Linux für die Musikproduktion? Ein Blick über den Tellerand

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Linux für die Musikproduktion? Ein Blick über den Tellerand

Derzeit buhlen in erster Linie zwei große Betriebssysteme um die Gunst der Musiker. Das erste Betriebssystem kennt jeder: Es heisst Windows und bezieht seine Stärke vor allem durch die hohe Verbreitung im Markt und die daraus resultierende hohe Verfügbarkeit von Plugins und Software. Wahrscheinlich noch wichtiger als dies, ist die nahezu unendliche Unterstützung für verschiedenste Hardwarekomponenten. Windows lässt sich praktisch auf jedem Computer installieren und verwenden. Allerdings werden Microsoft Windows auch mangelnde Stabilität, zu geringe Performance und ein zweifelhaftes Sicherheitskonzept vorgeworfen.

Das andere große Betriebssystem kommt vom Mitbewerber Apple und nennt sich Mac OS. Es glänzt in erster Linie durch sehr hohe Stabilität, ein bisher unerreichtes Bedienkonzept, wie ich finde, und eine hohe Leistungskraft – selbst auf älteren Macs. Mac OS kann ausschließlich auf Hardware aus dem Hause Apple betrieben werden (inzwischen gibt es allerdings einige Ausnahmen) und das bedeutet eine deutlich höhere Investitionen für den Musiker.

 

Linux zum Musik machen?

Jenseits dieser beiden gibt es jedoch ein weiteres, wichtiges Betriebssystem namens Linux. Dieses kann schon durch die geringen Kosten punkten: Linux erscheint in so genannten Distributionen, die zum großen Teil kostenlos aus dem Internet bezogen werden können. Linux kann weiterhin mit einer extrem breitgefächerten Hardwareunterstützung, sehr niedrigen Hardwareanforderungen und einem sehr gut durchdachten Sicherheitskonzept punkten. Auf der Kehrseite muss man leider sagen, dass Linux deutliche Nachteile in puncto mangelnder Unterstützung durch kommerzielle Softwarehersteller hat. Dies hat eine dementsprechend beschränkte Auswahl an Musikprogrammen und insbesondere an Plugins zur Folge.

Dennoch bin ich der Meinung, dass es sich lohnt, über den Tellerand zu schauen und sich auf das Abenteuer Linux einzulassen. Der Einstieg wird dem geneigten User leicht gemacht. Dank so genannter Live-CDs kann jeder interessierte Musiker Linux auch ohne vorherige Installation seinem Studio-Rechenknecht ausprobieren. Hierzu wird einfach eine besagte Live-CD in das DVD-Rom eingelegt und davon gebootet.

Linux „geniesst“ noch immer den Ruf, ein reines Nerd-Betriebssystem für Computerexperten zu sein. Dieser Ruf wird der Tatsache geschuldet, dass auch heute noch einige Arbeitsschritte, die unter Mac OS oder Windows problemlos mit wenigen Klicks erledigt werden können, unter Linux erst durch das manuelle Bearbeiten von Konfigurationsdateiern im Text-Editor erfordern. Die heute verfügbaren Linux-Distributionen haben in den letzten Jahren vor allem in Sachen grafischer Bedienung stark zugelegt, so dass dies heutzutage nicht mehr der Standardfall ist. Auch Musiker, die weniger gut in Linux bewandert sind, können heute mit dem System umgehen.

 

Was muss ich beachten, wenn ich Linux zum Musik machen nutzen möchte?

Im Normalfall läuft Linux nach der Installation absolut schmerzfrei und benötigt nicht mehr Konfigurationsarbeit als ein herkömmliches Windows oder ein Mac OS. Für eine sinnvolle Arbeit mit Audio beim Musik machen wird aber dennoch etwas Fine-Tuning notwendig. Denn der grösste Teil der am Markt verfügbaren Musiksoftware macht erst dann Sinn für die Musikproduktion, wenn ein Echtzeit-Zugriff auf die Audiotreiber möglich ist.

Daher sollte man zuerst noch den im System befindlichen Audio-Geräten die Möglichkeit einräumen, in Echtzeit zu arbeiten und diesen daher Realtime-Prioritäten zuweisen. Über die Konsole kann man dies einfacherweise in die entsprechenden Konfigurationsdateien eintragen.

Für Ubuntu 9.04 lauten die Befehle zum Beispiel so:

sudo su -c 'echo @audio - rtprio 99 >> /etc/security/limits.conf'
sudo su -c 'echo @audio - nice -19 >> /etc/security/limits.conf'
sudo su -c 'echo @audio - memlock unlimited >> /etc/security/limits.conf'

Diese Befehle sorgen dafür, dass in der Konfigurationsdatei limits.conf festgelegt wird, dass Audio immer die höchste Prioritätsstufe geniesst. Das sollte für die meisten Anwendungen ausreichen. Wer es ganz genau wissen will, kann zusätzlich den Linuxkernel durch einen so genannten Realtimekernel austauschen. Empfehlen würde ich das zum heutigen Zeitpunkt allerdings nicht, denn laut meinen Erfahrungen reicht der Standardkernel dicke aus.

 

Musikprogramme für Linux

Für Linux gibt es ein breites Spektrum an Sequencern, DAWs und Effekten, die ich in eine Übersicht mit den wichtigsten Features auflisten möchte. Damit Nutzer von Windows und Mac OS einen ersten Anhaltspunkt bekommen, vergleiche ich diese Musikprogramme mit den Tools aus der Mac/Windows-Welt.

Ardour
Ardour ist eine HDD-Recordinglösung, angelehnt an die Features von DigiDesign Pro Tools. Es können beliebig viele Spuren aufgenommen und miteinander gemischt werden. Ardour unterstützt Effektplugins mit unterschiedlichen Schnittstellen: LADSPA (der Linux-Pluging-Standard), AU (MacOS Schnittstelle) und neuerdings auch die altbekannte VST-Schnittstelle von Steinberg, die sowohl auf Windows als auch auf dem Mac verfügbar ist. Über einen so genannten JACK-Server, der sich am ehesten mit ReWire von Propellerhead Software vergleichen lässt, kann Ardour auch mit anderer Software, wie einem Sequencer oder einer Videoschnittsoftware, gekoppelt und synchronisiert werden.

Rosegarden
Rosegarden ist ein MIDI-sequencer, der sich Cubase als Vorbild genommen hat. Die Audiofunktionen sind nicht wirklich toll, können aber dank einer Koppelung mit Ardour über Jack ersetzt werden. Auch in Rosegarden funktionieren Plugins verschiedenster Coleur und Schnittstelle.

Renoise
Renoise ist der Tracker, den ich hier auf delamar bereits im Vorfeld dieses Artikels vorgestellt habe. Renoise erscheint seit einiger Zeit nicht nur für Linux, sondern gleichwohl für Windows und Mac. Dank seiner Unterstützung von LADSPA und Jack kann Renoise ebenfalls mit anderen Musikprogrammen wie Rosegarden und Ardour gekoppelt werden.

LMMS
LMMS ist ein Programm Linux (und Windows), das sich in Optik und Funktionalität an FL Studio orientiert. Zwar erreicht das Musikprogramm leider nicht ganz die Möglichkeiten eines FL Studios, wenn die Entwicklung jedoch weiter so vorangetrieben wird wie bisher, wird man in Zukunft seine FL-Projekte auch mit LMMS bearbeiten können.

MIXXX
MIXXX ist eine DJ-Software für Linux. Es bietet Unterstützung für sehr viele MIDI-Geräte und harmoniert auch perfekt mit den Timecode-CDs bzw. den Timecode-Vinyls von Native-Instruments Traktor oder Rane Serato.

LADSPA
LADSPA ist der Linux-Standard für Audio- und Effektplugins. Diese Effekte kann man in Masse über den Synaptic-Paketmanager beziehen, so dass für alle Anwendungszwecke gesorgt sein dürfte. Es finden sich Reverbs, Delays, Flanger und alles andere, was das Musikerherz begehrt. Klanglich können diese Effekt-Plugins teilweise mit kommerziellen Lösungen mithalten, bzw. deren Leistung sogar übertreffen.

