Wann ist deine Musik vollendet?
Macht es dir etwas aus, wenn Du Kompromisse eingehen musst, oder siehst Du das als notwendiges Handwerk an? Kannst Du dir den Luxus leisten, ausgiebig an Details zu feilen oder Dinge immer wieder umzukrempeln? Wie sehr kannst Du das genießen und wie oft erwachsen daraus musikalische Glücksmomente und Aha-Erlebnisse?
Inwiefern spielt das Rohe, Unvollendete, Zwanglose eine Rolle in deiner Musik? Und gelingt es dir gegebenenfalls aus dem Jammen, der Improvisation so viel Material anzuhäufen, dass Du dich später aus dem Pool der Aufnahmen bedienen und ganz geschwind einen Track daraus basteln kannst?
Ein anderer Blickwinkel: Muss deine Musik überhaupt fertig arrangiert sein oder verlegst Du dich rein auf das Schrauben an Rhyhtmen, Melodien und Effekten während der Live-Performance? Wann bist Du fertig mit dem Abmischen? Recording? Mastering?
Passend dazu
- Sprich dich aus: Wie verbissen bist Du? Pro & Contra Perfektionismus
- Sprich dich aus: Gibt es gute und schlechte Musik?
- Sprich dich aus: Aus welchen Fehlern hast Du gelernt?
- Sprich dich aus: Musikalische Schulung vs. Autodidaktik
- Sprich dich aus: Aha-Erlebnisse bei Musik & Musikmachen
Auf mindestens eine dieser Fragen wird wohl jeder Musiker und Produzent eine Antwort haben – wir freuen uns sehr über deine Erfahrungsberichte und Einblicke in dein musikalisches Schaffen!
zu 'Sprich dich aus: Wann ist ein Musikstück »fertig«?'
Sebi Wolf 12. Nov 2013 12:58 Uhr
da geht doch immer noch was....
Mex 12. Nov 2013 14:26 Uhr
Man kann ein Stück auch kaputt perfektionieren und manches dadurch eher "Verschlimmverbessern" !
Das passiert meistens dann wenn man bemerkt, das bei aller Überperfektion die Seele eines Songs flöten gegangen ist und alles nur noch rein konstruiert klingt oder jemand versucht, sein Ego in den Vordergrund zu rücken !
Ein Song ist z.B. für mich eigentlich "schon fertig", wenn ich merke, das die nach Tagen oder Wochen noch zusätzlich hinzugefügten Ideen einfach zu viel des guten sind.
Dann gehe ich zurück zu dem Punkt und der Version (zumeist die Vorletzte), wo das Feeling noch stimmte und lasse Sänger ab diesen Punkt den Song noch einmal neu einsingen.
Es ist quasi ein Prozess der "Ausmistung".
Wenn dann alles insofern aufgenommen ist und der letzte Take fiel, lasse ich den Song meist 2 Wochen ruhen und mache andere Dinge. Die Zeit braucht man einfach um Abstand zu gewinnen und den Song dann auch ganz anders hören wird, finde ich.
Nach dieser Ruhephase wird ein evtl. nicht ganz zufriedenstellender Part noch einmal besser eingesungen- aber zumeist geht es nach der Ruhephase nur an die finale Abmischung.
Und ich hasse das, wenn dann nach dem Finale noch jemand ankommt und meint, an dieser oder jenen Stelle hätte er vlt. noch gerne dies oder das drin gehabt.
Ich argumentiere dann gerne (und meistens richtig) ob es denn irgendjemand auffällt oder für so extrem wichtig hält, ob es an dieser oder jenen Stelle nun "kling" oder "klong" macht oder eine halb offene Hi-Hat auf der 4u nun das Feeling so dramatisch ändert und der Song ohne dies nicht mehr funktioniert ?
Wie anfangs gesagt, man kann Dinge auch kaputt perfektionieren !
Tom 12. Nov 2013 15:30 Uhr
martin von den chvrches sagte letztens in einem interview, dass eine deadline dabei hilft iwann "schluss" machen zu müssen.
zwar kommt sowas eher selten im hobbybereich vor, aber da muss man sich selbst ne grenze setzen.
audiobus 12. Nov 2013 17:23 Uhr
Deadlines setzen hilft wirklich!
