • Ausgänge: 2 x 6,3 mm (L/R)
  • 2 Fußschalter für Effekt an/aus, Tap-Tempo, Preset-Wechsel etc.
  • Drehregler für Parameterjustierung & Co.
  • MIDI via 5-Pol (In & Out/Thru) oder USB
  • Anschluss für Expression-/Switch-Pedale
  • Für PC, Mac & iOS-Geräte via Mini-USB-Kabel (nicht enthalten) oder Bluetooth
  • Strom per beiliegendem 9V-Netzteil
  • Maße: 133 x 118 x 50 mm
  • Gewicht: 0,7 kg
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Eventide H9 Test

Lesermeinungen (1)

zu 'Eventide H9 Testbericht: Top-Multieffekt für Gitarristen & mehr'

  • Andreas   07. Mai 2019   13:12 UhrAntworten

    Null Latenz beim Umschalten via Midi....
    Ich habe mein H9 seit Jahren im Live-Einsatz, meine Presets schalte ich via Midiswitch.

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