JACK
Als Jack wird das Jack Audio Connection Kit abgekürzt, das eine virtuelle Verkabelung von verschiedener Audiosoftware erlaubt. Mit Jack ist unter Linux auch ein flexibles Routing auf unterschiedliche Ausgänge der Soundkarte / Audio Interface möglich.

 

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Über den Tellerrand geblickt? Linux für die Musikproduktion!

Ich hoffe, ich konnte dir einen kleinen Einblick in die Welt der Musikproduktion auf Linux geben. Einer Welt, in der die erwähnte Musiksoftware in Form von kostenlosen Programmen vorliegt. Natürlich gilt im Tonstudio immer der Satz: „Never change a running system“ – aber vielleicht ist dein Interesse für Linux zum Musik machen ja dennoch geweckt worden.

Vielleicht testest Du Linux mal auf einem schwachbrüstigen Notebook oder gar, wenn Du dir ein Netbook zulegst. Hier nochmals ein kleiner Anreiz: Die Performance von Linux ist insbesondere mit einem Realtime-Kernel nahezu unschlagbar, auch auf langsamen Computern.

Lesermeinungen (46)

zu 'Linux für die Musikproduktion? Ein Blick über den Tellerand'

  • Paul   07. Okt 2009   16:12 UhrAntworten

    Ich hab einen Receptor und der arbeitet auch auf Linuxbasis und laäft
    Rattenstabil.

  • derek   07. Okt 2009   18:24 UhrAntworten

    Danke für die kleine Einführung. Mehr davon. Gerade Linux sollte für einen preisbewußten Musiker (Das hab ich jetzt 1A gesagt, oder nicht?) der Dreh und Angelpunkt werden können, um damit auch preiswerte, aber denoch professionelle Werke abliefern zu können.

    Wäre schön wenn auf Musikmachen mit Linux mehr eingegangen würde. Denn gerade die Einarbeitung sollte man per kleinem Leitfaden verinnerlichen können. Wer kreativ ist, hat meistens wenig Zeit/Lust dazu.

    Dieser Beitrag ist da schon ein sehr guter Anfang. Realtimekernel hab ich noch nie etwas von gehört. Nun ich habe schon mit allen drei BS gearbeitet und bin wohl einer der wenigen, die das Arbeiten auf dem Mac nervig finden und auch die Oberfläche gefählt nicht, wenn ich schon dieses komische Dock sehe, reicht es mir. :-))

    Unter Win werde ich da ja demnächst auch nicht drumrumkommen. Leider! Ein mit Realtimekernel ausgestattes Linux nur für Musik, das wäre was, system- und hardwarenah programmiert. Mehr Musikmacher brauchen die Linuxleute! Dann klappts auch mit dem Netbook!

    Viele Grüße,
    derek

  • FTropper   07. Okt 2009   19:08 UhrAntworten

    Sorry Leute, Linux hat durchaus seine Stärken - aber wer Linux zum Musik machen benutzt hat entweder viel zu viel Freizeit oder echt extrem niedrige Ansprüche.

    Ich bin Hauptberuflich Softwareentwickler von Client/Server Systemen und weiß in dem Bereich die stärken von Linux wirklich zu schätzen. Aber genauso wenig wie ich beruflich unter Windows entwickeln wollte würde ich Linux zum Musik machen benutzten. Dafür ist mir meine Freizeit dann doch zu kostbar.

    • Peter   06. Apr 2019   21:02 UhrAntworten

      Ich benutze Linux schon seit den 90ger Jahren. Habe immer Frust wenn ich mit Win arbeiten muß. Mit Linux ist halt alles viel einfacher. Nun zur Musikproduktion: ich kenne ja Ihre Ansprüche nicht aber ich wüßte nichts, was man mit Ardour, Audacity usw., nicht lösen könnte. Ihrer eigenen Aussage würden Sie es nicht mal versuchen. Damit disqualifizieren Sie sich bereits selbst, eine Bewertung abzugeben.

  • Marcel   07. Okt 2009   19:54 UhrAntworten

    @Ftropper
    Bin ja auch Software-Entwickler, allerdings da dann eher auf Windows. Da es sich aber um Web-Zeugs handelt, muss es natürlich auch mit Linux funktionieren. So bin ich irgendwann mal zu Ubuntu gekommen. Ich hab mich da ein wenig rein gearbeitet und dann gemerkt, dass man mit Linux durchaus gut Musik machen kann.

    Natürlich hast du insofern recht, dass man früher oder später nicht drumherum kommt, wirklich tief in die Materie einzusteigen, manpages zu lesen oder auch so Sachen wie DSSI oder FST zu nutzen.

    Andererseits: Ich mein, damals haben wir alle auf dem Atari ST rumgeklöppelt und auch da sind brauchbare Ergebnisse rausgekommen. Und in den Cubase+Win3.11-Zeiten war Windows auch nicht das Gelbe vom Ei.

    Was ich damit sagen will ist: Linux ist sicherlich auf mehreren Ebenen noch ausbaufähig. Gerade im Bereich VST steht man oft vor der Frage: "Kompilier ich jetzt? Oder mach ich jetzt doch unter Windows weiter?" Linux ist aber ja opensource und Software-Entwickler, die Musik machen gibt's ja auch haufenweise. Diese können ihr Know-How direkt in Linux einbauen :)

    @derek
    Freut mich, dass dir der Artikel gefällt. Ich hätte selbst nie gedacht, dass ich wirklich mal unter Linux musiziere aber nachdem ich es einfach mal riskiert habe, fand ich das wirklich so spaßig - ich hoffe, dass man das auch merkt :)

  • Tropper   07. Okt 2009   22:45 UhrAntworten

    @Marcel
    "Natürlich hast du insofern recht, dass man früher oder später nicht drumherum kommt, wirklich tief in die Materie einzusteigen, manpages zu lesen oder auch so Sachen wie DSSI oder FST zu nutzen."

    Und da sehe ich genau das Problem. Da investiere ich die Zeit lieber um die Möglichkeiten meiner DAW, PlugIns oder externe Hardware zu verstehen oder um mein generelles Verständnis von Musik zu steigern als das ich mich auch noch mit den Unzulänglichkeiten mit meines OS herum schlage. Ich mein selbst unter Windows kannst man schon extrem viel "Spass" mit Treiber usw. haben.

    Da brauch ich nicht auch noch ein OS wo ich erstmal 20 Foren durchwühlen muss um heraus zu finden wie ich den überhaupt mein Audio Device zum laufen bekommen.

    Aber jeder wie er mag...

  • Marcel   08. Okt 2009   00:18 UhrAntworten

    @Tropper: Genau :) Letztendlich sind's ja alles nur Werkzeuge. Da so eine Live-CD ja nicht weh tut, nichts zerstört und zumindest ansatzweise performant läuft, kann man ja auch so mal testen.

    Interessant dabei ist übrigens das Dynebolic-Projekt. Das ist eine Live-CD, die speziell für Medien-Künstler (Video-DJ, Audio-DJ, inkl. Ardour) nen Blick wert ist.

  • DrNI   08. Okt 2009   10:36 UhrAntworten

    @Tropper: Linux hat keine Unzulänglichkeiten. Seine Echtzeitfähigkeiten (insbes. mit Realtime-Kernel, der leicht zu installieren ist) übertreffen die von anderen Systemen. Die darauf laufende Audio-Software ist allerdings nicht immer das Gelbe vom Ei. Die Unterscheidung zwischen OS und Software darf hier schon mal gemacht werden.

    In der obigen Liste fehlt natürlich EnergyXT unter den DAWs.

    Mir haben schon Leute gesagt, Jack und Ardour, das sei mit dem Routing zu kompliziert und so weiter. Das ist die typische Anforderung des Anfängers: Der Computer soll alles machen. Der Computer ist - egal ob unter Linux oder Windows oder Mac - ein dummes Werkzeug. Je mehr einem die Software einfach macht, desto weniger Entscheidungen lässt sie einem. Ich ziehe es jedenfalls vor, wenn das Teil macht, was ich will und nicht was es glaubt das ich wollen soll.

    Als Profi würde ich kein Linux einsetzen sondern einen Mac. Da darf das Werkzeug ja auch mal richtig was kosten und dafür erwarte ich dann auch total flutschige Funktionalität. Aber gerade wenn ich das als Hobby betreibe und außerdem noch meine Musik verschenken will, dann bin ich stark motiviert, geschenkte Software zu benutzen und auch zu fördern.

