Wie berechne ich das Pre-Delay für einen Reverb?

Pre-Delay

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Pre-Delay berechnen

Kurz und knackig: Das Pre-Delay ist die Zeit, die besagt, wie spät ein von einer Wand reflektiertes Audiosignal nach dem Originalsignal eintrifft. Diese Information allein hilft nur begrenzt weiter, wenn Du einen Raum gezielt nachbilden möchtest. Wenn Du dir aber den Weg, also die Entfernung des jeweils zu positionierenden Musikers von einer Wand vorstellst (z.B. beim Konzert dort, wo dein Logo prangt), so wird die Problematik greifbarer. Ich verwende auf allen zu behallenden Kanälen das gleiche Plugin und ändere im Prinzip nur die Pre-Delay-Zeit. Ergebnis: Man erhält so relativ authentisch EINEN Raum für alle Musiker.

Bevor ich auf die folgenden Überlegungen kam, ist mir selbst manchmal der Kragen geplatzt, weil man einfach keine Richtwerte hat und nach Gefühl am Regler herumdreht. Dabei ist die Grundvorstellung eigentlich so simpel. Für den folgenden Abschnitt brauchst Du ein bisschen Schulphysik. Wenn dich die Theorie nicht interessiert, kannst du gleich zur Formel scrollen. Ich persönlich finde es aber wichtig, eine greifbare Vorstellung zu entwickeln, daher hier die Herleitung:

Der Schall hat in einem Raum mit Temperaturen zwischen -20 °C und 20 °C eine Geschwindigkeit von 320 bis 344 m/s. Für unsere Berechnung nutzen wir 333,33 m/s, also etwas in der Mitte. Die altbekannte Formel für die Geschwindigkeit ist v=s/t. Dabei ist v die Geschwindigkeit, s der Weg und t die Zeit. Da wir die (Pre-Delay-)Zeit berechnen wollen, stellen wir die Formel um zu t=s/v.

Pre-Delay

Nehmen wir nun als Beispiel eine Gitarre aus der Skizze. Unser Gitarrensignal wird in 5 Metern Entfernung von der Reflexionswand abgegeben. Das reflektierte Signal muss den Hin- und Rückweg zur Wand, also 2*5 m mehr zurücklegen als das Originalsignal. Setzen wir nun in unsere Formel t=s/v ein und erweitern den entstehenden Bruch mit 3:

Pre-delay

Es würde eine Zeit in Sekunden herauskommen, wir wollen aber Millisekunden. Der Umrechnungsfaktor ist 1000, also ergibt 1s=1000ms. Lass dich nicht durch das m für Meter und das m bei ms für Milli durcheinanderbringen!

Wenn wir nun in unserer Formel …

Pre-Delay

… die Sekunden durch Millisekunden ersetzen, kürzt sich eben genau die 1000 im Nenner mit der 1000 von der Umrechnung. Was bleibt, ist simpel: t=6∗5 ms. Also:

Pre-Delay (ms) = 6 * Entfernung der Schallquelle zur Wand in Metern

 

Lesermeinungen (25)

zu 'Wie berechne ich das Pre-Delay für einen Reverb?'

  • Tonstudio 0815   08. Mrz 2012   19:24 UhrAntworten

    Sehr guter Artikel! Weiter so!

  • sixtyfourandtwo   08. Mrz 2012   22:46 UhrAntworten

    danke, nach so einer praktischen aber nicht zu trivialen erklärung habe ich lange gesucht. guter start ;)

  • Harald Roebers   09. Mrz 2012   11:51 UhrAntworten

    Hallo Florian, und wie machst du das jetzt in der Praxis: Zitat: "Ich verwende auf allen zu behallenden Kanälen das gleiche Plugin und ändere im Prinzip nur die Pre-Delay-Zeit." Wo stellst du die einzelne Pre-Delay Zeit pro Kanal bei nur einem HallPlugin ein?? lg Harald

  • Tonstudio 0815   09. Mrz 2012   19:00 UhrAntworten

    @ Harald Roebers:
    Er verwendet das Plugin auf jedem zu behallenden Kanal das gleiche Plugin mit gleichen Einstellungen, bloß mit einer anderen Pre-Delay Zeit. Beispiel: 5 Kanäle = 5x das Reverb-Plugin (mit gleicher Einstellung (Present) aber unterschiedlicher Pre-Delay Zeit.)

