Umfrage: Wie wichtig erscheint dir Musiktheorie?
Der Tonsatz, Kenntnisse der Harmonielehre oder die Gehörbildung und -erziehung sind nur einige wenige Aspekte der Musiktheorie. Das Studium der Theoriegebäude, die bereits zur Musik, deren Komposition etc. errichtet wurden, erscheint zunächst relativ praxisfern.
Heute möchten wir von dir wissen, inwieweit Du von musiktheoretischen Kenntnissen profitierst. Dabei kann es um das Musizieren, das Produzieren, das Recording oder deine Songwriting-Skills bzw. die Komposition gehen. Welche Türen hat die Theorie in deinem musikalischen Leben aufgestoßen?
Mir erscheint auch der Standpunkt berechtigt, dass die Theorie erst einmal keinen unmittelbaren Einfluss auf die musikalische Praxis haben muss. Theoretische Kenntnisse stellen wohl für viele einen »schlummernden«, manchmal auch unterbewusst abgerufenen Fundus an Werkzeugen für das Musizieren selbst bereit.
Passend dazu
- Harmonielehre im Selbststudium: Komposition leicht gemacht
- Sprich dich aus: Wann hast Du zum ersten Mal Musik selbst gemacht?
- Sprich dich aus: Was willst Du noch lernen, um besser Musik zu machen?
- Sprich dich aus: Was sind deine Lieblingsklänge aus Natur und Alltag?
- Sprich dich aus: Musikalische Schulung vs. Autodidaktik
Ich bin ja fast geneigt zu spötteln, dass die Kapazitäten auf dem Gebiet der Musiktheorie auch irgendwie ihre Brötchen verdienen müssen. Doch dieser kleine Seitenhieb rührt nur daher, dass ich für mein bescheidenes Musikmachen und Produzieren nur sehr sporadisch theoretische Kenntnisse aneignen musste. Dabei hat es sich auch nie so angefühlt, als würde ich irgendeinen Stoff pauken müssen, vielmehr habe ich etwas aufgeschnappt, sogleich praktisch in meinem DAW-Projekt umgesetzt und dann entweder als förderlich für meine Art der Musik empfunden oder eben nicht.
Wie steht’s mit dir? Wie wichtig ist die Theorie in deinem musikalischen Schaffen? Sprich dich aus!
zu 'Sprich dich aus: Wie wichtig ist Musiktheorie für dich?'
Chris Hoonoes 10. Sep 2013 11:57 Uhr
Ich bin erst relativ spät mit dem Musik selber machen in Berührung gekommen. Angefangen hab ich am Schlagzeug ohne irgendein Vorwissen, was dieses Instrument oder Musik an sich angeht. Als die Band sich aufgelöst hat, habe ich mich dazu entschlossen, selber Musik zu produzieren.
Musiktheorie hat hier auch einen sehr hohen Stellenwert eingenommen, da ich keine Musiktheoretische oder -praktische Ausbildung (im professionellen Sinne) genossen habe.
Am Anfang war es sehr schwierig für mich, die Zusammenhänge zu verstehen.
Was ein Akkord ist, war mir zwar klar, aber nicht wie verschiedene Akkorde zusammenpassen und was die Vorraussetzungen für gut klingende Melodielinien und deren Harmonien sind.
Aber ich bin dran geblieben und mit der Zeit kam das Verstehen. Auch dank euch, liebe Delamaries! Ich habe mir viel Literatur aus unserer Stadtbibliothek zum Thema besorgt und sehr viel Informationen aus dem Internet gefunden. Ich denke Musiktheorie gehört zum Musik produzieren/machen einfach dazu. Wie die Holz- und Werkzeugkunde zur Schreinerausbildung, um einen plastischen Vergleich zu nennen.
Wer seine Werkzeuge und das Material mit dem er arbeitet nicht hinreichend kennt, wird nie ein Meisterstück anfertigen können.
In diesem Sinne finde ich die Kenntnisse über Musiktheorie essentiell für das verstehen und produzieren von schöner und vor allem hörbarer Musik!
