Kann die Blockchain die Musikindustrie verändern?

Blockchain

Die Blockchain könnte die Musikindustrie in Zukunft transformieren.

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Kurz gefasst: Was ist die Blockchain?

Immer häufiger ist in den Medien von der Blockchain die Rede: Angefangen als Rückgrat des Bitcoins bildet sie ein jederzeit, von jedermann einsehbares Kontenbuch, das über eine dezentrale Struktur verfügt.

Im Gegensatz zu einem zentralen Aufbau ist dieses virtuelle Kontenbuch verteilt auf vielen verschiedenen Computern – auch Nodes genannt – abgelegt. In einer chronologischen Kette werden auch noch so kleine Transaktionen abgebildet und in Blöcken zusammengefasst. Dezentralität und kryptographische Verfahren sorgen für höchstmögliche Transparenz und Sicherheit. Ganze Prozesse können automatisiert und ohne die Gefahr einer Datenmanipulation aus den Händen gegeben werden.

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Jeder Eintrag, der jemals in das Blockchainverzeichnis eingetragen wurde, kann für immer nachvollzogen und niemals gelöscht werden. Das fördert Vertrauen und ermöglicht den Austausch zweier sich völlig unbekannter Parteien. Denn Ziel der Blockchain ist in erster Linie das Versenden von Werten über das Internet.

Wo zuvor Mittelsmänner wie PayPal oder Banken eine wesentliche Rolle einnahmen, erfolgt der Werteaustausch auf Basis dieser Infrastruktur. Die Vielfalt der Anwendungsbereiche wächst stetig: Die Bitcoin-Blockchain ist nur ein Beispiel von vielen. Sie gilt als manipulationssicherer, transparenter technischer Vermittler und könnte ebenso in städtischen Verwaltungen zum Einsatz kommen.

Anwendungsmöglichkeiten in der Musikindustrie

Mit einer ersten denkbaren Anwendungssituation hat sich der 30-jährige Kanadier Cédric Cobban befasst: Sein Start-Up Peertracks, welches sich inzwischen in Muse umbenannt hat, setzt vollständig auf die Blockchain-Technologie, mit dessen Hilfe er Ordnung in das Rechte- und Lizenzierungschaos von Musik bringen möchte. Wo bisher noch Labels schalten und walten, könnte künftig die Blockchain eingesetzt werden.

Das Problem, das Cobban sieht und lösen möchte: Häufig gibt es viele Anteilseigner, die an einem Musiktitel verdienen wollen. Cobban´s Idee sieht vor, die Bezahlmodalitäten transparent aufzuschlüsseln, sodass klar erkenntlich ist, wer welche Rechte hält. Künstler können ihre Titel direkt auf seiner Website zum Download oder Stream anbieten. Dazu geben Musiker, die ihre Stücke bereitstellen, zuvor über ein Onlineformular an, wer welche Rechte an einem Lied hält.

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Mit den erhaltenen Informationen wird die Blockchain gefüttert: Alle Gelder, die nun durch die Verkäufe oder Streams eingenommen werden, können automatisiert und exakt aufgeteilt an die Anteilseigner transferiert werden. Sicher, transparent, ohne die Möglichkeit zur Manipulation. So, wie es die Blockchain eben vorsieht.

Fans können Anteile erwerben

Der Kanadier denkt noch weiter: Eine spannende Einnahmequelle für aufstrebende Musiker stellen die sogenannten Notes dar: Im Grunde ähneln sie Aktien, die von Fans erworben werden können. Ihre Stückzahl ist festgelegt, eine Inflation damit ausgeschlossen. Ihr Wert kann sich je nach steigender beziehungsweise fallender Popularität des Musikers verändern.

Hier zeigt sich die Spannweite der Idee hinter der Online-Plattform, die eine Mischung aus iTunes, Spotify und Crowdfunding-Seite darstellt. Über einen Marktplatz können Notes gehandelt werden, die Abwicklung der Verkäufe übernimmt die Blockchain. Fans können ihrem Lieblingskünstler nicht nur finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Ebenso kann ein Musikliebhaber mit dem richtigen Riecher finanziell profitieren.

Das Start-Up UJO Music verfolgt ein ähnliches Konzept

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Labels klammern sich an Rechtekataloge

Bis ein Start-Up wie Muse erfolgreich durchstarten kann, bedarf es einer Menge Überzeugungskraft und Motivation. Undenkbar ist es zwar nicht, dass die Musikbranche eines Tages nicht vielleicht doch die Digitalisierung annehmen und neue Modelle etablieren wird. Bis dahin liegen aber enorme Steine im Weg.

Sollten die großen Labels ihre Rechtekataloge, wie angenommen, schützen, wäre der Ausbau einer solchen digitalen Datenbank für Musiktitel zwar nach wie vor sinnvoll und durchaus lohnenswert, aber schwerlich umzusetzen.