    ...also einfach mehrere "Instanzen"...

    Tipp: Nimm einen "Room" Effekt!

  • Flo   09. Mrz 2012   19:36 UhrAntworten

    Danke Harald,

    genau so mein ich das. Ich benutze das gleiche Plugin mehrmals mit verändertem Pre-Delay-Zeiten :-)

  • Mario Laemmerhirt (delamar)   09. Mrz 2012   20:05 UhrAntworten

    Es geht aber auch mit nur einem Hall PlugIn!
    Man erstellt sich als erstes einen Effektkanal mit dem Hall PlugIn seiner Wahl und macht die gewünschten Einstellungen.
    Wenn wir bei dem obrigen Beispiel bleiben bräuchte man 3 Hall Instanzen nämlich für die Vocals, Drums und die zwei Gitarren.
    Einfacher ist es wenn man sich noch 3 Effektkanäle erstellt in die man immer ein Stereo/Mono Delay insertiert. Die Delayzeit auf millisekunden stellen, sync aus, feedback auf null, wet/dry auf 100 Prozent Wet. Diese drei Kanäle agieren nun als Pre-Delay (zeitliche Verzögerung des Signals) und werden direkt in den Effektkanal geroutet in dem das Hall PlugIn insertiert ist.
    So kann man ganz leicht seine virtuelle Bühne aufbauen und spart auch CPU-Leistung!

  • Marcel   10. Mrz 2012   15:35 UhrAntworten

    Das klingt so einfach...
    Aber wie bekomme ich denn dann trotzdem eine extreme Tiefe wie z.B. bei der Band Dredg mit "Bug Eyes". Die Vocals und alles klingt super zusammen und trotzdem ist dort eine Tiefe zu hören, was ja kein kleiner Raum ist.
    Ich meine die Formel oder die Erklärung hier bezieht sich ja in erster Linie darauf das alles zusammen klingt und aus einem Guss und nicht wie bei Amateuren teilweise schon völlig zusammenhangslos.

  • Tonstudio 0815   10. Mrz 2012   16:53 UhrAntworten

    @Marcel:

    Die Formel hier bezieht sich nur auf einen Room Effekt beim Mixen. (man kann auch beim Mastering alles in einen "Raum" setzen, aber dann kann man die Instrumente nicht so gut im Raum verteilen)

    Um auf deine Frage zurückzukommen: Das hat mit "Room" nix zu tun, sondern das ist en "Plate"-Reverb. Das ist was ganz anderes. Ein Plate gibt immer den Vocals Tiefe oder Natürlichkeit. Auch bei der Snare Drum ist ein guter Plate-Fx wichtig.

  • Andi   11. Mrz 2012   12:21 UhrAntworten

    vielen vielen Dank für diesen nützlichen Praxistip ... gute reverb einstellungen sind meiner Meinung nach das A und O beim mixen ... freue mich schon auf weitere Tips dieser Art!!!

  • Lukas   19. Mrz 2012   08:43 UhrAntworten

    Klasse Artikel!
    Weiter so, ich würde mich freuen noch mehr Technische/Mathematische Hintergrundinformationen auf Delamar zu finden.

  • Joko   17. Apr 2012   17:49 UhrAntworten

    Was ist bitte mit dieser Satz gemeint: "Wenn Du dir aber den Weg, also die Entfernung des jeweils zu positionierenden Musikers von einer Wand vor (z.B. beim Konzert dort, wo dein Logo prangt), so wird die Problematik greifbarer."? Verstehe ich nicht!

    • Felix Baarß (delamar)   18. Apr 2012   08:49 UhrAntworten

      Hallo Joko, statt »vor« hätte »vorstellst« dastehen müssen, hab´s korrigiert.

