AKG C414 XLS Testbericht
Die Wollmilchsau?
Was ist es?
Das AKG C414 XLS ist ein Großmembran-Kondensatormikrofon, das sich zur Aufnahme von Sprache und Gesang sowie von diversen akustischen Instrumenten eignen soll. Zu diesen zählen insbesondere Akustikgitarren, Flügel und Streichinstrumente. Du kannst aus neun Richtcharakteristika wählen (siehe Infokasten), um für verschiedene Aufnahmesituationen und/oder Arten von Klangquellen gewappnet zu sein.
Ferner ist ein Hochpassfilter in drei Einstellungen zum Eliminieren von Körperschall oder zum Kontern des Nahbesprechungseffekts zuschaltbar. Dank Pad (Vorabdämpfung) können schließlich sehr hohe Schalldrücke (wie bei einem Schlagzeug) eingefangen werden, ohne dass der Klirrfaktor zu stark wird. Eine LED zeigt zudem etwaige Übersteuerungen (Clipping) an.
Im Lieferumfang inbegriffen sind ein Metallkoffer, eine Mikrofonspinne, ein Popschutz mit Schwanenhals, ein Windschutz und eine Staubschutztasche und ein Zertifikat mit der Darstellung des Frequenzgangs deines Exemplars.
Das AKG C414 XLS war beim Verfassen dieses Reviews zum Straßenpreis von 829,- Euro (inkl. MwSt. & Versandkosten) im deutschen Musikalienfachhandel erhältlich.
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AKG C414 XLS Testbericht
Mikrofonspinne
Die Spinne macht Körperschall den Garaus und hält unseren Probanden fest im Griff. So edel wie etwa die Metallspinne unseres Neumann U87 Ai wirkt sie erwartungsgemäß nicht, aber beim entscheidenden Fakt – ihrer Langlebigkeit – bin ich dennoch sehr optimistisch.
Verarbeitungstechnisch ist beim 414er alles in Butter, wie in dieser Klasse und vom Hersteller generell zu erwarten war.
Ausstattung
Reich bestückt wie kaum ein anderes Mikrofon: Hier findest Du gleich neun Richtcharakteristika. Das gibt es sonst fast nur bei Röhrenmikrofonen. Außerdem lassen dir die zahlreichen möglichen Filter- und Pad-Einstellungen alle Freiheiten, um in jeder Aufnahme bestens gewappnet zu sein.
Du kannst das AKG C414 XLS also für praktisch alle Aufnahmetechniken nutzen (z.B. auch M/S-Stereofonie), Bläser und Drummer können nach Herzenslust laut spielen und die Filtermodi sorgen für schlanken Sound in drei Abstufungen. Praktisch für den Live-Einsatz: Alle Bedienelemente lassen sich sperren, damit sie nicht versehentlich verstellt werden. Zudem bleiben alle Einstellungen nach dem Aus- und Wiedereinschalten erhalten.
Mehr geht kaum. Das allein rechtfertigt den Preis allerdings noch nicht, also sollten auch die klanglichen Kapazitäten überzeugen. Lies weiter.
Hintergrund zum AKG C414 (Anm. d. Chefredakteurs)
Das erste 414er erschien im Jahre 1971 auf Basis der CK12 Mikrofonkapsel. Diese befand sich auch im legendären AKG C12 Röhrenmikrofon, das im Jahr 1953 vom österreichischen Hersteller auf den Markt gebracht und vom Vertrieb mit dem eigenen Namen Telefunken ELAM 251 vermarktet wurde.
Die Röhre wurde später durch Transistoren ersetzt, das Mikrofon C412 getauft. Einige Jahre später spendierte der Hersteller eben jenem Mikrofon vier unterschiedliche Richtcharakteristika und benannte es um in C414 comb.
Seither hat es etwa zwölf unterschiedliche Versionen dieses Modells gegeben. Die bekannteste dürfte das 1976 erschienene C414 EB sein. Auf dem Weg bis zu den aktuellen Modellen dieses Studiomikrofons gab es Änderungen an der Bauweise der Mikrofonkapsel sowie den elektronischen Schaltungen bis hin zu einem transistorlosen Modell.
Manche Toningenieure empfinden die modernen Reinkarnationen des Mikrofons als weniger gut auflösend und etwas weniger warm als die originalen. Gleichzeitig klingen aktuelle Modelle moderner und ausgewogener im Frequenzgang. Am Ende ist das auch eine Frage des Geschmacks.
Klang
Dich erwartet ein sehr detaillierter Sound mit hoher Auflösung und guter Impulsfestigkeit. Das Klangbild ist durchaus warm und voll, doch sorgt eine dezente Präsenzbetonung (verstärkte Höhen) für eine gewisse Direktheit. Der Sound ist etwas weniger »intim« als bei unserem Referenzmikro Neumann U87 Ai, das allerdings auch das Dreifache kostet. Wichtig zu erwähnen: Der Klang ist neutraler, also nicht so präsenzbetont wie beim Schwestermodell AKG C414 XLII.
Durch diese Abstimmung, die im Folgenden ausgeführten Klangeigenschaften und die üppige Ausstattung wird das Studiomikrofon zu einem waschechten Allrounder. Bei vernünftiger Anwendung wirst Du in fast allen Fällen ein herausragendes, mindestens aber ein gutes Ergebnis erzielen.
Sibilanten
Sibilanten, also die Zischlaute in Sprache und Gesang, werden durch die erwähnt moderate Präsenzanhebung auch bei der Nahbesprechung nicht allzu stark akzentuiert. Prima. Wer dennoch bei der ein oder anderen Stimme eine gewisse Schärfe entdeckt, kann leicht seitlich an der Kapselmitte vorbeisingen/-sprechen.