    Linux und Audio ist ein bissel wie die Piratenpartei: Alle sagen "die schaffen's eh nicht, die wähl ich lieber doch nicht." Was dazu führt, dass mangels kritischer Masse an Benutzern (bzw. Wählern) genau das dann auch noch eintritt.

    Linux zu benutzen heißt leider immer weniger, an einer andere Kultur teilzuhaben. Windows und Mac ist eine nehmen-und-bezahlen-Kultur. Linux ist eine nehmen-und-geben-Kultur. Selbst wenn man in der Sparte "geben" nur mal einem Entwickler eine Mail schreibt und ihn auf einen Bug hinweist hat man schon viel getan.

    Wie auch immer. Wie ernst zu nehmen Ardour als Produkt mittlerweile geworden ist, das zeigt z.B. dieser Artikel: http://www.ardour.org/node/3011

  • Lars van Reenstrømen   08. Okt 2009   23:53 UhrAntworten

    Ubuntu Studio hat eine Realtime Kernel und ist auf Audio/Video getrimmt. Obige Schritte daher eigentlich unnötig.

    Wer Ubuntu bereits a, laufen hat, kann sich das als Meta Paket nachinstallieren.

    reaper.fm Win/Linux/Mac fehlt oben ebenso.

  • Marcel   09. Okt 2009   08:00 UhrAntworten

    Reaper ist, soweit ich weiß, nicht wirklich für Linux verfügbar. Es läuft jedoch problemlos unter Wine.

    Die Liste hat sowieso keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sonst würde noch Soundtracker fehlen oder diverse Notensatzprogramme.

  • Marc Shake   30. Okt 2009   11:39 UhrAntworten

    Kleines Update übrigens: Die Einstellungen für RT-Audio und evtl. sogar mit dem Realtime-Kernel werden bei einem Update auf Ubunutu 9.10 anstandslos übernommen.

    Die einzige Änderung nach dem Update bestand darin, dass ich meine Terratec Aureon wieder als Standard-Karte einstellen musste. Ubuntu hat nämlich meinen Videograbber als Standard-Karte eingestellt.

  • Florian   04. Dez 2009   13:20 UhrAntworten

    Ich bin zugegeben etwas verwirrt: ich bin seit Jahren überzeugter Linux nutzer und habe jetzt vor einer Weile ziemlich selbstverständlich auch mit Ardour angefangen meine Band aufzunehmen.

    Die Schlagzeugaufnahme auf einem 8 Spur Interface lief ohne jegliche Treiberinstallation. (Leider weiß ich nicht, welches es war da ich es geliehen hatte).

    Alle anderen Aufnahmen liefen über meine kleine M-Audio Black Box auch problemlos.

    Dabei kamen dann 12 Spuren inklusive Effekten zusammen was auf meinem kleinen Laptop hier problemlos lief.

    Einfach nur um über den Tellerrand zu schauen habe ich dann mal Windows 7 installiert und meine Demo CD von Ableton Live Lite rausgekramt. Und ich muss zugeben ich war negativ überrascht:
    Schon mit zwei Spuren bei 44.1kHz hakt und stottert das abspielen erheblich.
    Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich nicht wirklich verstehe wo das Problem da liegen soll. Wie gesagt ist das Windows System frisch aufgesetzt und Live auch.

    Irgendwelche Ratschläge können gerne an fan mich gesendet werden.

    • Carlos (delamar)   04. Dez 2009   14:00 UhrAntworten

      Hallo Florian und danke für dein Feedback. Gerne kannst Du uns dein Problem mit etwas genaueren Angaben zu deiner Hardware an fragen[ät]delamar.de schicken. Wir besprechen deine Frage dann am kommenden Montag im Live-Podcast! Freue mich, von dir zu hören!

  • Marc Shake   04. Dez 2009   15:45 UhrAntworten

    Ableton ist toll, ich würd dir aber definitiv Reaper empfehlen. Ist Shareware, läuft wie Butter und ist kein bißchen eingeschränkt. Aber die Frage find ich wirklich so interessant, da würd ich auch im Livepodcast auf Delamar.tv reinhören :)

  • corresponder   25. Jan 2010   21:50 UhrAntworten

    Hi,
    wer noch mehr zu Gnu/linux und Audio lesen möchte:
    http://www.audio4linux.de

    Gruss

    c.

  • zettberlin   26. Jan 2010   16:05 UhrAntworten

    Danke für den Blick über den Tellerrand!

    Ich bin so um 2002 von Win/Samplitude auf Linux umgestiegen. Zu Anfang war das wirklich abenteuerlich aber seit etwa 4 Jahren brauche ich nur noch eine halbe Stunde um ein aktuelles Linux fit für Audio zu machen. Ein Einsteiger kann das gleiche in einer Stunde, weil er die paar Sachen, die ich auswendig kenne, noch kurz anlesen muss.

    Zu den Anwendungen: ich finde es immer wieder putzig, wenn das Fehlen von Cubase und Co. beklagt wird. Leute, es ist eben anders! Leider kein Jacobs Krönung, nur äthiopischer Hochlandkaffee aus kommunistischem Bioanbau. ;-)

    Der Workflow ist anders: Erst linear Komponieren in Rosegarden, dann Aufnehmen, Schneiden, Arrangieren, Mixen in Ardour. Und/oder erst Patterns in Seq24 dann Aufnehmen in Ardour etc.

    Gänzlich ohne Unterschied zu etablierten Systemen ist das Aufnehmen von Rockbands und praktisch allem, was ohne MIDI-Sequencer auskommt. Da ist Ardour voll ausgestattet: non-destruktiver Schnitt, alles Sample-genau, alles automatisierbar und läuft auf einem aktuellen Durchschnittscomputer mit 50+ Spuren stabil bei um die 8ms Latenz.

    Und die Software ist eben nicht nur kostenlos, sondern frei. Wenn mir was nicht gefällt oder ich Vorschläge habe, diskutiere ich das im Forum von dem, der die Software schreibt. Nicht im Forum einer Firma, im Forum eines Menschen...

    Ich sehe allerdings durchaus, dass die etablierte Software für Win/Mac an einigen Stellen, besonders in Sachen Komfort weiter ist. Sachen wie Time-Stretching oder Audio-Restauration gehen in Samplitude und Co. bequemer von der Hand. Aber die besondere Kultur, das spezielle Verhältnis der Nutzergemeinde zu den Programmierern, möchte ich nicht mehr missen.
    Ich würde auch gute Software wie Logic oder Nuendo nicht mal benutzen wollen, wenn mich jemand dafür bezahlen würde.

    Ein par kleine Hinweise noch:

    Das aktuell fortschrittlichste Plugin-Format für Linux ist LV2. Das ist prinzipiell VST ebenbürtig und es gibt bereits um die 30 sehr brauchbare und etwa hundert experimentelle Plugins (nach knapp 2 Jahren, in denen LV2 stabil ist...)
    AU unterstützt Ardour natürlich nur unter MacOSX
    Die drei Zeilen in limits.conf reichen nicht, man muss den Nutzer leider auch noch per Hand in die Gruppe audio eintragen.

  • Renrew   05. Apr 2010   20:45 UhrAntworten

    Hallo zusammen,
    ich bin mir jetzt nicht sicher - war der Artikel besser oder das (teilweise) Fachchinesisch aus den Kommentaren.
    Ich wollte mich nur mal so informieren was es so für Möglichkeiten bei Linux in punkto Musik und Aufnahme so gibt.
    Und es ist wie es ist, jemand der nur wenig Ahnung von Computern hat wird hier Schnell schwindelig!
    Es wäre schön, wenn die Verfasser von Komentaren daran denken würden, dass auch einfache "Nutzer" das was Sie schreiben verstehen wollen - deshalb meine Bitte reduziert Eure Fachbegriffe auf das absolut notwendige Mindestmaß und umschreibt möglicht verständlich!
    Wenn Ihr wollt, dass die Linux-Gemeinde wächst müsst Ihr eine Sprache wählen die von der Gemeinde auch verstanden wird und nicht dazu führt Interessierte zu verschrecken!
    Ein Musiker der keine grosse Ahnung von Computern hat wird sich an das Projekt-Linux-Tonstudio nur heranwagen, wenn er das was hier so steht auch verstehen kann!
    Auch wenn ich nur einen kleinen Teil verstanden habe sage ich Danke für diesen Artkel und vorallem auch Danke für all die Kommentare von denen ich leider so manches nicht verstanden habe.