  • urban   04. Jul 2012   14:45 UhrAntworten

    Super Artikel nur habe ich das nciht verstanden warum der Faktor 3 benutzt wird?

    Gibt es da eine erklärung.

    MfG Urban

    • Gurrrr   02. Jan 2013   00:43 UhrAntworten

      Jup, gibt es :)

      '333,33' ist die Rundung von '333 + 1/3'

      Wenn man mit 3 mutipliziert ergibt sich folglich

      '3*333 + 3*1/3 = 999 + 3/3 = 999 + 1 = 1000'

      Um von der SI-Einheit Sekunde auf Millisekunden zu kommen, die bei Delay ja auch angegeben werden, und nicht mit unhandlichen Kommazahlen zu arbeiten, wird am Ende das Ergebnis mit 1000 multipliziert.
      Diese 1000 finden sich durch den kleinen Trick mit der 3 in der Gleichung wieder und koennen weggekuerzt werden :)

      Also '6*s/1000*1000 = 6*s'

      So hat man ein schoenes und vor allem schnell schaetzbares Ergebnis!

  • Yomo   10. Sep 2012   02:10 UhrAntworten

    Raum ist die halbe Miete eines authentisch klingenden Songs. Allerdings hat es definitiv seine Aspekte und Berechtigung, gewisse Instrumente einen anderen Sound/Raum zu geben, um explizite Dinge hervorzuheben oder "besonders" zu machen.
    Ich selbst z.B. produziere viel mit klassischen Soundtrack und Jazz und hier ist es unüblich, allen Instrumente den selben Raum zu geben, da "Raum" sehr unterschiedlich auf die Resonanzen einzelner Instrumente reagiert und sich mit nur einem "Master-Reverb", kein wirklich überzeugend realistisches Ergebnis realisieren liesse. Ein gutes Beispiel wären hier im klassischen Bereich Streicher und Blechbläser. Naturgemäß- es sei denn man spielt in einer riesigen leeren Konzerthalle- klingen Streicher sehr dicht und warm und aufgrund ihrer Position auch "näher dran (trockener)" am Zuhörer, wobei hingegen weiter weg positioniertes Blech einen hellen matallischen und ziemlich in die Breite gehenden Nachhall haben können, wenngleich alle Instrumente ja im selben Raum stehen. Das mit nur einem Hallprogramm zu simulieren, würde die räumliche Authentizität einer z.B. Orchestersimulation stark beeinträchtigen. Anhand von Pop-Produktionen mit übersichtlicher Orchestrierung ist euer Beispiel definitiv zu gebrauchen und letzten Endes geht es hier ja auch um eine Berechnungsformel und um Basics, jedoch für authentischste Raumsimulation mit vielen Instrumenten würde ich für verschiedene Instrumentengattungen stets separate, unterschiedliche Raumsimulationen empfehlen. Sofern es sich nämlich nicht um akustische Gitarren in dem o.g. Beispiel handelt, würde ein E-Gitarrist ja auch wiederum mit eigenen Effekten und Amps daherkommen, was wiederum auch die Gegebenheiten einer Raumsimulation mehr oder weniger stark beeinflussen würde.

  • GUFSZ   09. Dez 2013   11:43 UhrAntworten

    Also das Beispiel geht von einer Wand aus. Aber eigentlich hat ein Raum mehrere Wände und damit verschiedene Reflexionszeiten. Die Richtungen sind auch unterschiedlich.

    Ich habe jetzt drei Mal dasselbe Plugin auf meine klassiche Gitarre gesetzt und verschiedene Zeiten gewählt. Es wird dadurch für die Ohren angenehmer.

  • Tim   18. Dez 2014   14:01 UhrAntworten

    Das ist ein super und hilfreicher Artikel, danke!

    Aber ich sehe da eine schwierigkeit, wenn man es mit dem seperaten Delay macht. Und zwar die individuelle Einstellung der Diffusion....

    Hat da jemand eine Loesung?