Hoody 10. Sep 2013 13:09 Uhr
Musiktheorie ist sicherlich wichtig in den Grundlagen, um überhaupt etwas machen zu können. Aber es geht auch ohne wie viele erfolgreiche Musiker immer wieder beweisen.
Ngin #ngintonic 10. Sep 2013 13:10 Uhr
Ich schließe mich Chris an, dass es kaum möglich ist ein Meisterstück zu fertigen ohne theoretische Kenntnisse. Zudem bin ich der Meinung, dass aus der praktischen Erfahrung immer auch theoretische Ansätze (welche nicht immer richtig sein müssen) entstehen.
Würde mir jemand ne Kanone an den Kopf halten und fragen welchen prozentualen Anteil die Theorie gegenüber der Praxis hat, würde ich 30 zu 70 sagen.
Ich denke das Musik-machen und die Erfahrung durch das Spielen sind die wichtigsten Faktoren. Wer zu theoretisch an das Komponieren herangeht, läuft Gefahr zu "verkopft" zu klingen. Jedoch bringt die Musikwissenschaft ein äußerst großes Spektrum an Wissen mit sich. Hier geht es ja nicht nur um Harmonielehre undso, sondern auch um Emotionen, Erwartungshaltung etc. Hier kann ich David Huron "Sweet Anticipation" empfehlen!!!
Aber ansich is es mir egal, wie jeder zum letztendlichen Ergebnis kommt, solange es fresh ist!
Einfach machen und in die Tasten hämmern is aber meistens geiler als Bücher lesen ;)
peace Ngin
Jörn Hagedorn 10. Sep 2013 13:29 Uhr
Just Do It!
Skellington 10. Sep 2013 13:51 Uhr
Sehr wichtig. Es kommt natürlich darauf an, was man macht. Bei Gitarrenrock wird man mit *etwas* weniger Theorie auskommen als bei Orchestermusik.
Die wichtige Frage dabei ist, ob man sich weiterentwickeln will oder über Jahrzehnte "seinem Stil treu bleibt" (was auch als Stillstand interpretiert werden kann).
Mex 10. Sep 2013 14:15 Uhr
Grundsätzlich halte ich in der Musik nichts von Sätzen wie "das könne und darf man so nicht machen", wie man sie sehr oft in der Musiktheorie gesagt bekommt. Einige weltberühmte Themen, wie z.B. der Soundtrack zu James Bond (Streicherthema und E-Gitarre), entsprechen ja entgegen der nüchternen Theorie. Rein von der Harmonielehre, würde man es in der nüchternen Theorie ja eigentlich niemals so spielen. Es gibt dutzende ähnliche Beispiele in der klassischen Musik.
Musiktheorie ist für mich da manchmal ein sehr zweischneidiges und nicht immer verlässliches Schwert bezüglich "Formel und tatsächliche Wirkung".
Theorie ist zwar für mich hinsichtlich der Strukturierung einer Komposition wichtig und an gewisse Regeln orientiert man sich auch, aber sie soll und darf kein Stop, bzw. Verbotsschild sein, um Ideen und Musik umzusetzen.
Hin und wieder ertappe ich mich bei Kollegen zwar auch mal mit Sätzen wie "nee, das kannst Du so nicht spielen", weil z.B. Akkordfolgen/Instrumentierung etc. einfach zu banal wirken und ihnen dann eine interessantere Alternative aufzeige, was in meiner Fähigkeit ja letztlich auch auf eine gewisse Musiktheorie zurückzuführen ist.
Aber ich würde niemals jemanden von einer Grundidee und Umsetzung abhalten, nur weil es gegen eine Regel der Musiktheorie verstößt... und ich kenne da leider so einige Leute, die äußerst penibel nach strikten Mustern einer musikalischen Ausbildung und Theorien verfahren und dabei nicht merken, das ihnen dadurch irgendwo eine gewisse kreative Musikalität abhanden kommt, weil sie Musik dann eher wie eine mathematische Gleichung betrachten. Früher als "Greenhorn" hat mir das noch sehr imponiert, aber ich merkte auch schnell, das sich jene Leute auf Grund ihrer Steifheit musikalisch auch irgendwie nicht weiterentwickeln wollten oder gar konnten.