    Glückauf der freien Software

  • Marc Shake   05. Apr 2010   21:42 UhrAntworten

    @Renrew: Leider kann man Fachchinesisch kaum vermeiden :) Das ist allerdings auch das Problem, welches Musiker von Linux abhält. Da gibt's halt die Probleme namens Realtime Kernel (quasi der Kern vom Betriebssystem) oder User-IDs für den Soundtreiber. Das ist auch der Hauptgrund dafür, dass Linux in den wenigsten Studios zum Einsatz kommt, obwohl es von der Geschwindigkeit und Stabilität her ungeschlagen ist.

    Ein Musiker, der keine große Ahnung von Computern hat sollte meiner Meinung nach das Projekt "Home-Studio" ohnehin erst auf einem System lernen, welches die meiste Konfigurationsarbeit automatisch erledigt: Da ist der Mac oder eben auch Windows XP zumindest im Moment noch tatsächlich besser.

    Umgekehrt bietet freie Software natürlich die Möglichkeit, den Autoren dieser Software genau zu sagen, wo's denn hakt: Mich kotzt zum Beispiel wirklich reell an, wie kompliziert VST unter Linux ist. Auch und gerade die Konfiguration vom Jackserver hat mich verzweifeln lassen. Ich hab das im Entwickerforum mal deutlich gemacht und bin dann eben auf Tutorials geschickt worden, in denen ich genauer nachlesen konnte, was ich falsch mache. Ausserdem wurde an der Software der ein oder andere "Klickhaken" nochmal genauer erläutert.

    Aber: Linux ist leider wirklich ein Geek-System für PC-Freaks: Was die Benutzerführung angeht, ist Linux trotz Gnome-Benutzeroberfläche halt teilweise komplett anders als Windows oder Mac. Ein supergeiler Artikel zu Windows vs. Linux ist hier zu finden:

    http://www.felix-schwarz.name/files/opensource/articles/Linux_ist_nicht_Windows/

  • zettberlin   05. Apr 2010   23:09 UhrAntworten

    Hallo Renrew

    ich habe eigentlich keine Linux-spezifischen Fachbegriffe verwendet. Begriffe wie "Latenz", "Plugin" oder "Patterns" sind allgemein verbreitet und sie lassen sich auch in der Wikipedia nachlesen. Andere wie etwa "non-destruktiver Schnitt" haben zusätzlich einen erklärenden Namen, der das Verständnis erleichtert.

    Sicher könnte man statt "Latenz" auch "Ansprechverzögerung" sagen. Aber bedenke: kurze Fachbegriffe erleichtern die Kommunikation, indem sie komplexe Sachverhalte zusammenfassen und sind meist präziser als Umschreibungen.

    Dass Einrichtung von und Umgang mit Audiofunktionen unter Linux komplizierter und stärker von unverständlichen Fachspezifika beprägt wären als unter Windows oder MacOS, ist ein Mythos. Zumindest, wenn man vor allem Musik machen will, sind Aufwand und Lernkurve in etwa gleich.
    Lediglich bei Desktop-Anwendungen wie etwa Telefonie oder Games ist Linux vetrackter.

  • zettberlin   06. Apr 2010   15:03 UhrAntworten

    @Marc Shaker

    Nein, Linux ist KEIN Geek-System nur für PC-Freaks mehr.

    Alles, was man über das System wissen muss, damit es als Audio-Kiste funktioniert, passt auf eine DIN A4-Seite und dauert für den Erstanwender eine Stunde. Für Erfahrene 10 Minuten.

    Zum Thema VST: Ja, das ist kompliziert unter Linux. Es ist ja auch nicht wirklich für Linux verfügbar. Es ist aber auch nicht erforderlich - Linux hat eigene Plugins zu bieten.

    Wer so an seinen gewohnten Anwendungen klebt, hat es schwer - wer einfach das nimmt, was LInux bietet, kommt sehr schnell zurecht.

  • nevi   06. Apr 2010   23:08 UhrAntworten

    Ich habe den Podcast noch nicht gehört und werde das mit Sicherheit nachholen.

    Zum Thema Linux vs. Win/Mac will ich mal in den Raum werfen, dass die Möglichkeiten mit Linux definitiv limitiert sind - allein schon aufgrund der Auswahl an Plugins. So gibt es bestimmte Plugins, zu denen es selbst für Windows oder Mac keine Konkurrenzprodukte anderer Hersteller gibt. Eine Linux-Variante wird nicht angeboten. Ich muss zugeben, dass ich ohne gewisse Plugins nicht wirklich produzieren möchte, wodurch Linux für mich als System von vornherein ausgeschlossen bleibt.

    Wieviel Arbeit es ist, ein Linux-System "audiotauglich" zu machen, kann ich nicht beurteilen. Die Frage ist auch immer, was darunter zu verstehen sein mag. Die Einrichtung einer kompletten DAW-Arbeitsumgebung mit sinnvoller Ordnerstruktur, Plugins etc. ist IMO nicht mal eben in einer Stunde gemacht, egal auf welchem OS.

    In meiner Vorstellung ist Audio auf Linux immer noch was für Freaks, die da Bock drauf haben und denen es nicht nur ums Musikmachen geht. Kein normaler User hat Bock, ständig irgendwelche Rechte zu vergeben oder in Foren zu googeln, wenn er seinen zweiten Monitor-Ausgang benutzen will. Ein Freund von mir, der selbst absoluter Linux-Fan ist, sagt selbst
    "Geld ist nicht wichtig. Für Linux brauchst vor allem eines: Zeit!"

  • zettberlin   07. Apr 2010   01:01 UhrAntworten

    @nevi

    >Ich muss zugeben, dass ich ohne gewisse Plugins nicht wirklich produzieren möchte, wodurch Linux für mich als System von vornherein ausgeschlossen bleibt.

    Das ist sicher ein Argument, gegen das kein Kraut gewachsen ist. Ich halte es auch für Unsinn, so zu tun, als ob In Linux alles genauso gehen würde, wie in Windows oder in MacOSX - es ist in der Tat anders, das kann man nicht genug betonen.
    Ich benutze es vor allem *weil* es anders ist und das ist auch meiner bescheidenen Ansicht nach die einzige reale Chance für Linux, Nutzer im Audio/Videobereich zu finden. Wer etwas ganz neues, anderes sucht, das mit ähnlichen aber nicht mit den gleichen Programmen auch sehr gut funktioniert, könnte mit Linux fündig werden.

    > Die Einrichtung einer kompletten DAW-Arbeitsumgebung mit sinnvoller Ordnerstruktur, Plugins etc. ist IMO nicht mal eben in einer Stunde gemacht, egal auf welchem OS.

    Wenn man die Zeit herausrechnet, in der der Paketmanager die Programme automatisch herunterlädt und installiert, kann man auch von einer halben Stunde sprechen.
    Natürlich ist immer Raum für Feintuning. Ich kompiliere zum Beispiel gerne tagesaktuelle Versionen der wichtigsten Programme und Plugins aus den Quellcodes. Das ist vom Aufwandt her vergleichbar mit Freeware-Downloads/Installation. Alles in allem vergeht bei mir zwischen dem Start einer Installations-DVD bis zum fertigen, angepassten System etwas mehr als ein Nachmittag.
    Dann habe ich eine HD-Recordingsuite, etwa 20 größere Plugins, 50-60 kleinere Module. 4-5 Standalone Synths, einen Sampler, 4 MIDI-Sequencer, 2 Gitarren-Amps, 2 Videoeditoren und ein paar dutzend Tools und Spielzeuge auf dem letzten Stand der Technik.

    Der VST-Support unter Linux funktioniert für einige dem Vernehmen nach ordentlich, für meinen Geschmack ist er aber nicht wirklich brauchbar. Ein Synth wie Olga frisst in LMMS mit Vestige soviel Leistung wie meine 4 nativen Synths zusammen, das spare ich mir lieber...

