Was keiner über die Grammys 2022 erzählt

Grammys manipulieren

So werden die Grammys manipuliert: Die Wahrheit über die Awards.

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Die Grammys als renommierter Musikpreis

Die „Grammy Awards“ oder kurz „Grammys“ werden seit 1959 von der „National Academy for Recording Arts and Sciences“ im Rahmen einer feierlichen Zeremonie verliehen. Und diese preisträchtige Auszeichnung ist vielleicht die wichtigste in der Musikindustrie.

Das läuft jedes Jahr nach demselben Schema ab: Es werden die nominierten Künstler und Songs bekannt gegeben. Danach ist genug Zeit für Diskussionen, warum welcher Künstler nominiert ist oder eben nicht.

Die Verleihung selbst findet etwas später im Rahmen einer Gala mit vielen Stars und Glamour statt. Einige Auftritte sind gut. Andere nicht. Die ganze Zeremonie dauert mehrere Stunden – schließlich möchte man sich selbst feiern.

Nach der Verleihung regen wir uns alle darüber auf, wer die Preise am Ende bekommt. Die Kritiker schreiben sich die Finger wund, YouTuber veröffentlichen lange Reaction-Videos. Kurz darauf gerät das Thema das Thema Grammys wieder in Vergessenheit bis zum nächsten Jahr. So geht das jedes Jahr.

Die Ursprünge der Grammy Awards

Schauen wir etwas zurück auf die Geschichte der Grammys. Diese ist vielsagend. Der „Hollywood Walk of Fame“ sollte in den 1950er Jahren Form annehmen und so wandte sich die Stadt an mehrere Musikmanager. Diese Insider der Musikindustrie sollten entscheiden, welche Künstler einen Stern auf dem heute wohl berühmtesten Bürgersteig der Welt erhalten sollten.

Walk of Fame

Auf dem berühmten Walk Of Fame war nicht genug Platz.

Leider gab es aber zu viele Künstler, die sie ehren wollten. Der Walk Of Fame bot einfach nicht genug Platz. Aus diesem Problem entstand dann eine Idee: Wie wäre es, wenn die Musikindustrie einen Preis stiften würde, der jeden ehrt, den sie ehren wollten? Einen Preis, der künstlerische Leistungen im Bereich der Musik würdigte? So wurde die „National Academy of Recording Arts and Sciences“ im Jahr 1957 gegründet. Und mit ihr der „Gramophone Award“.

Kunst statt Massenpopularität

Das Motto der Academy wurde von dem Comedian „Stan Freberg“ verfasst. Darin heißt es: „Wir beurteilen eine Schallplatte auf der Grundlage ihrer reinen Kunstfertigkeit und nur ihrer Kunstfertigkeit. Verkäufe und Massenpopularität sind die Maßstäbe des Plattengeschäfts. Sie sind nicht die Maßstäbe dieser Akademie. Wir befassen uns hier mit der Schallplatte als Kunstform.“

Die Grammys sollen die Kunst am Musik machen auszeichnen.

Es geht der Academy also nicht um Massenpopularität, Bekanntheit und Verkäufe, sondern um Kunst und Kunstfertigkeit. Anders ausgedrückt ging es den Gründern also darum, was gute Musik ist und was nicht. Und das sollte natürlich nach ihren Vorstellungen geehrt werden.

Damals bedeutete das, dass der Rock’n’Roll ausgeschlossen wurde, obwohl das der damalige Massengeschmack war und in den Radios rauf und runter gespielt wurde. Dieser Stil war der Academy zu schmutzig und zu rebellisch.

Grammys

Mit den Grammys sollte gute, gesittete Musik ausgezeichnet werden.

Mit der Verleihung des „Gramophone Award“ wollten die Macher verhindern, dass die Musikindustrie abhängig von der Begeisterungsfähigkeit der Teenager würde. Es sollte also tatsächlich um gute Musik gehen. Damals gehörten Count Basie, Henry Mancini oder Ella Fitzgerald zu den Gewinnern.

Und die Academy meinte die Würdigung guter Musik damals ernst. Der damalige Justin Bieber der Musikindustrie war Frank Sinatra. Er brachte ihr als Cash Cow das meiste Geld ein. Bei der Verleihung der Grammy Awards reichte es aber nur für einen einzigen Preis. Und dieser ging an das beste Albumcover.