    Gruss Tim

  • Alexander Müller   27. Dez 2014   18:31 UhrAntworten

    Ich hab ein kleines Konsolenprogramm in C++ geschrieben um die Berechnung durchzuführen. Kann Es leider nur für Windows kompilieren/testen mangels Linux oder OSX. Wer möchte kann die Source selbst für sein Betriebssystem kompilieren und anbieten. Ich empfehle hierfür die "GNU Compiler Collection(GCC)" bzw. den "GNU C++ Compiler(G++).

    Hier die Download Links:

    Source: http://pastebin.com/RACd9B2Z

    Windows EXE: http://www.file-upload.net/download-10056506/predelayrechner.exe.html

    MfG Alexander Müller

  • Raphael   03. Aug 2017   13:13 UhrAntworten

    Aber müsste man nicht genau genommen auch das Direktsignal der einzelnen Instrumente zeitlich leicht verzögern, je weiter sie vom Zuhörer wegstehen?

    • Jonas   07. Nov 2017   16:08 UhrAntworten

      Hi, ich gebe Raphael recht, man müsste doch den Weg zur Rückwand und dann zusätzlich den Weg von der Wand zum virtuellen Zuhörer berechnen. Dann müssten zumindest auf einen Raum gesehen die richtigen Werte herauskommen. Wenn der Zuhörer also 10 m von der Wand wegsteht, müssten bei den Gitarren ein Pre-Delay von (5m+10m))/333,3m/s = 0,045 Sekunden = 45 Millisekunden herauskommen - richtig?

      • bubu   07. Feb 2023   20:22 Uhr

        genau genommen müsstest du alle 6 wände getrennt berechnen, und das ist auch genau das, was ein guter reverb algo sowieso bereits macht.

        allerdgins gibt es keine geräte, bei denen man das selbst einstellen kann, das würde den anwender komplett überfordern.

        einige delay und hall effekte, die mono to stereo signale erzeugen, bieten allerdings die möglichkeit, dass der panorama regler die entsprechenden verzögerungszeiten zwischen links und rechts naturnähnlich anpasst.

        "predelay" ist eine freie erfindung, die einfach nur gemacht wird, weil sie gut funktioniert um quellsignal und hall im mix gut unterzubekommen, und hat mit dem eigentlichen modelling des raumes nichts zu tun.

        dennoch ist das, was im artikel beschrieben wird trotzdem eine funktionierende methode um instrumente nicht nur vom raumhall sondern auch voneinander abzugrenzen.

  • Daniel   31. Mrz 2020   20:19 UhrAntworten

    Wie kommt man den auf die Multiplikation mit 3. Wenn hinter mir aber keine Wand steht, sondern über mir die Decke die erste Reflektion ist und ich ein Zusachauer im Publikum bin, ist die Reflektion schräg. So kommt nach der Rechnung bei 15m Entfernung zur Bühne und 15m Deckenhöhe ein wert von 217,2 ms raus. Nach meiner Rechnung mit dem Satz des Pytagoras aber 62ms

    • Carlos San Segundo (delamar)   31. Mrz 2020   20:25 UhrAntworten

      Hallo, Daniel.

      Er multipliziert den Bruch mit 3, um zu einer einfachen Formel zu kommen.
      Da er Nenner & Zähler mit derselben Zahl multipliziert, bleibt der Quotient (Ergebnis) gleich.

      Herzliche Grüße
      Carlos

  • Martin   17. Okt 2020   15:57 UhrAntworten

    2. Versuch
    Wie schaut es den mit elektrisch abgenommenen Instrumenten aus?
    Instrumente die keinen nennenswerten Schall selbst produzieren.
    Was nützt mir hier der Pre-Delay tatsächlich oder was kann er beeinflussen?
    Genau wie mikrofonierte Instrumente, Blech mit Clipmicro.
    Wenn ich diese Signale in die Konsole bringe und anschließend an die PA gebe, welchen Einfluss kann der Pre-Delay hier erreichen?
    PA in der Größenordnung von 5kW aufwärts.
    Für mich erschließt sich hier nicht ganz der Einsatzzweck.

  • Martin   10. Aug 2022   22:44 UhrAntworten

    Fast zwei Jahre und ich glaube ich muss dumm sterben ;)

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