    >Kein normaler User hat Bock, ständig irgendwelche Rechte zu vergeben oder in Foren zu googeln, wenn er seinen zweiten Monitor-Ausgang benutzen will.

    Verzeih die harte Wortwahl aber das ist Unsinn.
    Rechte muss man nur einmal(ich wiederhole: 1 mal) anpassen nach einer Schritt-für-Schritt-Anleitung, die keine 5 Minuten in Anspruch nimmt. Mit einem unterstützten Interface bekommt man dann Dank Jack das flexibelste und komfortabelste Routing, das man sich vorstellen kann. Wer damit nicht zurecht kommt, der bekommt das auch unter Mac oder Win nicht in Gang.

    >Ein Freund von mir, der selbst absoluter Linux-Fan ist, sagt selbst...

    Von solchen Linux-Gurus im Freundeskreis habe ich schon öfter gehört und ich habe auch schon einige kennen gelernt. Ich kann Dir versichern, dass es sehr viele erfahrene Linux-Nutzer gibt, die absolut keinerlei Ahnung vom Linux-Audiosystem haben. Vor allem, weil sie (wie die meisten PC-Nutzer) Audio nur für MP3 und vielleicht noch für Telefonie brauchen. Wenn ich mit diesen Linuxfreaks über Echtzeit-Audio rede, komme ich rüber wie Marco Polo, der den Venezianern des Mittelalters erzählt, dass die Chinesen Eisennadeln haben, von denen eine Spitze immer nach Norden zeigt ;-)

  • Falk Mallon   30. Dez 2010   18:05 UhrAntworten

    ...mit Interess lese ich diese Seiten. Ich schreibe gerade an einem Buch für Kinder. Ein Teil soll auch eine Einführung in Computerbasierende Audioaufnahmen sein. Ich selbst arbeite mit Logic, möchte jedoch meine zukünftigen Leser an ein "neutrales" System, das nichts oder nur Spenden, kosten soll heranführen. Leider brauche ich selbst noch eine Einführung...

    Ich dachte an eine Live DVD, die so konfiguriert ist, dass man AUDIO, MIDI sequenzen kann (ARDOUR soll ja bald soweit sein, MIDI zu bearbeiten), einen Sampler ein paar Synthies, GM-Soundmodul und einfache Plugins, Hall, Delay, Kompressor, Gate etc. hat.

    Kann mir jemand weiterhelfen ? ggf sogar eine eigne Seite betreuen??

    Guten Jahresbeginn lg ficheland

    • Marcel   13. Jan 2011   12:02 UhrAntworten

      Hey Falk,

      so eine Live-DVD wäre wohl Dyne:Bolic interessant: http://dynebolic.org/

  • zettberlin   29. Jan 2011   10:21 UhrAntworten

    Dyne Bolic ist echt antik. Kann ich wirklich nicht empfehlen.

    Bessere, weil aktuell betreute Systeme sind zum Beispiel:

    AVLinux:
    bandshed.net/AVLinux.html
    Pure:Dyne:
    puredyne.org

  • Doug   24. Feb 2014   10:37 UhrAntworten

    Sehr interessanter Beitrag.
    Aber mir fällt auf, das hier viele Plugin-Sammler unterwegs sind.
    Nur mal kurz nebenbei bemerkt. Wenn die Einspielungen schon total in die Tonne gehören, werden euch die PLugins auch nur noch beschränkt helfen können um euer Soundgut zu verbessern. Es kann nur gut werden, was auch schon gut auf die Spuren kommt.

    Seit kurzer Zeit benutze ich Linuxmint 16 64bit und bin total begeistert. Was man eventuell an plugins braucht bekommt man kostenlos.Also Leute, es muß nicht immer das Neueste von Wave sein (kann ja eh kaum einer bezahlen).
    Unter der oben aufgeführten Distribution wurde fast alles automatisch konfiguriert und das Einspielen konnte beginnen.

    Danke für diesen Beitrag.

  • Marcel Schindler   12. Jan 2015   16:31 UhrAntworten

    Hallo,

    ich muss zugeben, dass der Artikel nun leider wirklich wirklich veraltet ist und ich hier vielleicht mal eine angepasste (neue) Version liefern sollte. Folgendes hat sich nämlich mittlerweile massiv verändert.

    Ubuntu hat mit dem Ubuntustudio-Fork eine Distribution, die sich komplett an Musiker/Medienschaffende wendet. Vieles ist hier bereits perfekt vorkonfiguriert und selbst der "Jackserver", den man am besten mit Rewire unter Windows vergleichen kann, läuft in der Standard-Auslieferung nahezu perfekt. Die hier genannten Tools sind logischerweise inzwischen massiv geupdatet worden. LMMS ist noch weit von Fruityloops entfernt aber andererseits sind VSTis zum Beispiel dank Vestige nirgendwo einfacher zum Laufen zu bringen. Das spricht natürlich für LMMS. Man darf aber nicht vergessen, dass WINE es ermöglicht, Windows-Sequencer auch direkt unter Linux laufen zu lassen. Tatsächlich ist hier bei der Performance sogar kaum ein Unterschied festzustellen.

    Ich selbst nutze die Linux-Version von Renoise. Wenn ich allerdings irgendwas mit VSTi machen möchte, starte ich die Windowsversion und schalte so zwischen beiden Systemenen nahtlos hin und her. Dieser Workflow ist vielleicht nicht jedermanns Sache aber für mich selbst habe ich entschieden, dass ich keine Lust auf eine Firmenpolitik eines Betriebssystemherstellers mehr habe. Tatsächlich war ich begeisterter Windows7-Nutzer bis mir zufällig mein System von einem Virus geschrottet wurde. Da ich MS-Betriebssysteme seit MS-DOS 5 nutze, behaupte ich einfach mal, dass ich jedwede Option geprüft habe, mein geliebtes Windows zu behalten. Aber da das System nun jetzt kaputt war, beschloss ich komplett auf Linux umzusteigen. (Meine Erfahrungswerte dazu kann man hier nachlesen http://www.trancefish.de/blog/show/Ubuntu)

    Interessanterweise ziehen die größeren Softwarebuden mit ihrem nativen Linuxsupport ja nach. Bitwig, Renoise, LMMS, Ardour, Rosegarden sind allesamt tolle Lösungen und verfügen mehr oder weniger über alle Features, die der ambitionierte DAW-User benötigt. Tatsächlich läuft Ableton Live 9 aber über Wine nahezu perfekt auch in Linux. Ich habe keine verifizierten Quellen aber meines Wissens nach ist der MacOS-Support von Ableton Live letzten endes auch "nur" über Wine gemacht worden und die Apple-Jünger fahren tatsächlich eine Windows-Software. Ein ziemlich cooles Programm soll QTractor sein, das kenne ich aber (noch) nicht gut genut.

    Wenn man sich auf Linux als primäres Betriebssystem einlässt, steht einem dennoch eine coole, neue Welt offen. Allein die Auswahl verschiedener graphischer Oberflächen (KDE, Gnome, Unity, XFCE) erlaubt einem, das ganze OS so hinzubasteln, wie man es gerne möchte. Erfahrungsgemäß läuft Linux schneller und besser, sobald man die Hürden genommen hat. Das liegt unter anderen und insbesondere daran, dass man keine Firewall laufen lassen muss, keinen ständig bremsenen Virenscanner usw. Das System läuft einfach.

    Aber: Immer dran denken - Linux ist weder MacOS, noch ist Linux vergleichbar mit Windows. Alles, was die kommerziellen Systeme können, funktioniert auch unter Linux aber Linux wurde von "nerds" gemacht und die Denkstrukturen dieser Nerds sehen vor, dass bestimmte Sachen wie Hintergrundbild austauschen oder so ähnliche Funktionen komplett anders aufgerufen werden, als man das von Mac und Win kennt. Wenn man sich daran gewöhnt hat, ist alles gut. Wenn man sich noch nicht daran gewöhnt hat, kann es echt zum Kotzen werden. Dies sollte man immer in Hinterkopf bewahren.

  • zettberlin   13. Jan 2015   10:57 UhrAntworten

    Vielen Dank für das Update!