Impulsverhalten
Die Impulstreue ist sehr hoch. Kurze Schalldruckspitzen (z.B. das Attack einer stark angeschlagenen Snare-Drum) werden in praktisch genauso zackige Transienten im erzeugten Audiosignal umgesetzt. Die Reaktionsschnelligkeit der Membran bei kurzen Pegelspitzen ist ein wichtiges, wenn nicht das wichtigste Puzzleteil für die erwähnte Detailfreude des AKG C414 XLS.
Daher eignet es sich auch als Großmembraner überdurchschnittlich gut für die Aufnahme einer Akustikgitarre. Einer Domäne, die in vielen Tonstudios den Kleinmembrankondensatormikrofonen vorbehalten bleibt. Diese haben gewöhnlicher Weise durch ihre kleinere Membran ein besseres Impulsverhalten als Großmembrankondensatoren.
Maximaler Schalldruck
Durch den bei höchster Vorabschwächung (-18 dB) imposanten maximalen Schalldruck eignet sich das 414er bestens für die Abnahme von Schlagzeugen, Blasinstrumenten und Combo-Amps bzw. Gitarrenboxen – selbst aus der Nähe.
Der Hersteller spricht von 158 dB (0,5% THD) und im Praxistest konnten wir sehr laute Quellen ohne nennenswerte Verzerrung einfangen. Da ließe sich mit dem AKG C414 XLS selbst ein Presslufthammer noch aus geringer Entfernung aufnehmen. Diese erzeugen um die 100 dB an Pegel.
Grundrauschen
Das Grundrauschen ist erfreulich niedrig. Selbst flüsterleise oder stille Passagen sowie der Mix mehrerer Aufnahmen von diesem Mikrofon lassen in der Praxis kein Rauschen zutage treten. Kein Wunder also, dass viele Tonstudio dieses Modell für die Aufzeichnung von Flügeln und Pianos heranziehen.
Off-Axis
Wird die Kapsel leicht schräg besprochen, bleibt der Sound immer noch weitestgehend unverfärbt im Vergleich zum direkten On-Axis-Sound. Musiker genießen also eine gewisse Bewegungsfreude beim Instrumentenspiel oder Gesang.
Klangbeispiele im AKG C414 XLS Testbericht
Gesang, weiblich
Sprache, weiblich
Sprache, männlich
Shaker
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Fazit zum AKG C414 XLS Test
Das AKG C414 XLS ist ein Allrounder, wie er im Buche steht. Gerade als erstes hochwertiges Mikrofon für das Tonstudio möchte ich das Modell wegen seiner Vielseitigkeit empfehlen. Dafür zeichnet gerade auch sein weitgehend neutraler Frequenzgang verantwortlich – es gibt lediglich eine Anhebung in den Höhen und eine hauchzarte Akzentuierung der oberen Mitten. Ganz anders als beim kräftig präsenzbetonten Schwestermodell C414 XLII.
Der Sound ist klar, sehr detailfreudig und direkt, dabei nicht ganz so »intim« wie das drei Mal so teure Neumann U87 oder sehr gute Röhrenmikrofone.
So ist es ab Werk für sämtliche Instrumente und Stimmen zu empfehlen. Wie immer wird es für den einen oder anderen Fall lässt sich immer ein passenderes Mikro finden, aber die Ergebnisse sind immer amtlich. Weiterhin punktet unser Kandidat mit seiner außerordentlich hohen Schalldrucktoleranz und einem sehr niedrigen Grundrauschen.
Die Ausstattung ist überragend: 9 Richtcharakteristika sowie je drei Einstellungen für das Hochpassfilter und die Vorabschwächung stehen zu Buche. Du wirst garantiert die passende Konfiguration für deine Recording-Session finden. Passend dazu findest Du alles, was Du für Aufnahmen ohne Windgeräusche, Plosive oder Trittschall brauchst, im Lieferumfang.
Sofern Du dir das Klangbild zusagt, bekommst Du hier einen Tausendsassa zum absolut angemessenen Preis. Und da es nichts zu beanstanden gibt, beschließe ich meinen AKG C414 XLS Testbericht auf delamar mit exzellenten fünf von fünf Punkten.
AKG C414 XLS Features
- Kondensatormikrofon mit Großmembran
- Richtcharakteristik: Kugel, breite Niere, Niere, Hyperniere, Acht und 4 Zwischenstufen
- Empfindlichkeit: 23 mV/Pa
- Übertragungsbereich: 20 Hz - 20 kHz
- Grenzschalldruckpegel: 140 - 158 dB
- Äquivalentschalldruckpegel: 6 dB(A)
- Dynamikbereich: 152 dB
- Signal-Rausch-Abstand: 88 dB
- Vorabschwächung: 0, -6, -12 oder -18 dB
- Bassfilter: 12 dB/Okt @ 40/80 Hz oder 6 dB/Okt. @ 160 Hz
- Maße: 50 x 38 x 160 mm
- Gewicht: 300 g
zu 'AKG C414 XLS Testbericht: Die Wollmilchsau?'
fatman 24. Jun 2016 13:27 Uhr
Bei der Langlebigkeit der Spinne habe ich andere Erfahrungen gemacht. Ich habe noch ein AKG 2000b im Studio. Nach ca. 4 Jahren waren die Gummibänder ausgeleiert und als mir die Spinne ca. ein Jahr später auf den Boden fiel, war der Korb durchgebrochen.
Dabei konnte ich erkenne, das er aus einem (offensichtlich) sprödem Kunststoff bestand. Das Mic ist bis heute noch gelegentlich in einem preiswerten Ersatzkorb im Einsatz.