Alex 28 12. Nov 2013 23:06 Uhr
Ja man kann sehr viel, mit zu viel Perfektion in jedes Element, kaputt machen, ja sogar einen guten Song förmlich deformieren.
In einem kürzlich erschienenen Song eines guten freundes von mir, stand ich vor genau diesem Problem. Ich hatte etliche, qualitativ gut aufgenommene Elemente. Alles zusammen in top Qualität drückte sich gegeneinander aus. Also sorgte ich, egal wie absurd das jetzt klingen mag, mit Absicht dafür, Signale an einigen Stellen in deren Frequenzen zu begrenzen und teilweise so, sogar für einen richtig schlechten Klang solo gehört gesorgt.
Im Mix aber genommen, sorgte es für einen deutlich besser klingenden Song. Es hat hier einfach sehr viel gebracht die richtigen Elemente an richtiger Stelle nach vorn zu holen und das was gerade nicht im Vordergrund sein soll nach hinten zu setzen.
Zusammengefasst darf auch gern etwas im Mix schlecht klingen. Ich finde sogar, das das dem Song einen gewissen, eigenen Charme geben kann.
Hirade 13. Nov 2013 08:02 Uhr
Hallo Alex
Was Du da machst ist eigentlich üblich im Studio beim mixen. Oft spielen einige Instrumente im selben Frequenzbereich mit und vermatschen so den Sound. Dann geht man hin, sucht die am meisten charakteristische Frequenz der einzelnen Instrumente und achtet darauf dass diese unterschiedlich sind, und die restliche Frequenz wird runtergedrückt.
In den einzelnen Spuren klingen die dann stumpf und schlecht ge-EQuet, aber in der Summe hast Du dann einen ausgewogenen Sound.
Machst also intuitiv alles richtig ;)
McDjBoahEy 12. Nov 2013 23:42 Uhr
Meine Songs sind erst dann fertig wenn meine Freundin sagt, das klingt gut ud nicht voll scheiße :D
Sie hat absolut keine Ahnung von Musikproduktion und sie ist einfach nur Fan.
Aber trotzdem kritisch.
Die Musik ist mal zu leise.
Da wird schief gesungen.
Mal klingen die Sachen irgendwie komisch.
Der Sound ist schlecht usw.
Ein ähnliches Lied klingt aber viel besser usw.
So wie die anderen Leute auch nur Konsumenten sind und null Ahnung von Musikproduktion haben aber trotzdem Ansprüche stellen, entscheiden die doch ob Songs gut klingen oder eben nicht !
Es gibt nichts besseres als völlig unbeteiligte Personen die einfach nur sagen ob ihnen ein Song wirklich gefällt oder voll shit finden.
Gefällt ihnen einen Track ohne bei jeder kleinsten Kleinlichkeit zu meckern nur damit sie was zu meckern haben, ist der Song dann auch fertig :D
So simpel kann das manchmal sein ;-)
IrgendeinThomas 13. Nov 2013 01:18 Uhr
Das würde jetzt teils noch zum "Sprich dich aus" von letzter Woche passen...denn einer meiner Anfängerfehler war es mittelmässige Ideen noch mit Klangfülle, mit diesem und jenem Instrument und zusätzlicher Spur usw. zu retten. Ich dachte eher an "da fehlt noch etwas" als die Grundidee und den Kern des Stücks zu hinterfragen, denn oftmals ist weniger mehr wie man so schön sagt. Nur muß dann dieses "Wenige" auch inspiriert und kreativ sein sonst ist dieser nette Spruch höchstens nur eine Selbsttäuschung. Wenn ich also das Gefühl habe die Grundidee stimmt dann reflektiere ich kritisch ob da noch etwas gewinnbringendes dazupassen könnte. Wir haben ja heutzutage das Computerzeitalter mit Cut/Copy/Paste usw. wo man auch schon sofort klanglich überprüfen kann ob es auch paßt oder nicht und notfalls einfach wieder verwirft. Für mich ist also ein Stück fertig (um es jetzt irgendwie auf ein Fazit zu bringen...zum. zu versuchen ;-) wenn ich das Gefühl habe jedes weitere Instrument, jeder weiterer Klang daran würde zum. keinen Mehrwert zum schon Vorhandenen bringen. Inweiweit es dauert bis ich zu dieser Einsicht komme ist wieder eine andere Frage, aber irgendwann kommt die immer.;-)
The Coffee 13. Nov 2013 01:22 Uhr
Ich produziere seit 9 Jahren elektronische Musik, und habe jetzt gerade 1 Song offiziell im Netz, da ich sie regelmäßig wieder runter nehme wenn sich eine Qualitätssteigerung in den Songs wieder findet, um einfach keine zu starken Kontraste zu präsentieren.