    Als in der Wolle gefärbte Berufs-Linuxer habe ich natürlich immer noch einiges zu mäkeln ;) aber mal ganz sachlich betrachtet, ist das schon ziemlich gut für einen Artikel eines "Außenweltlers" ;)

    Unbedingt möchte ich aber auf drei Punkte hinweisen:

    1.) UbuntuStudio kann schon ganz gut atmen aber wer in einem Debian-artigen Linux Musik machen will, ist mit kx-studio von FalkTX noch besser bedient. Das biegt den Laden(Kernel, Jack) noch etwas radikaler in Richtung Echtzeitaudio und bringt außerdem viele Pakete mit, die Ubuntu aus Lizenzgründen nicht haben will. Das sind zum Beispiel einige Demos von nativer Bezahlsoftware für Linux und etliche native VST-Pakete.

    2.) Für Leute, die *jeden* Plugintyp, den man überhaupt in Linux benutzen kann, in einer Anwendung vereint benutzen möchten, empfehle ich Carla. Der Pluginhost ist ebenfalls von FalkTX und wird mit KXStudio mitgeliefert. Carla unterstützt nicht nur LADSPA, LV2 und native Linux-VST, sondern auch Windows-VST via WINE und vor allem: es lässt sich selber auch als natives VST-Plugin benutzen. So kann man zum Beispiel in Bitwig und Traction alle von diesen Programmen nicht direkt unterstützten LV2-Plugins benutzen.... und auch Windows-VST.

    3.) Bitte nicht immer die großartigen standalone Musikprogramme für Linux unter den Tisch fallen lassen. Der Workflow mag ungewohnt sein aber Dank Jacks universalen Routingfähigkeiten auch nicht sooo kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht.
    Die für meine Begriffe unverzichtbaren Killerapps sind in diesem Bereich Guitarix und Alsa Modular Synth.
    Guitarix ist der beste Gitarrenverstärker, den ich in den letzten 25 Jahren hatte(und ich hatte schon einige, analoge H&K, Marshall und Mesa Boogie inklusive). Guitarix kann alles von kristallklarem Schönklang bis zu extremstem Metalgemetzel, hat einen Tuner, kann externe LV2-Plugins zuladen und läuft auch selber als LV2-Plugin zum Beispiel in Carla. Alsa Modular ist ein ausgesprochen ausgefeilter Moog-Emulator, der wirklich bemerkenswert durchdringend klingt und der als Modularsystem auch ausgesprochen eigenwillige Setups erlaubt.

    Vor noch 3-4 Jahren konnte ich auch schon sagen, dass ich als Musiker sehr zufrieden mit Linux bin aber ich musste immer leise dazusagen: jedenfalls so, wie ich Musik mache... Heute ist das noch einen Schritt weiter.

  • P.Chris   02. Apr 2015   11:26 UhrAntworten

    Linux vs. Industriestandards (der ewige Disput ?)

    Wie alles im Leben, gibt es für manche Dinge ein "Dafür" und ein "Dagegen".
    Ich weiß nicht, ob man in den letzten Jahren noch behaupten konnte, das Linux doch wirklich komplizierter zu handhaben gewesen wäre (oder sei), als eine DAW und Plug-In`s etc. unter eben Windows/Mac zu authentifizieren und konfigurieren.
    Ich meine, das nimmt (und nahm) sich mittlerweile doch nicht mehr wirklich viel.

    Auf der einen Seite (z.B. Windows) stehen langwierige Authentifizierungsprozesse und manchmal auch ärgerliche Auf/Abwärts-Inkompatibiläten von Software/Systeme und auf der anderen Seite (Linux), steht halt mal die eine oder andere Zeile Code oder Aufsuchen gut frequentierten Supports.
    Vom Zeitaufwand und Reinfummeln usw. sind das bei den unterschiedlichen Systemen nun wirklich keine tragenden Argumente mehr oder wie man so schön sagt: "Jacke wie Hose" !

    Hinsichtlich der Kreativität und Befähigung Musik machen zu wollen, kommt es auch niemals auf das System an. Es ist nicht das System das die Musik macht, das man selbst, der ein System als Werkzeug benutzt- und nicht umgekehrt !
    Daher erinnern mich solche Diskussionen zwischen Windows, Apple und Linux- Jünger immer ein bißchen an kleine Jungs-Streitgespräche :"Mein (Matchbox)Auto ist aber schneller als deines *wüt,stampf,grrr !"
    Das Beste System ist immer das, dass einen auch definitiv zum gewünschten Ziel führt. Tut es das, ist es das Richtige und macht es das nicht, ist es das Falsche. Punkt.

    So wie sich aber nun einmal die Ziele unterscheiden, unterscheiden sich halt auch die spezifischen Anforderungen und hier kommen tragende Argumente ins Spiel, die sehr entscheidend für die richtige (oder auch falsche) Wahl eines Systems sind.
    Eines dieser entscheidenden Argumente ist u.a. Kompatibilität.
    Möchte, kann, muss ich jemals in verschiedenen Studios auf der Welt produzieren und meine DAW-Projektdateien und Konfiguration mitnehmen und kann ich davon ausgehen, das dort typischerweise die obligatorischen Industriestandards an DAW`s, Vi`s und FX Plug-In`s usw., die man auch selber benutzt, vorhanden sind oder über meine portable Lizenzen erfügbar machen kann ?
    Kann ich dort kompatibel arbeiten etc.p.p ?

    Eine solche Frage erübrigt sich alleine schon, nicht weil man eventuell mit Linux vor unter Umständen verschlossenen Türen stehen könnte, sondern wenn man ohnehin nicht in diesem Rahmen professioneller Co-Produktionen unterwegs oder angewiesen ist, dann ist das (wie bei o.g. "Matchbox-Diskussion") völlig schnuppe, womit und wie jemand Zuhause in seinen 4-Wänden seine Musik macht und welches System "das Beste" sei, sondern hinsichtlich seiner eigenen Ambitionen, Ziele und Anforderungen, ein sinnvolles !

  • Logic-Guru   26. Apr 2015   04:59 UhrAntworten

    Hallo Delamarie's, Musik-Interessierte und alle Anderen :-)

    Drei Monate nach dem letzten Eintrag hier möchte auch ich mal meinen "Senf" zum Thema dazugeben...

    Ich habe es selber mal ausprobiert und mußte leider feststellen, das ein "Linux-Tonstudio" derzeit für professionelle Einsätze indiskutabel ist. Unterstützung für meine DAE- und TDM-Hardware vom Hauptstudio, inclusive der "billigeren" DSP-Hardware vom Projektstudio: Fehlanzeige! Da gehhhhht halt nur "namhafte Software" wie Logic, DP, PT, Cakewalk und co. (inclusive UNTERSTÜTZTEM OS)... Für Hobby-Musiker und Homerecorder mit wenig Geld, AC97-Audiochip und genug Zeit zum "rumfrickeln" und "re-konfigurieren" (geschweige der nötigen Einarbeitungszeit!) mag es ja eine interesante Alternative sein, aber in der Realität ist es halt so, das: 1) Studio- und Produktonszeit nunmal Zeit kostet, welche - für obige "Aktionen" - dann verloren geht, 2) Musiker nunmal "faul" sind und die verfügbare Zeit lieber in Ihre SONGS investieren!

    Selbst eine testweise Installation des "Project MAC OSx i386" auf dem alten P4-2400 Ersatz-PC (Scenic P300) funktionierte OHNE großartige Konfiguration auf Anhieb mit "Logic 8pro Mac", sowie "DP 6 Mac"! *und das EINWANDFREI*
    Ja, ich weiß: MacOS darf offiziell nur auf... - Aber diesen Test konnte ich mir nicht verkneifen!!

    Aber ich denke trotzdem mal positiv: Wenn der Fortschritt bei Linux (Ubuntu-Studio und co...) weiterhin voranschreitet, könnte in der Tat (bald?) ein ernstzunehmendes Alternativ-System für professionelles DAW entstehen, aber solange dieseses nicht konsequent umgesetzt und "vereinfacht" wird, führt leider kein Weg an einen Mac oder Win-PC vorbei...

    Ach, war das Studio-Equipment damals noch "kompatibel" mit all der schweren Hardware: Otari Mehrspur-Bandmaschinen, Neve-Pult, Urei-Kompressor, Plattenhall, Neumann U47...