Große Liveshow im TV

Die Grammys wurden von da an jedes Jahr verliehen und fanden 1971 ihren Weg ins Fernsehen, wo sie live übertragen wurden. So wie wir die Grammys heute kennen, waren sie damals aber noch nicht. Das kam erst 1988, als Michael Green die Leitung der Akademie übernahm.

Eben dieser Michael Green sorgte für eine massive Ausweitung der Mitgliederzahlen. Zusätzlich veränderte er den Ablauf der eigentlichen Verleihung in etwa so, wie er bis heute geblieben ist. Aber berüchtigt wurde er dafür, dass er die Gelder der wohltätigen Stiftung einsetzte, um die neue Live-Show und auch sich selbst zu finanzieren.

Grammy Awards

Die Verleihung der Grammy Awards wurde immer mehr zu einem großen Spektakel.

Die Grammys sind seither tausendfach vergeben worden. Einige Würdenträger haben es verdient und sind auch heute vielen noch ein Begriff. Andere sind im Laufe der Zeit vergessen gegangen.

Bemerkenswerte Entscheidungen bei den Grammys

  • Motown Records bekam in den gesamten 1960er Jahren nur einen einzigen Grammy verliehen.
  • The Police gewann den Grammy für den Song des Jahres mit „Every Breath You Take“ vor Michael Jacksons „Beat It“.
  • Der allererste Grammy für die beste Hard Rock / Metal Performance ging noch vor Metallica an Jethro Tull.
  • Milli Vanilli gewannen einen Grammy als beste neue Künstler (Die Academy hat den Preis nachträglich wieder zurückgerufen, nachdem klar wurde, dass die beiden nicht selbst gesungen haben).
  • Eric Claptons Neuaufnahme vom bereits 20-jährigen “Layla” gewann vor „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana als bester Rocksong.
  • Ray Charles’ posthumes Album “Genius Loves Company”, von dem ein Großteil bei Starbucks verkauft wurde, gewann den Preis für das Album des Jahres.
  • Becks Album “Morning Phase” gewinnt das Album des Jahres vor Beyonces selbstbetitelten Album.
  • Auch “Lemonade” von Beyonce gewinnt den Award ein paar Jahre später trotz kulturellem Einfluss nicht. Stattdessen erhält Adeles “25” den Grammy.

Ein faires Nominierungsverfahren?

Die Grammys haben also eine diskutable Vergangenheit, wenn es um die Vergabe von Musikpreisen geht. Aber wir müssen noch etwas weiter gehen und darüber sprechen, wie die Nominierungen für die Grammys überhaupt zustande kommen und wie dann die Abstimmung läuft. Das erklärt so einiges.

Die Regularien für Nominierungen sind genau festgelegt.

Für eine Nominierung muss ein Musikstück innerhalb eines bestimmten Zeitfensters im Vorfeld der Zeremonie veröffentlicht werden. Die Spanne umfasst ein ganzes Jahr. Sie läuft von September bis August. Außerdem muss die Musik über einen Weg veröffentlicht werden, den die Academy als allgemeinen Vertrieb definiert.

Wer ist stimmberechtigt?

Abstimmen dürfen nur die Mitglieder der Academy. Diese Mitglieder müssen Teil der Musikindustrie sein. Das Einreichen von Künstlern, Alben und Songs geschieht entweder durch die Mitglieder oder die Plattenlabels.

Die erste Abstimmungsrunde

Alle Einsendungen werden geprüft. Es folgt die erste Abstimmungsrunde und die Stimmzettel werden an alle stimmberechtigten aktiven Mitglieder verschickt. Die Mitglieder sind angewiesen in den Bereichen abzustimmen, in denen sie sich auskennen.

Grammys manipuliert

Ist das Abstimmungsverfahren bei den Grammys fair?

Verpflichtend ist das laut Satzung allerdings nicht, das ist eher eine Empfehlung. Schließlich werden die gültigen Stimmen von einer externen Buchhaltungsfirma ausgewertet.

Es dürfen nur Mitglieder der Academy abstimmen.

