Tutorial Filmton, Videoton & Vertonung – Teil 2
Vorbereitung zum Tutorial Filmton, Videoton & Vertonung
Nachdem wir alle Begrifflichkeiten geklärt haben, können wir beinahe anfangen mit dem Videoton und der Vertonung. Filmtonmischungen können sehr komplex sein und bis zu zwei oder drei Wochen dauern. Für dieses Tutorial gehe ich aber von einer einfachen Form aus.
Wir nehmen an, dass wir die Tonmischung für einen Videobericht produzieren wollen. Hierbei sind der O-Ton, der Off-Text, die Musik und die Atmosphäre wichtig. An dieser Stelle ist die Zusammenarbeit mit dem Cutter (der das Video schneidet) unabdingbar, da dieser die „rohen“ Spuren exportieren muss.
Dabei ist es nützlich, wenn sich die Audiospuren der einzelnen Videoclips etwas überlagern. Dies ist beim Setzen schöner Fades in der Tonmischung (genau wie auch in der Musikproduktion) hilfreich. Des Weiteren müssen die Spuren frei von Verstärkungen, Automationen, Fades und sonstigen Audioeffekten sein. Der Cutter hat drauf zu achten, dass er in seinem Videoschnittprogramm keine Audiobearbeitung vornimmt.
Passend dazu
- Steinberg Nuage: Mischkonsole für Nuendo
- Filmton, Videoton & Vertonung – Einführung (Teil 1)
- Video Tutorial Routing: AUX- und Insert-Effekte erklärt (Teil 2)
- Video Tutorial: Cubase 4 Basics – Werkzeuge 2
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Ebenso wichtig ist ein frühzeitiger Export des Videos in niedriger Qualität, damit Du dich während der Tonmischung daran orientieren kannst. Erst so wird klar, an welchen Stellen Fades eingesetzt oder Schnitte gesetzt werden können.
Hands On: Tutorial Videoton & Vertonung
Wir laden alle Audiodateien und das Video in die DAW-Software. Ich selbst bevorzuge hier Steinberg Cubase oder Apple Logic. Erstgenanntes eignet sich besonders gut, da hier die Funktion Clip Gain zur Verfügung steht, mit der sich alle Clips in ihrer Lautstärke individuell anpassen lassen.
Danach normalisieren wird alle Spuren, schneiden und löschen die leeren Zwischenräume. Danach können wir die Lautstärkeverhältnisse an unsere Vorstellungen bzw. Vorgaben anpassen. Natürlich müssen im Vordergrund der O-Ton und der Off-Text stattfinden, also laut bzw. lauter als ,,der Rest“. Die Musik soll lauter als die Atmosphäre sein, welche nur leise im Hintergrund zu hören sein wird. Ein guter Richtwert und Startpunkt für die Atmosphäre wäre vielleicht -20 dB.
Danach schaffen wir durch schöne Fades Übergänge, die sich hören lassen. Falls es mal schwierig werden sollte, ist hier ein kurzer Tipp: Nimm ein Stück Atmosphäre, kopiere dieses unter Fades und mische es im Mixer dazu. Die unterschiedlichen Tonspuren verschmelzen miteinander und der Übergang gelingt dir damit nahtlos.
Manchmal kann es vorkommen, dass die Tonaufnahmen nicht sauber aufgenommen wurden. Brummen, Knackser oder andere Störgeräusche können beim Abmischen sehr unangenehm klingen und werden am besten ganz entfernt. Hier kannst Du am besten deine dir vertrauten Plugins zur Restauration verwenden.
Jetzt kommen für dich die wahrscheinlich bekannten Arbeitsschritte. Fangen wir mit dem O-Ton und den Off-Text an. Zuerst wenden wir auf beide, falls es nötig ist, einen De-Esser an. Danach einen EQ, wir entfernen störende Resonanzen, definieren mit einem Low-Cut geschlechtsspezifisch den Tiefenbereich und betonen die Präsenz der Stimme.
Anschließend gilt es, die Dynamik zu verringern und der Stimme mehr Kraft und Präsenz zu verleihen. Dazu nutzten wir natürlich den Kompressor.
Diesen können wir auch an einer anderen Stelle gut einsetzten: Bei der Musik. Unser Stichwort hier lautet natürlich „Voice Over“, für das wir eine Sidechain-Funktion benötigen. Als Steuersignal nutzten wir die Spur des Off-Textes. Den Treshhold senken wir ab und mit Attack und Release können wir Fade In und Fade Out der Musik im Detail definieren.