    All das hab ich übrigens nicht "versilbert", der Daten-/EMP-GAU lässt grüßen ;-)

    Gruß: Franky aus NRW

    • Marcel Schindler   26. Apr 2015   17:56 UhrAntworten

      Moin Franky,

      tatsächlich jährt sich dieser Artikel zum 6. Mal und mittlerweile hat sich einiges getan. Ich stimme dir insofern zu, dass leider gerade die professionellen Endgeräte von Linux eher rudimentär oder leider gar nicht unterstützt werden. Das ist ärgerlich und hier hat Linux noch viel zu tun, aber die Frickelfraktion arbeitet daran.

      Mit "indiskutabel" gehst du aber vielleicht zu weit: Die Stabilität eines Linux ist ungeschlagen und HDD-Recording-Software (mehrspurig) läuft dank JACKServer mit Latenzzeiten, bei denen MacOS und Windows nur geschockt blinzeln können. Gerade hier spielt Linux, wenn man der Software Realtime-Prioritäten zuweist, die Stärken aus.

      Auch generell als "Steuersystem" oder Fileserver ist Linux ungeschlagen. Was die Sequencer-Software betrifft, haben wir nun Bitwig Studio (nativ für Linux). Ableton läuft auch ziemlich stabil, intern macht die Macversion von Ableton soweit ich weiß auch nur eine Wine-Instanz auf ;)

      Ich stimme aber zu, dass manche Sachen unter Linux unnötig dämlich gelöst sind. DSSI-Wrapper für VSTi und so mancher Hardware-Satz wird auch nicht unterstützt.

      (Komischerweise lief meine EWX 24/96 von Terratec unter Linux wesentlich besser als unter Linux)

      Ich für mich kann nur sagen, dass Linux sich in meinem Studio nahtlos integriert hat. Da ich zumindest auf 2 Releases blicken kann, würde ich mich als Semipro bezeichnen. Aber im Gegensatz zu Profimusikern habe ich das Glück, nebenbei Serveradministrator zu sein :)

      Danke für deinen kritischen Beitrag.

  • Logic-Guru   26. Apr 2015   19:21 UhrAntworten

    @Marcel Schindler

    Hast recht, mit "indiskutabel" bin ich vielleicht doch etwas zu weit gegangen, sorry! Aber für mich als Perfektionist bin ich da immer etwas skeptisch, wenn es darum geht "bewährte Standards" zu ändern. Meine Hardware und Software im Studio ist mein Firmenkapital und es muß jederzeit zu 100% "funzen", erst recht während mehrmonatiger Top-Produktionen...
    Es hat mir schon gereicht, meine beiden PC's im Projektstudio auf Cakewalk umzurüsten, weil Apple nunmal Emagic geschluckt hat und sense ist mit Logic auf PC, aber das ist ein anderes Thema...

    Zu Linux SELBST muß ich sagen: Ich betreibe selbst drei Samba-Studio-Server unter Linux und auch "Internetmäßig" benutze ich lieber Linux statt MacOS oder Win, eben WEIL es FUNKTIONIERT!
    Selbst unterwegs gehe ich mit Linux ins Netz: Knoppix-DVD ins Läppi, smartphone über USB dran und gut ist...

    Ähhh - zwinker: Selbst Android im Smartphone basiert auf Linux ;-)

    Ach, es könnte alles einfacher sein, wenn die Hardware-Hersteller mal ihre Spezifikationen teilweise offenlegen würden, oder zumindest SDK's für die Entwicklung von Treibern für alternative Betriebs-OS bereitstellen würden.

    Also, Hersteller und Linux-Profis: *PACKT ES AN*

    Franky

    • Marcel Schindler   26. Apr 2015   21:43 UhrAntworten

      :) Das fatalste ist - das sag ich als Linuxmusiker mit voller Inbrunst - die ewig gestrige Lizenz vom Steinberg VST-SDK. :) Wenn man uns Fricklern hier mehr Freiraum lassen würde, wäre es vermutlich viel einfacher, VST für Linux zum Laufen zu kriegen. :)

      Ich stimme dir in sämtlichen Punkten aber tatsächlich bedingt zu. "Einfach funktionieren" im Studio ist nicht. Einfach funktionieren als reines OS und mittlerweile auch Desktop-OS haben die Linuxer mittlerweile aber ganz gut hingekriegt.

    • zettberlin   27. Apr 2015   00:24 UhrAntworten

      Wie man es auch dreht und wendet, Linux ist und bleibt *anders* als Mac und Windows. Wer bei der jeweils gewohnten Software bleiben will, sollte auch bei einem OS bleiben, das diese unterstützt.
      Linux ist technisch ansonsten wenigstens ebenbürtig und in einigen Hinsichten besser(ich wundere mich regelmäßig, wenn ich Perfomance Tipps lese, nach denen man des und das abschalten und am besten gar nicht ans Internet gehen soll, solange die DAW läuft... ich kann mir bei Bedarf auch YT-Videos angucken, während in Ardour4 im Hintergrund ein 40-Spurenprojekt gespielt wird).

      Hardware wird gut unterstützt bis hoch zur gehobenen Mittelklasse, Firewiregerät wie die Boxen von Presonus laufen inzwischen ohne spezielle Konfiguration (einfach FW-Treiber in Jack auswählen), darüber wird es allerdings dünn, ältere RME-Spitzenkarten funktionieren erstklassig, neuere gehobene Exoten sind so eine Sache....

      Aber noch mal: ich empfehle jedem Umsteigeinteressenten, sich zuerst von sämtlicher gewohnter Software zu verabschieden. Einige VST laufen recht gut es ist aber völlige Zeitverschwendung, ein Windows-Setup mit den gleichen Anwendungen nachbauen zu wollen.
      Die klassische DAW unter Linux ist Ardour und nichts anderes, wer viel Looporientiert arbeitet und/oder Abelton schon kennt und schätzt, sollte einen Blick auf Bitwig werfen. Tracktion wäre auch noch eine Alternative. Cubase unter Wine ist *keine*
      Ansonsten sollte man nicht fragen: wo sind meine VST? Sondern: wo sind die guten Synths und wo ist ein guter Gitarrenverstärker, Drumsequencer, Sampler etc. Darauf bekommt man sehr gute Antworten und ein paar VST kann man danach auch noch zum Laufen bringen.
      Generell ist Linux aber nichts für Leute, die sich stark von einer bestimmten Software abhängig machen. Man muss flexibel bleiben und offen für neues, dann macht es einen Riesen Spaß und lässt sich auch zum Geldverdienen gut benutzen.

  • nevi   07. Jul 2015   09:32 UhrAntworten

    Dann bin ich nun auch wieder auf diesen Artikel gestoßen...
    ...und kann einfach meinen Senf, der sich beim erneuten Lesen der Kommentare unkontrolliert aus der Gedankentube presst, nicht stillschweigend bei mir behalten! ^^

    Mir hat sich nämlich dabei innerlich EINE Frage gestellt - und zwar ausgehend davon, dass das Musikproduzieren vor allem (auch - oder ausschließlich) SPASS machen soll.

    Wo, so habe ich mich gefragt, liegt jetzt eigentlich der *Spaß* daran, ausgerechnet auf einem so "limitierten" OS wie Linux zu produzieren? Mit limitiert meine ich hier alle schon bekannten und genannten Punkte, aber insbesondere die fehlende Software. Von Software-"Auswahl" kann ja keine Rede sein - Man muss glücklich werden mit dem, was es überhaupt gibt. Und mir kann keiner Erzählen, dass der dadurch herbeigezwungene "Workflow" so toll ist, dass jetzt alle blöd wären, wenn sie deswegen nicht auf Linux umsteigen... ;)

    Jedenfalls egal wie stabil oder performant Linux sein möge oder in der tiefsten DNA seines Kernels die idealen Veranlagungen für eine DAW mitbrächte - Mir kommt da spontan der Vergleich, mit'm Ferrari 'ne Camping-Tour zu machen ^^ xD Also, du bist super schnell unterwegs! Und das Ding liegt in der Kurve 1A wie'n Brett - aber sobald man seine Ausrüstung mit reinpacken will hört der Spaß auf....