In den vier wichtigsten Kategorien werden die gültigen Stimmen dann an so genannte Nominierungsausschüsse geschickt. Diese bestimmen daraus eine kleine Auswahl Nominierter und schickt diese an die stimmberechtigten Mitglieder für eine zweite Wahlrunde zurück.

Die zweite Abstimmungsrunde und die Verleihung der Grammys

Danach beginnt die zweite Runde der Abstimmung. Die Mitglieder der Academy stimmen über die Nominierungsliste ab. Eine Drittfirma zählt die Stimmen aus und die Ergebnisse werden live bekannt gegeben.

Dies geschieht entweder während der Hauptpreisverleihung, die im Fernsehen übertragen wird oder bei der am selben Tag unmittelbar davor stattfindenden früheren Zeremonie. Bei Letzterer werden die meisten Preise verliehen.

Das kann doch nicht ganz rechtens sein!

Das ganze Procedere ist etwas seltsam. Wieso dürfen Mitglieder in Bereichen wählen, von denen sie nichts verstehen? Also wenn ich beispielsweise klassischer Komponist bin, wähle ich dann Jethro Tull als beste Metalband vor Metallica? Immerhin ist bei Jethro Tull ja eine Querflöte dabei.

Metallica Grammys

Metallica hatten 1989 bei den Grammys das Nachsehen gegen Jethro Tull. | Bild: Universal Music | Copyright: Anton Corbijn

Oder nehmen wir mal die Ausschüsse, die für die Nominierungen zuständig sind. Diese dürfen einfach mal eben zwei Künstler von der Liste streichen und stattdessen andere nach Belieben draufsetzen.

Eine ehemalige CEO erhebt Kritik

Die ehemalige CEO der Academy Deborah Dugan kritisierte mehreres an der Academy. Dugan musste Ihren Posten übrigens Anfang 2020 nach nicht einmal sechs Monaten im Amt wieder räumen. So berichtet sie unter anderem folgendes:

Ein Künstler, der in der ersten Runde der 20 Nominierten für den Song des Jahres ganz unten stand, sorgte dafür, dass sein Song in die Endauswahl kam. Dabei wurden Künstler wie Ed Sheeran und Ariana Grande ausgestochen. Wie hat er das geschafft? Er war Teil des damaligen Nominierungsausschusses.

Deborah Dugan reichte etwas später noch eine weitere Beschwerde ein. In dieser warf sie auf, dass der frühere Produzent der Live-Show Ken Ehrlich (hier ist der Name Programm) die Macht hatte, die Nominierungen einfach zu ändern. So konnte er bestimmen, welche Künstler in der Liveshow auftraten. Nachweisen kann man das natürlich nicht.

Die Academy ist fest im Griff der älteren Generation der Musikindustrie

Es gibt noch zahlreiche weitere Punkte, die die Grammys wie eine Farce dastehen lassen und die sich hier aufzeigen ließen. Ein Fakt ist allerdings: Die Academy ist fest im Griff der älteren Generation der Musikindustrie, die sich hart gegen alles Neue wehrt.

Beyonce Grammy Awards

Beyonce musste sich bei den Grammys Adele geschlagen geben. | Bild: Kristopher Harris from Charlotte, NC, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Aktuelle Trends haben es schwer

Aktuelle Trends und neue Musikrichtungen haben es schwer. Ganz gleich wie wichtig sie gerade für die Gesellschaft sind. Ein gutes Beispiel ist hier Beyonce und ihr Album “Lemonade”. Geschlagen von Adele. Diese sagte dann bei der Grammy-Verleihung noch selber, dass sie den Award Beyonce gegönnt hätte.

Und was kann man nun von den Grammy Awards halten? Es ist schließlich die Musikindustrie, die der Musikindustrie einen Preis verleiht?

Persönliche Motive haben Einfluss auf die Nominierungen

Natürlich stimmt es nicht, dass es bei den Grammys ganz eindimensional um die Verkaufszahlen geht. Bestes aktuelles Beispiel ist hier der Song „Blinding Lights“ von The Weeknd. Dieser war im Jahr 2020 der mit Abstand populärste Song. Das brachte ihm aber weder Grammy noch Nominierung dafür ein.

The Weeknd boykottiert seit 2021 die Grammys.