Ein weiteres Problem ist der personelle Aufwand: Alle Informationen zu einem Musiktitel, die der Blockchain anfangs mitgeteilt werden, müssen aufwendig von Menschenhand überprüft werden. Ein Kostenfaktor, der nur schwer zu stemmen ist. Im Falle von Muse würden fünf Prozent Transaktionsgebühren pro Verkauf erhoben werden.

Gerechtere Auszahlungssysteme für Musiker

Insgesamt betrachtet bietet ein System, wie das der Blockchain, viele Möglichkeiten, um geistiges Eigentum besser zu schützen. Die Sicherung von Musikrechten ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Musikpiraterie. Auch der Technologieriese »IBM« unterstützt zusammen mit der »Distributed Ledger Plattform Fabric« von Hyperledger ein Projekt, das eine Verbindung zwischen Musikproduktion und -konsum herstellen möchte.

Auch hier soll eine dezentrale Datenbank alle anfallenden Metadaten rund um ein veröffentlichtes Musikstück sammeln und die Verbreitung dieser tracken können. Anteilseigner können damit besser geschützt und neue Geschäftsmodelle aufgebaut werden. Während viele Fragen offen bleiben steht eines jedoch fest: Der Schutz geistigen Eigentums wird wohl in Zukunft vermehrt mit der Blockchain-Technologie verknüpft werden.

Was es jedoch zunächst bräuchte, wäre ein großes, bekanntes Gesicht, das es allen vormachen und nach und nach immer mehr Künstler und Labels mitziehen würde. Die Vorteile der Blockchain dürften jedem Musiker Tränen in die Augen treiben: Exakte Abrechnung – in Echtzeit!

Lesermeinungen (6)

zu 'Kann die Blockchain die Musikindustrie verändern?'

  • Dirk Wouters   21. Aug 2017   14:16 UhrAntworten

    Nun ja, aber Business Kasper Buzzword Bullshiting hat noch nie etwas voran gebracht.

  • Peter Schips   21. Aug 2017   14:31 UhrAntworten

    Grundsätzlich ist der Gedanke durchaus interessant. Die korrupte Lobby der Branche wird aber alles daran setzen, ihren Einfluss geltend zu machen. Die Großverdiener der Vermarktungsindustrie werden sich nicht den Ast absägen lassen, auf dem sie sitzen.

  • Torsten M. Roth   21. Aug 2017   20:02 UhrAntworten

    Bis der Blockchain salonfähig wird gehen locker noch 20 Jahre den Bach runter. Die sind auf nem Stand von 1984/85...
    Und nur weil der Havard-B.-Manager alle Nase lang mal nen Artikel in der Printausgabe unterjubelt, ändert sich nichts an der Realität.
    WENN es mal so weit ist, dann kann es gut funktionieren. Lohnend auch marktübergreifend. Aber wie erwähnt...alles Sience Fiction.
    DASS es aber kommen wird, steht fest. Allerdings nicht ohne neue Richtlinien im Markt, und damit der "alten Semmel" die dem rudimentären Musiker ohne Beziehungen und Kontakten auch nichts bringt.
    Is so, weil! :)

  • Lenn Art   22. Aug 2017   23:45 UhrAntworten

    Kevin Hemkemeier

  • Raphael   23. Aug 2017   11:44 UhrAntworten

    Streaming-Dienste wie Spotify haben sich in den letzten Jahren auch durchgesetzt gegen die ach so mächtige große Musikindustrie. Also seid mal nicht so pessimistisch und wartet einfach ab, wir leben in einer wandlungsreichen Zeit.

  • ichMalWieder   28. Aug 2017   21:41 UhrAntworten

    ...und wieder wird eine neue Sau durch das Dorf getrieben. Wie wäre es einfach mal wieder Musik zu machen. Ich höre immer nur Kohle, Kohle noch mehr Kohle - ich kann es nicht mehr hören.
    Ich bin jetzt kein Blockchainprofi aber ehrlich es gibt schon eine massive Schwachstelle im System und das hat auch Bitcoin (von wegen soooo sicher) und das sind die Anzahl der Server. Wer immer mehr als 50% der Server hat, hat auch das ganze System im Griff. Nun ist es bei Bitcoin so dass dort verschiedene massive finanzielle Interessen im Widerstreit stehen und deshalb ein Gleichgewicht existiert aber wer bitte soll das denn bei der Musik in der Hand haben. Hier kann ein Konzern mit viel Geld sehr schnell alles im Griff haben. Es gibt sicher noch andere wichtige Dinge die schieflaufen können. Also lasst mal die Buzzwords und folgt nicht gleich jeder Blase. Die Blockchain ist nicht die Rettung und die Lösung für alles. Technisch versteht doch kaum einer was da wirklich passiert - wie ist denn das beim Autor? Kennst du dich wirklich so gut aus dass du verstehst was hier technisch abgeht?
    Nur meine Meinung zu dem Thema.

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