Raphael 11. Sep 2013 22:28 Uhr
Interessanter Aspekt...
Ich denke man sollte sich grundsätzlich überlegen was da zuerst da war:
Die Theorie oder die Harmonie? Ich denke letzteres und die Theorie dient in erster Linie dazu die Harmonie zu beschreiben, nicht aber vorzuschreiben. Gerade in der älteren und klassischen Harmonielehre ist der vorschreibende (präskriptive) Aspekt sehr stark. Man denke nur mal an so Sachen wie Quntparallenenverbot und Tritonus als Intervall des Teufels im Mittelater und der jüngeren Neuzeit!
In der modernen Harmonielehre (z.B. Siekora, Haunschild) hat man eher einen deskriptiven, bzw. beschriebenden Ansatz. Und das Kredo lautet, das was gut klingt wird genommen!
Natürlich gibt es immer wieder auch Leute, die der Auffassung sind, dass die Theorie bestimmt, was geht und was nicht...aber da muss man ja nicht mehr soviel dazu sagen außer...probier mal Phrygisch anstatt Dorisch in einer II-V Kadenz. Kann man theoretisch machen, klingt aber alles andere als toll...
Skellington 10. Sep 2013 14:34 Uhr
@ Mex: Nicht so einschränkend betrachten! Es ist aus meiner Erfahrung enorm hilfreich im Sinne einer größeren "Toolbox", wenn man überhaupt erst einmal weiß, was es an musikalischen Bausteinen überhaupt gibt – ob man sie nun hinterher anwendet oder nicht.
Es macht schon einen großen Unterschied, ob man weiß, dass es außerhalb eines Rock-Powerchords noch ein paar mehr Töne gibt und dass man diese tatsächlich auch gleichzeitig und in unterschiedlichen Kombinationen verwenden kann und was für eine Wirkung sie haben. Im Sinne einer gewissen Wiederholbarkeit und eines tieferen Verständnisses ist es dabei auch nicht ganz verkehrt, dem Kind einen Namen zu geben.
Und das Beispiel "James Bond" ist sehr interessant insofern, dass man eigentlich nur richtig verstehen kann, was da passiert, wenn man sich die Mühe einer theoretischen Analyse macht.
Natürlich kann jedes Können auch zum Käfig werden; das heißt aber nicht, dass Musiktheorie alles überflüssiger Schnickschnack ist, der sowieso nur der Kreativität schadet. Das ist Blödsinn. Solche Argumente werden auch oft von Leuten gebracht, die denk- und lernfaul sind.
Meine Meinung: Dümmer wird man nicht dabei, wenn man sich ein bisschen mit der Materie beschäftigt :-)
Mex 10. Sep 2013 18:24 Uhr
Nun,ich halte Musiktheorie keineswegs für überflüssig, insbesondere das Wissen um ein wenig Harmonielehre ermöglicht- wie auch Du so schön sagtest, Alternativen und Töne außerhalb von z.B. Powerchords.
Einen sehr schönen und treffenden Satz von Dir fand ich mit "wenn das Können zum Käfig wird".
Das ist ja ein wesentlicher Aspekt meiner Auffassung bezüglich der Musikwissenschaft, wenn man diesen Käfig insofern ja gar nicht verlassen möchte... weil man sich "Rezept-artig" auf Regeln versteift, die es einen in gewisser Weise nicht ermöglichen "wollen", den Rahmen (Käfig) seines Schaffens durch auch einmal unorthodoxe Anwendungen (seien es Töne, Instrumente etc.) zumindest zu erweitern.
Nun, ich komme aus der klassischen Musik und Komposition und da gibt es solch besagte Regeln&Theorien, die gerne (für eben meinen Geschmack) zu strikt eingehalten werden wollen und sollen...abgesehen einmal von natürlichen Einschränkungen, wie z.B. das man mit einer Violine nun keinen Bass spielen kann.