Ich bin da einfach zu perfektionistisch. Manchmal lasse ich Projekte an denen ich 2 Monate gearbeitet habe einfach stehen, da ich den letzten Schliff nicht so hinbekomme wie ich ihn mir vorstelle, und fang ein neues Projekt an.
Ich habe an die 40-60 halbfertige Songs am Rechner, die so nie eine CD sehen werden.
Teilweise fertige ich auch Tracks einfach aus diesen ganzen Anfängen, Refrains, Ideen an, um auf neue Ergebnisse zu kommen.
Sehr oft schmeiße ich auch noch knapp vorm Export alles hin, lösche ganze Projekte.
Mein Perfektionismus reicht da so weit dass ich Situationen der Hörer mit einbeziehe: Bringt das live das richtige Feeling, in welcher Situation hört man sich dieses Lied an, und anhand dieser Informationen verändere ich die Tracks, oft auch zum schlechten.
Durch diese extreme Arbeitsweise hoffe ich jedoch bald wirklich gute Ergebnisse zu liefern, mit denen ich auch selbst zufrieden bin.
Skellington 13. Nov 2013 01:48 Uhr
Wenn der Kunde es braucht und einfach keine Zeit mehr zum Rumfrickeln ist ;-)
Hirade 13. Nov 2013 08:09 Uhr
Wenn ich für mich selbst aufnehme, so ist meist der pre Record (alle Instrumente mal "schnell" aufnehmen für einen Gesamtüberblick und Basis Vocals) die beste Version. Insbesondere im Solobereich spiele ich da am lockersten und hab die Musik im Blut (spiele oft Improvisation).
Danach kommt das sauber Aufnehmen, und eben im Solobereich verkrampfe ich ab und an dann irgendwie.
Kurz: die Erste Version ist meist die Beste.
So habe ich angefangen, auch den pre Record "richtig" aufzunehmen und kann dann darauf zurückgreifen, wenns mit der sauberen Version nicht mehr klappen will (weil ich die pre Version nachspielen will weils doch so geil gespielt war;)
mk 01. Jan 2014 15:54 Uhr
Das kommt mir bekannt vor. Gute Idee auf der Gitarre improvisiert und dann beim wiedereinspielen das es besser klingt ist es dann doch nicht immer wirklich "besser". :-)
Franz – Hermann Schmidt 13. Nov 2013 09:16 Uhr
Ich hatte und habe immer noch die Erlaubniss von einem Komponisten einen seiner Titel zu Covern und neu zu veröffentlichen.
Bedingung war, dass er vorher reinhören konnte.
Als wir dann meinten fertig zu sein mit dem Song (Wir spielten und spielen ihn immer noch bei unseren Live Events mit grossem Beifall), da gefiel es dem Komponisten nicht so richtig.
Auch in Feedbacks auf Internet Seiten, wurden uns 1000 verschiedene Meinungen offeriert.
Seitdem, mache ich das was ich für gut halte als fertig,
Und lasse Leute mit Halbwissen überhaupt nicht mehr Feedbacken.
Entweder Das Masteringstudio nimmt den oder die Songs an, oder nicht.
Wenn ja, ist der Mix auch technisch in Ordnung.
Soviel Ehrlichkeit muss sein, das Der Mastering sagt, dass es so noch keinen Zweck hat.
Ich habe mich wegen des Songs damals verrückt gemacht.
Ende vom Lied war keine CD.
Jetzt frage ich nicht mehr lange, sondern tue es einfach, wenn ich meine es ist gut. Natürlich habe ich noch ein zwei kompetente Referenten die Gegenhören. Und wenn die den Daumen heben, ist es wirklich gut.
Jedenfalls sicherer, als sich eine Meinung bei den ganzen Möchtegern Hobby Komponisten und Produzenten die sich zu Hauf in den Foren Tummeln und große Backen blasen, zu holen.
LG Condor
Lucas 13. Nov 2013 14:24 Uhr
Sich dutzende Feedbacks zu holen ist auch meiner Erfahrung nach kontraproduktiv.