    ...Womit ich dann auch bei meiner Frage bin:

    Besteht der Linux-Spaß *wirklich* aus Musikmachen(!) oder darin, dass man doch tatsächlich eben mit seinem Ferrari und dem überschaubarem Biwak-Notgepäck die 1300 km komplett am Stück abgerissen hat, wobei man einer ordentlichen Zahl von Holländern mit Wohnmobil kurz und deftig die Rücklichter präsentieren durfte? Und die Ehrenwette gegen die besten Kumpels zuvor am Biertisch ("Das bringst Du ja doch nicht!") wäre damit auch gewonnen... 3:)

    ;-)

    PS: Nicht, dass ich solche "Geht-nicht-gibts-nicht"-Freakereien nicht auch total cool finde!! Allerdings manche Dinge macht man auch einfach nur, damit man sie gemacht hat ^^ Hoffe ihr versteht, worauf ich hinaus will :P

  • zettberlin   07. Jul 2015   11:39 UhrAntworten

    @nevi der Vergleich mit dem Ferrari auf Urlaubstour hinkt zwar spürbar ist aber auch nicht völlig abwegig.
    Zunächst mal: den Leistungsunterschied bemerke ich nicht, weil ich ja nie Windows benutze. Da ich seit 15 Jahren alles unter Linux mache, nehme ich es als selbstverständlich, dass ich mit meinem i5 stabil mit unter 10ms Latenz alles machen kann, was mir so einfällt, während ich lese, dass ein Windowsnutzer mit seinem i7 beklagt, dass er irgendwie nicht unter 60ms kommt und dass er das Problem schließlich mit irgendwelchen Spezialtreibern gelöst bekommt. Viele andere Windowsnutzer werden ihre DAW als genauso schnell und stabil wie meine empfinden.

    Das ist in Sachen Softwareauswahl genauso: Das einzige, was ich in Ardour vermisse ist, dass es bei Timestretch-Operationen keine Echtzeitvorschau der gestreckten Wellenform zeigt. Alles anderelässt für mich keine Wünsche offen.

    Versteh' mich nicht falsch: die meiste Software, die es nur für Windows/Mac gibt, ist toll. Wenn ich ProTools, Samplitude etc und viele VST-Plugins bei anderen sehe, finde ich das ausgesprochen interessant und oft bemerkenswert gut. Es weckt aber nicht den Wunsch in mir, das auch haben zu wollen. Ich habe nämlich alles, was ich haben will. Ich kann meine musikalischen Vorstellungen sehr gut mit Ardour, Guitarix, CALF, Yoshimi, AMS etc umsetzen. Und dabei bin ich weit davon entfernt, alles zu nutzen, was diese Softwarepakete zu bieten haben.

    Ich arbeite viel mit Loops, mache aber im Grunde immer noch Rockmusik, die am Modell spielenden Band orientiert ist. Würde ich sowas wie Dubstep machen wollen, würde ich meine Bitwig-Lizenz stärker nutzen. Möglicherweise würde ich dann auch ein paar mehr Verrenkungen zu machen haben, um ein paar Windows-Plugins mit WINE zum Laufen zu bringen. Ich habe aber auch schon reine Linuxsysteme gesehen, auf denen Leute elektronische Musik mit LMMS machen und die haben einen ziemlich zufriedenen Eindruck gemacht.

    Man kann es auch eine Etage höher auswerten: *Jeder* Künstler und *jede* Künstlerin in jeder Art von Kunst wird sich Werkzeug, Methoden und Material auswählen, die zur künstlerischen Vision passen und alle anderen Methoden, Werkzeuge, Materialien etc nicht mehr verwenden. Und auch nicht vermissen.

    Ich habe meine gewählt und habe in der Tat sehr großen Spaß mit ihnen.
    Da, wo ich hinwill und für das, was ich dort wie tun will, leistet mein Ferrari sehr gute Dienste. Ich vermisse all die Sachen, die man in einen Van stopfen könnte genausowenig wie ein Einhandsegler den Kabinenstewart, den er auf einem Kreutzfahrer in Anspruch nehmen könnte ;-)

    Noch ein Wort zum Spaß: das Theater mit Dongles, Spezialtreibern etc, das mit proprietärer Software unter Mac/Windows häufig vorzukommen scheint, würde mir wohl jeden Spaß verleiden. Von Viren und grotesken Updatemechanismen und den behäbigen, altmodischen Desktops von Mac und Windows ganz zu schweigen.

  • Florian   07. Jul 2015   15:07 UhrAntworten

    Ich freu mich ja immer wieder über Kommentare hier. Aber man sollte bedenken, dass dieser Artikel mittlerweile fast 6 Jahre alt ist. In dieser Zeit hat sich in der Linux Audio Welt einiges verändert. Alleine von der DAW Ardour sind zwei neue Major Versionen (3 und 4) herausgekommen. Die aktuelle Version bringt meines Wissens auch Support für Windows mit.

    Des weiteren bin ich letztens über das auch oben genannte Guitarix gestolpert und war spontan ziemlich angetan. Klanglich kann das Programm (mMn) locker mit meinem POD X3 und meinem Hughes & Kettner Attax 200 mithalten.

    Erwähnen sollte man auch die CALF Plugin Suite (http://calf-studio-gear.org/) die es in dieser Form vor 6 Jahren nicht gab. Die sehen nicht nur gut aus sondern klingen auch so.

    • Marcel Schindler   07. Jul 2015   16:36 UhrAntworten

      Mittlerweile ist es dank z.B. DSSI-VST auch möglich, fast jedes VSTi unter Linux zu nutzen.

  • Marcel Schindler   07. Jul 2015   16:39 UhrAntworten

    Ich glaub, ich schicke mal eine komplett überarbeitete Version dieses Artikels rein :)

    • zettberlin   07. Jul 2015   19:44 UhrAntworten

      Voll gute Idee ;-)
      Schau Dir auf jeden Fall dazu auch mal Carla an, das ist ein Pluginhost, der selbst als Plugin verfügbar ist und zwar sowohl als LXVST als auch als LV2, damit kann man dann in jedem Linuxprogramm, das entweder LXVST oder LV2 unterstützt, *jedes* Pluginformat verwenden, das Linux überhaupt unterstützt.

  • Matt   21. Jun 2017   07:40 UhrAntworten

    was ist mit Bitwig Studio? Klar das kostet viel Geld, aber erwähnen sollte man es hier auch, finde ich...

    • Felix Baarß (delamar)   21. Jun 2017   09:25 UhrAntworten

      Hallo Matt,

      danke, absolut richtig. Der Artikel ist eben schon sehr alt - bei einer hoffentlich baldigen Aktualisierung (leider können wir keine Prognose abgeben) gehört Bitwig aber definitiv hier mit hinein. :)

      Gruß,
      Felix

      • Marcel Schindler   21. Jun 2017   09:45 Uhr

        Ich arbeite dran :) Darf ja auch nicht wirklich eine Kopie dessen sein, was ich bei mir selbst geschrieben habe.

      • Felix Baarß (delamar)   21. Jun 2017   10:34 Uhr

        Huch, hallo Marcel! ^^ Das sind ja fabelhafte Neuigkeiten. :)

      • Marcel   05. Jul 2017   14:06 Uhr

        Neben Bitwig und o.g. Renoise ist nun auch von Reaper eine frühe, aber offizielle Linuxversion verfügbar. Das setzt mich unter Druck :) Ich muss hier dringend mal endlich einen coolen Artikel nachlegen, vor allem, da ich seit 4 Jahren jetzt auch wirklich ausschließlich mit Linux musiziere und mittlerweile wesentlich mehr darüber weiß.

        Hier mal Reaper für Linux. https://aur.archlinux.org/packages/reaper/

  • Gernot   09. Jan 2024   08:49 UhrAntworten

    Hat wohl nicht geklappt, mit der Aktualisierung anno 2017. Inzwischen siehts ja doch um einiges rosiger aus. Neben Bitwig unterstützt auch u-he die Plattform nativ, Presonus stellt inzwischen auch Studio One für Linux zur Verfügung. Hersteller wie applied computer music technologies liefern exzellente Plugins fürs Mixing und Mastering. yabridge erschließt so viele windows vsts wie noch nie; all das wäre einen frischen Blick auf jeden Fall wert.

Sag uns deine Meinung!

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