Denk- und lernfaul... nein, ich sehe es eigentlich in meiner musikalischen Erfahrungen von über 20 Jahren eher umgekehrt, das man irgendwo etwas "experimentierfaul" wird, was ich somit als "lernfaul" bezeichnen würde.
Ich stimme Dir aber im vollen Umfang zu, das man sicherlich nicht dümmer wird, wenn man sich tiefer mit der Materie beschäftigt und sich Wissen rauf schafft.
Was man eben letztlich draus macht, bleibt einem ja selbst überlassen und überhaupt das Werkzeug "Wissen" zu haben, ermöglicht einen ja auch erst die Weiterentwicklung (und einen Käfig verlassen zu können).
Peter Gabriel hatte in einem Interview mal etwas (für mich) sehr wichtiges gesagt:"Warum soll ich einen musikalischen Weg beschreiten, der schon vorgegeben ist. Es ist doch spannender, wenn die Musik ihre eigene Geschichte erzählt und Dir Brücken baut !"
Ich selbst sperre mich heute eben nach der "Gabriel-Philosophie" nun einmal dagegen, wenn versucht wird festzulegen, was man in einer Art und Weise zu machen (oder unterlassen) hat, nur weil es z.B. dem althergebrachten (nicht) entspräche oder gegen eine musikalische Regel verstoßen würde... wie erwähnt, hat man solche mitunter heftige Diskussionen von "Dürfen&Sollen" insbesondere in der Klassik.
Oliver Alten 10. Sep 2013 14:54 Uhr
Ich finde es gut, in Sachen Musiktheorie immer noch was dazu zu lernen, aber immer nur so viel, daß es mir meine Intuition nicht versaut. Denn die ist mir wichtiger...
Ja, so würd' ich das sagen! :-)
Marion 10. Sep 2013 18:00 Uhr
Als ich Gitarre und Keyboard lernte, hab ich gesehen wie wichtig das theorethische ist, auch wenn's total nervig war. Hinterher profitiert man doch davon. So hab ich auch sehr viel besser die Instrumente, die ich spielte, verstanden. Musiktheorie is nie verkehrt. Ich finde, daß man sowieso an der Theorie zwangsläufig nicht vorbeikommt. Musik und Instrumente spielen macht Spaß, da nehm ich die nervige Theorie in Kauf ;-).
DrNI 10. Sep 2013 18:02 Uhr
In meinem musikalischen Umfeld habe ich das ganze Spektrum: Leute, die mir Beziehungen zwischen Akkorden meiner Stücke herleiten und mir Zeugs erzählen, von dem ich nichts verstehe. Und auch solche, die von Theorie nichts wissen wollen und doch all das ganz intuitiv beherrschen. Man staunt dann schon einen Bauklotz, wenn eine Sängerin ganz spontan eine phrygische Tonleiter "im Gehör" hat und meint, das fühle sich einfach richtig an.
Für mich persönlich ist Musiktheorie ein Hilfsmittel. Erst, wenn ich durch langes Üben eine Intuition entwickelt habe, wie ich musikalische Zusammenhänge nutzen kann, hat sie ihren Zweck erfüllt.
Als Halblinguist weiß ich: Es ist wie beim Sprachenlernen. Grammatik braucht man so lange, bis eine Sprache ausreichend kann, dann kann man sie eigentlich wieder vergessen. Und ganz ähnlich ist es in der Musik auch. So dürfte es zumindest den meisten Leuten gehen, die oben genannten Beispiele sind sicher die extremen Ausnahmen.
Wer sich mit Musiktheorie befasst und das Ergebnis in sein intuitives musikalisches Vokabular aufnimmt, gewinnt ungemein an Möglichkeiten, sich musikalisch auszudrücken. Das ist vor allem nützlich, wenn man sich in freieren Musikrichtungen bewegt, die über die üblichen drei (oder vier) Akkorde und Dur oder Moll hinausgehen.
Skellington 10. Sep 2013 18:31 Uhr
Sehr guter HInweis, dass das gelernte irgendwann in die Intuition übergeht. Es geht bei diesen Fragen idealerweise nicht um ein "Entweder-Oder", sondern um ein ganzheitliches Verständnis – analog zur leidigen "Kopf vs. Bauch"-Debatte.