Zu viele Köche verderben den Brei und zu viele Meinungen tragen kaum zu einer objektiven Beurteilung bei.
An solchen Analyseprozessen sollten nur die mitwirkenden Musiker und der Toningenieur beteiligt sein und ein für alle zufriedenstellendes Ergebnis erarbeitet werden, bei der ajemand die Produzentenrolle intus hat und das letzte Machtwort spricht.
Ansonsten verrennt man sich in ewig langen Diskussionen.
VG Lucas
Heiko 13. Nov 2013 10:56 Uhr
So Zusammen, mal wieder sehr interessante Fragestellung. Hier mein mentaler Senf:
Das Einzige was mir hilft sind Deadlines und Ziele. Nicht nur von Kundenseite, sondern auch Deadlines und Zwischenziele, die man sich selbst setzt. So ist es zwar manchmal ein echter Kampf einen Song fertig zu stellen, aber im Endeffekt ist man froh und kann das Projekt abhaken. Leider ist es selten der Fall, das ein Song einfach leicht von der Hand geht. Aber ich bin der Meinung, dass es auch nichts deprimierenderes gibt, als eine gute Songidee verfallen zu lassen, weil man sich in Details verliert oder nicht weiß wie man weitermachen soll.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es hilft sich
gewisse Ziele für die Produktionssession zu setzen und sich nur auf bestimmten Sache konzentriert. Ganz pragmatisch mit To-Do-Liste, die man abarbeitet.
z.B. Fertigstellung Arrangement, Rough-Mix Down, Austausch Snare. Ansonsten verliert man sich immer in Details, die einem selbst nach ein paar Monaten nicht mehr auffallen und der externen Hörerschaft nie aufgefallen wären. Wie auch bei vielen Dingen, so finde ich auch bei Musik gilt die Regel: 90% Qualität zu erreichen geht schnell, aber die letzten 10% rauszuholen ist sehr aufwändig. Und da Musik ein sehr subjetkives Gut ist und Qualität nicht klar definiert werden kann, muss man meines Erachtens gar nicht die 10% rausholen sondern lieber die 90% ordentlich machen.
Und die 90% erreicht man durch eine klare Strukturierung des Produktionsablaufes und durch setzen von Zwischenzielen. Meine Vorgehensweise ist daher:
1. Ideenkreation (Kreativophase)--> ohne zeitlichen Spielraum
2. Abwägung ob Idee sich lohnenswert für volle Produktion: Am besten mit externen Hörern und zeitlichem Abstand, da man dazu neigt im ersten Moment alle neuen Ideen gut zu finden
3. Produktion mit klar definierten Zwischenzielen: Instrumentierung, Arrangement, Rough-Mix, Feintuning
4. Zeitlicher Abstand: Mit etwas abstand steigt die eigene Objektivität zur Idee/Song
5. Entscheidung Final Mixdown oder Produktionsmüll: Lieber eine gute neue Idee anfangen als sich an etwas mittelmäßigen Festbeissen.
Mir hat dies enorm geholfen, meine Ideen endlich fertig zu stellen. Die Hörer können oft schon anhand von Ideen beurteilen, ob sich das ausproduzieren eines Songs lohnt.
Wobei ich noch erwähnen muss, dass sich dies nur auf das ausproduzieren von einer Songidee bezieht.
Für die kreativ Phase der Ideenfindung hilft meines Erachtens nur Emotion und sich treiben zu lassen.
LG Heiko
Mischa 14. Nov 2013 11:58 Uhr
Ein Song ist für mich fertig wenn er mir nach Abschluss des Mixings und einer Abhörpause von 3-4 Tagen beim ersten durchhören immernoch gefällt :)
Mit frischen Ohren fallen mir solche Entscheidungen immer sehr leicht von der Hand.
Raphael 30. Jun 2016 11:30 Uhr
Nach 2 Jahren und 3 Remastered-Versionen :D geht mir jedenfalls manchmal so ..
Ivory 30. Jun 2016 14:08 Uhr
Nie!!! :-D
Patrick P 01. Jul 2016 15:04 Uhr
Hab mir zum Ziel gesetzt pro MOnat ein Song... wenn der Monat rum ist muss der Song fertig sein. Er wird dann behalten, egal ob er gut oder schlecht ist. Ist er aber nicht fertig, was immer das heißen mag, kommt er in den Mülleimer