Mit dieser Methode ersparen wir uns eine lästige sowie zeitaufwendige Automation, wenn die Musik leise unter dem Off-Text laufen soll. Wenn jetzt zuerst nur die Musik zu hören ist und dann der Off-Text einsetzt, wird die Musik automatisch abgesenkt. Sehr praktisch.
Einfacher wird die Vertonung bei der Atmosphäre. Hier ist ein Low-Cut bei ca. 150 Hz meist ausreichend.
Summenbearbeitung im Filmton, Videoton & Vertonung
Letztendlich widmen wir uns der Summenbearbeitung, bei der Du darauf achten solltest, nicht weiter zu komprimieren. Der Filmton ist generell sehr dynamisch und sollte nie gepresst klingen, daher ist eine Summenkompression nicht nötig. Eine Limitierung völlig ausreichend.
Zur Ausgangslautstärke ist anzumerken, dass es eine standardisierte Norm gibt. Bei Fernsehsendern, Film- und Medienproduktionen gelten -9 dBFS als Vollaussteuerung. Falls Du deine Tonmischung für einen Fernsehsender oder ein Filmstudio angefertigt hast, solltest Du dich an diese Vorgabe halten. Des Weiteren kannst Du zusätzlich eine 0 dBFS Variante anbieten.
Wichtig: Die Mischung sollte monokompatibel sein, Fernsehsender und DVD-Produktionsfirmen bestehen darauf.
Bei einem Webvideo kannst Du dich wesentlich freier bewegen. Zwar sollten auf einem YouTube- oder Vimeo-Kanal alle Videos die gleiche Lautstärke (Lautheit) haben, damit der Zuschauer nicht am Lautstärkeregler drehen muss. Doch wie der Output des Limiters eingestellt ist, bleibt dem Produzenten überlassen.
Schlußwort
Dieses zweiteilige Tutorial hat dir hoffentlich eine gute Einführung in das Thema Filmton, Videoton und Vertonung geboten. Natürlich spielen bei einer Tonmischung auch (vielleicht sogar vor allem) die Vorstellungen des Regisseurs eine wichtige Rolle. Mit diesem steht und fällt meist der ganze Film, deshalb ist die Zusammenarbeit mit ihm unabdingbar.
Ein Film entsteht durch die Arbeit von vielen einzelnen kreativen Personen, die ein Gesamtkunstwerk erschaffen.
zu 'Tutorial Filmton, Videoton & Vertonung – Teil 2'
selim tolga 26. Jun 2012 23:04 Uhr
sehr interessanter Post, vorallem die Tipps mit den Plugins zur Restauration! danke
daniel 29. Jun 2012 02:44 Uhr
ziehe ich meinen Stereo Out Fader dann einfach auf -9 db runter oder mach ich das im Limiter?
Danke! :)
Bony 04. Jul 2012 10:31 Uhr
Hallo Daniel,
ich würde den Limiter auf -9db setzen. Natürlich muss du dabei drauf achten, dass die Limitierung nicht so stark ist, sonst macht es ja den Sound kaputt.
Eine andere interessante Sache ist die neue EBU R128 Norm. Dazu kannst du dir das Tutorial von Friedemann Tischmeyer (auch auf Delamar) durchlesen.
Beste Grüße
Bony
daniel 04. Jul 2012 18:46 Uhr
Danke für die Antwort.
aber um genau das zu vermeiden, dachte ich, ich zieh lieber den Master runter an statt die Limitierung bei -9db zu setzen..
Ja, ich versuche nach dieser neuen Norm zu mischen. Kenne aber den Artikel von delamar noch nicht, muss ich noch lesen :)
Bis jetzt habe ich Filme für Web auf 0 db gemischt und habe mit -9db noch keine wirklichen Erfahrungen gesammelt.
Bony 04. Jul 2012 19:22 Uhr
für das WEB brauchst du dich nicht an die -9db halten. Die -9db spielen im WEB Bereich keine Rolle.
daniel 04. Jul 2012 23:07 Uhr
ja, das meine ich ja auch,
nach dem "0 db gemischt" ist sozusagen neues Thema ;)
mit -9 db mischen hab ich noch keine Erfahrung, mach das aber gerade, wegen Festivals Einreichung, unteranderem sundance usw... Da wäre es doch besser auf -9db zu mischen!?