Sebastian 10. Sep 2013 23:31 Uhr
musiktheorie ist sicherlich ein wichtiger aspekt für manche menschen, ich jedoch finde sie macht mir einiges kaputt.
ich muss auch gestehen das ich nicht so viel ahnugn davon habe aber naja.
der punkt ist theorie bzw verständnis von dem was ich tue ist gerade in der musik naja eher 2rangig
irgendwie finde ich einfach das es das große mysterium raubt.
ich meine natürlich ist es schön zu verstehen was man da macht aber irgendwie fehlen mir die zeiten in denen ich ausprobiert habe ohne irgendwelches wissen und das feeling von damals ist das was fehlt. ich hoffe ihr versteht was ich meine
IrgendeinThomas 11. Sep 2013 07:23 Uhr
Also einengend wie hier teilweise behauptet wird, dürfte das für die meisten Musiker unter uns wohl nicht sein da ich eher gegenteilig stark vermute dass die Mehrheit unter uns noch einiges an guten Ideen oder "Inspirationen" mittels ausführlicher Kompositionslehre an Wissen erweitern könnte. Die Frage ist nur ob es in der jeweiligen Musikrichtung auch Sinn macht denn natürlich kommt es auch darauf an was für eine Musik man macht, für Techno und Hip-Hop wird man wohl kaum tiefergehendes Wissen benötigen als bei Klassik oder Jazz. Lustige Vorstellung wenn zB abshakende Leute auf einer Party voll auf eine Fuge oder sonstige kontrapunktische Raffinesse in einem Technostück abfahren würden.:-) Aber grundsätzlich sollte ja Wissen nie einengen sondern nur die Grundlage für die eigene Kreativität bilden. Als Beispiele braucht man nur in die Vergangenheit schauen, Mozart,Beethoven,Bach,...haben teils Musik von Komponisten studiert die heute nur noch wenigen Kennern bekannt sind. Viel Wissen hatten diese heute Unbekannten auch aber was sie von den Großen unterscheidet ist auf der einen Seite der "brave Handwerker" der sich genau nach Regeln und damaligen Traditionen hält gegenüber den Komponisten die es nur als Grundlage für ihre eigenen Inspirationen nutzten und teils weit über bisher Vorstellbarem hinausgingen, immer auf der Grundlage des erworbenen Wissens basierend. Wissen ist also nie automatisch einengend, es kommt immer darauf an wie man es nutzt.
Franz – Hermann Schmidt 11. Sep 2013 08:50 Uhr
Mit 12 Jahren bekam ich mal ein Akkordeon in die Hand, weil ich mir eine Stunde lang die Zeit vertreiben sollte, weil die Erwachsenen etwas vorhatten, wo ich nicht mit durfte.
Als sie wieder kamen, hatte ich ein Paar Lieder, die ich spielen konnte recht und schlecht mit einem Finger und intuitiv hatte ich auch schon Terzen gegriffen, ohne zu wissen, dass es welche waren.
Sie staunten, und zwei Jahre später in der neunten Klasse schenkte mir mein Vater ein Akkordeon und meldete mich gleichzeitig beim Unterricht an.
Es war furchtbar, und ich habe garnichts begriffen.
Die Stücke, welche ich üben sollte konnte ich ratz fatz auswendig und die Noten interessierten mich überhaupt nicht.
Inzwischen konnte ich schon so viele Lieder aus dem Kopf spielen, dass man mich hier und da zu kleinen Festlichkeiten einlud und ich dort spielen sollte.
Ich eignete mir dann durch das Gehör und auch schauen bei anderen Spielern an, den Bass dazu zu spielen.
Ich schmiss den Akkordeon Unterricht, und mein Vater war mir sehr böse deswegen.
Später kam die Gitarre dazu, und ich kaufte mir Grifftabellen, und ließ mir den Quintenzirkel mit seinen Enharmonischen Verwechslungen und verwandten Tonarten erklären.