Seine Popularität hat ihm nicht geholfen. Aber hätte er aus der Perspektive der Kunstfertigkeit nicht doch eine Nominierung verdient? Mit einer der am besten aufgenommenen Pop-Platten des Jahres?

Diese Anekdote verrät mögliche Hintergründe: Es gab einen Streit zwischen dem Künstler und der Academy. The Weeknd sollte sich entscheiden, ob er beim Super Bowl oder den Grammy Awards auftreten wolle. Laut Academy waren beide Auftritte nicht möglich.

The Weeknd Grammys

Persönliche Differenzen mit der Academy sollen The Weeknd seine Grammy Nominierungen gekostet haben. | Bild: Universal Music | Copyright: Brian Ziff

Und weil sich der Künstler für den Super Bowl entschieden hat, wurden ihm alle Nominierungen verweigert. Das ist aber nur eine mögliche Interpretation. Denn die Academy hat das natürlich dementiert. Die Gespräche mit dem Künstler über einen Auftritt sollen lange nach Abschluss der Abstimmung stattgefunden haben.

Welche Relevanz haben die Grammys?

Können wir also sagen, dass die Grammys manipuliert sind? Sind die Grammys überhaupt wichtig? Wohl eher nicht. Es handelt sich schließlich um einen Preis, der an dieselben Leute verliehen wird, die ihn vorher ausgelobt haben. Das kann keine tiefere Bedeutung für die Gesellschaft oder die Musik haben.

Nichtsdestotrotz ist ein Grammy eine begehrte Auszeichnung für Künstler. Es ist aber komisch, dass er meistens an die Künstler verliehen wird, die sowieso ganz oben angekommen sind. Auf musikalische Entwicklungen und Trends geht er eher nicht ein.

Dazu hinkt dieser Preis viel zu stark den aktuellen Trends hinterher und wird zu sehr von den älteren Generationen der Musikindustrie dominiert. Den Künstlern und Machern, die ihre Blütezeit schon hinter sich haben.

Dabei ist nichts, was an den Grammys heute auszusetzen wäre, neu:

  • die Probleme in den Nominierungen,
  • die Auswahl der Nominierungsausschüsse,
  • die Künstler, die aus politischen Gründen links liegen gelassen werden,
  • die Sturheit, an alten Traditionen festzuhalten

Warum die Grammys manipuliert sind

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Bloß keine Risiken eingehen

Bleiben die Grammy Awards dabei wenigstens ihrem eigenen Credo treu, die beste Musik und die besten Künstler zu ehren und dabei die Verkaufszahlen und Popularität hinten anzustellen? Nicht wirklich.

Aber eine Tradition der fünf Gründungsmitglieder bleibt: Bis heute werden bei den Grammys Musik und Künstler geehrt, mit denen man sich auf der sicheren Seite wähnt. Jedenfalls solange bis das Neue und Unvermeidliche eben auch nicht mehr neu ist und deswegen auf die bequeme und sichere Seite gewechselt ist.

Kann es einen fairen Musikpreis geben?

Was ist überhaupt dran an einem solchen Musikpreis? Kann man den Wert von Musik für die Gesellschaft überhaupt an irgendetwas festmachen? Selbst dann, wenn man wie bei den Grammys als Vorgabe hat, sich nicht an Verkaufszahlen oder Massenpopularität zu orientieren? Geht das? Schreib uns in die Kommentare!

Lesermeinungen (2)

zu 'Was keiner über die Grammys 2022 erzählt'

  • Robert   04. Apr 2022   19:00 UhrAntworten

    Was soll an den "Bemerkenswerte Entscheidungen bei den Grammys" denn so bemerkenswert sein?
    Rein subjektiv hätte ich in fast allen Punkten ebenso entschieden, ist eben Geschmackssache.
    Und generell findet sich in diesem Artikel nichts , was man nicht eh schon wusste.
    Einen fairen Preis gibt es nicht, alles Schmäh, wie bei den Oskars.

  • Hansi   21. Apr 2022   12:49 UhrAntworten

    War beim Echo auch nicht besser, man feiert sich gerne selbst und da müssen halt ein paar Künstler dabei sein um echte Kriterien geht es meistens nicht.Das einzig gute an den Grammys ist es geht eben nicht um die Verkaufszahlen oder Hitparaden

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