Das bildet bis heute mein Fundament bei meinen musikalischen Tätigkeiten. Ich bin kein grosser Künstler geworden, spiele aber etliche Instrumente, nicht perfekt aber immerhin, War Band musikalischer Leiter, mache heute noch Live Musik mit cover und auch eigenen Titeln, die ich in meinem Studio komponiere und arrangiere.
Zurückblickend sage ich, zwangsläufig und bei genügend Begabung, braucht man nicht unbedingt weitreichende Theorie. Trotzdem ärger ich mich heute, dass ich nicht Musik studiert habe.
Um nun zum Thema nochmal zu kommen, behaupte ich, dass ein Mensch der völlig ohne Begabung und musikalischem Talent ohne Theorie nichts zustande bringt.
Wer hoch begabt ist, kann sich unter Umständen auch ohne Theorie durchschlagen. Kommt aber dann an einen Punkt, bei dem er nicht weiter kommt. Vielleicht fehlt dann doch die Theorie ???
condor
Uli 11. Sep 2013 09:54 Uhr
Ich denke, dass Theorie-Kenntnisse einen nicht per se zu einem besseren Musiker machen, aber sie sind eine große Hilfe, insbesondere wenn man mit anderen Menschen Musik macht oder sich Stücke erarbeitet/analysiert. Auf Zuruf ein Stück mal eben in einer anderen Tonart spielen, funktioniert halt nur, wenn man die Akkord-Stufen verinnerlicht hat oder zumindest weiß um wieviele Halbtöne entsprechende Akkorde verschoben werden müssen.
Natürlich gibt es auch Leute mit einem so hervorragendem Gehör, dass die wirklich alles auf Zuruf nach Gehör spielen, aber das ist wirklich die Ausnahme...
DrNI 11. Sep 2013 10:37 Uhr
Zu der nun sich entspinnenden Diskussion: Ich glaube, was vielen fehlt, ist die Unterscheidung zwischen präskriptiv und deskriptiv. Gibt es ja auch bei der Grammatik (siehe oben). Grammatik in Sprache erleben viele im Sprachunterricht als Vorschriftensammlung (präskriptiv). In der Linguistik ist Grammatik hingegen deskriptiv: Sie versucht zu erklären, wie die Zusammenhänge zwischen Sprache sind. Um richtig oder falsch geht es dabei nicht.
Und so sollte es auch in der Musiktheorie sein: Sie ist eine Erklärung. Ein System, das beschreibt, wie die Zusammenhänge in einem Musikstück sind, die wir (mit unseren "westlichen" Hörgewohnheiten) gut finden. Leider wird die Musiktheorie zu oft auf den Kopf gestellt und als Vorschriftensammlung interpretiert.
Interessanterweise kann eben diese Beschreibung einem zu neuen Horizonten verhelfen. Beispiel: Sich einfach mal mit den Kirchentonarten auseinandersetzen. Zugegeben: Man braucht diese Horizonte wohl in geschätzt 95% aller populären Musik nicht. Der Quintenzirkel ist da schon viel.
GUU 11. Sep 2013 14:36 Uhr
Nun, ich bin bei diesem Thema immer hin und hergerissen.Zum Einen sage ich mir manchmal, wie schön doch eine theoretische Grundbestückung hilfreich wäre.Andererseits beobachte ich viele "studierte" Musiker, die mit erhabenen Wortgeflechten um sich werfen und dann in der Praxis stets Notenblätter brauchen, um eigene Songs umzusetzen.Diese sind dann in einer Bandbesetzung nur bedingt brauchbar, wenn es darum gehr, Neues zu entwickeln.Ich konnte es mir immer nicht vorstellen, dass solche "Notenfredis" engelsgleich vom Blatt spielen, aber in einem z.B.4 Akkordstück nicht in der Lage sind, ihren Einsatz zu hören.Aber sowas gibts tatsächlich.Ich glaube aber, dass Autodidakten, wenn sie tiefer in ihre Stücke eindringen, zwangsläufig auch theoretisches Grundwissen streifen, um dieses dann für sich zu erweitern.Man nutzt es quasi für seinen musikalischen"Freigeist" und dann ist es gut.
Uli 11. Sep 2013 15:09 Uhr
Ich glaube, man darf "nach Noten spielen" und "Harmonielehre" nicht verwechseln. Nur weil jemand technisch fehlerfrei ein Stück vom Blatt spielt, heißt das noch lange nicht, dass die Person auch weiß, in welchem rhythmischen und harmonischen Kontext das Gespielte steht.
Allerdings habe ich auch schon bei einigen "klassisch" ausgebildeten Musikern erlebt, das ohne Noten plötzlich gar nichts mehr geht - aber das eine schließt das andere definitiv nicht aus.
Andersherum halte ich Notenkenntnisse für wichtig, wenn man etwas tiefer in die Harmonielehre einsteigen möchte. Ansonsten kann es leicht passieren, dass man durch eigenwillige Akkord-Notationen (z.B. Ges-Moll statt Fis-Moll bei einem Stück in A-Dur) Verwirrung stiftet.
Shang Lee Foo 11. Sep 2013 17:42 Uhr
Musiktheorie ist das Fundament dessen zu wissen,was man macht.
Sie ist jedoch kein Garant dafür,um etwas gut zu machen.
Raphael 11. Sep 2013 22:19 Uhr
Nun...ähnlich wie die Grammatik in einer Sprache beschreibt die Musiktheorie ja nur was harmonisch von statten geht (zumindest in der modernen Harmonielehre). D.h. es gibt durchaus auch Leute, die auch ohne musiktheoretische Kenntnisse ein extrem gutes harmonisches Gespür aufgebaut haben. Ich gehöre nicht zu denen. Ich habe relativ spät angefangen mich mit meinem Instrument, bzw. meinen Instrumenten sehr intensiv zu beschäftigen.
Für mich war, neben der Gehörbildung und noch ein paar anderen Sachen, das behäbige Arbeiten an meinen musiktheoretischen Fertigkeiten eine der Schlüsseldinger, die mich extrem weiter gebracht haben.
Ich weiß ich weiß...wenn die meisten Musiktheorie hören, dann passiert das Gleiche, wie wenn man Grammatik sagt....der Rolladen geht runter. ABER...wenn man Musiktheorie nicht im Vakuum betrachtet, sondern anwendet, dann bekommt man auch einen Blick für Möglichkeiten, die weit fernab der A-Moll Pentatonik liegen. Wenn man das dann erkannt hat sollte man im nächten Schritt wieder alles vergessen und sich auf sein Gefühl verlassen.
Roman Hirade 03. Jun 2016 07:30 Uhr
Sehr wichtig. Um vor sich hinzuklimpern und nicht zu wissen wie sich ein sus4 oder sus2 auswirkt und was folgen sollte, man es aber einfach hört, brauchts keine Theorie. Aber sobald man mit anderen zusammen Musik macht und schafft, ist eine gute Grundausbildung sehr hilfreich. Dann merkt man auch, bei den Mitmusikern die keine Theoriekenntnisse haben, was ihnen eigentlich fehlt. Es ist dann auch schwierig mit ihnen zu arbeiten.
Für mich gilt, je mehr ich theoretische Musikkenntnisse habe, je mehr macht es mich an, noch mehr zu lernen. Es ist keine trockene Welt, sondern eine grosse Bereicherung für den aktiven Musiker
Und nein, Notenlesen zählt für mich nicht zwingend zur Musiktheorie. Das ist glaube ich auch das was viele abschreckt.
Patrick P 04. Jun 2016 06:51 Uhr
Hi,
gerade wenns um akkordfolgen geht, da denkt doch jeder an die Akkorde die in der Tonart sind und nimmt erst mal die , es sei denn man will irgendwie eine andere Art von Stimmung oder Spannung oder so erzeugen, da nimmt maan schon mal andere, alleine um den Zuhörer zu erschrecken... ich habe neulich mal ein A Bb H C (chromatische Akkordfolge mit Powerchords) gemacht und dann überlegt, was spiele ich da wohl drüber.... hab das dann als Am un Bb-Dur gesehen - FDur skala und dann als Hm und Cdur - G dur skala. Das klang gut und somit war dieses problem gelöst...
gruß patrick