Röhre oder Transistor für Gitarre – Welcher Gitarrenverstärker besser ist

Röhre oder Transistor

Ob Röhre oder Transistor in deinem Gitarrenverstärker stecken sollten, erfährst Du hier ...

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Was Röhre vs. Transistor bedeutet

Was ist wohl der Unterschied bei Röhre oder Transistor? Es ist einfach, sich auf der Suche nach dem besten Gitarrenverstärker zu verlieren. Doch genau deswegen bist Du schließlich hier gelandet. Bis hierhin dürftest Du schon wissen, dass es unterschiedlich gebaute Gitarrenverstärker gibt und dass es dort draußen eine Menge widersprüchlicher Aussagen gibt.

Bei deiner Entscheidung Röhre vs. Transistor ist nicht nur der Klang wichtig. Auch andere Faktoren wie Musikgenre, Preis und Gewicht sollten bedacht werden.

Beginnen wir mit grundlegendem Wissen. Alle großen Hersteller bauen ihre Gitarrenverstärker entweder traditionell mit Röhrentechnologie, mit Transistoren oder einer Kombination dieser beiden. In den letzten Jahren hat auch noch digitale Technologie ihren Einzug gefunden, wobei diese in erster Linie für die Emulation anderer Amps bzw. zur Berechnung von Effekten genutzt wird.

Infos vorneweg

  • Mit Röhre sind Vakuumröhren gemeint, im Englischen »tubes« oder »valves«
  • Transistortechnologie wird im Englischen als »solid state« bezeichnet
  • Viele Hersteller lassen sich eigene Begrifflichkeiten einfallen und patentieren, um sich von den anderen abzuheben – wichtig zu wissen ist in erster Linie aber nur, ob es sich um einen Röhren- oder Transistor-Amp handelt

Hier findest Du mehr Grundlagen & Gitarrenverstärker-Wissen

Video Ratgeber
Röhre oder Transistor?

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Ist Röhre besser als Transistor?

Bei Röhrenverstärkern wird das Gitarrensignal mithilfe von Elektronenröhren oder kurz Röhren verstärkt. Das im Gegensatz zum Transistor, wo natürlich keine zum Einsatz kommen. Je lauter Du einen Amp aufdrehst, desto mehr Leistung wird an die Röhren geschickt. Ab einem bestimmten Punkt beginnen die Röhren, den Sound deutlich hörbar zu sättigen. Es handelt sich hierbei um eine Verzerrung des Gitarrensounds, die auch Overdrive genannt wird.

Zusätzlich reagiert ein Röhrenverstärker gut auf unterschiedlich laute Saitenanschläge, was dem Sound eine sehr rege Dynamik gibt.

Bei den ersten Generationen von Röhrenverstärkern wurde die Sättigung durch steigende Laustärkeeinstellung in der Endstufe hervorgerufen. Je lauter der Amp gedreht wurde, desto verzerrter war der Sound. Heute wird die Verzerrung je nach Modell in der Vorstufe erzeugt und die Lautstärke der Endstufe kann davon getrennt mit einem Master-Regler verändert werden.

Lies auch: Gitarrenverstärker

Unterschiedliche Art der Verzerrung

Der unterschiedliche Klang der Verzerrung bei diesen beiden Technologien kommt durch das physikalische Verhalten bei den Pegelspitzen. Bei einem Transistor werden solche Pegelspitzen einfach gekappt, was sehr hart und harsch klingen kann (Clipping). Ein Röhrenverstärker rundet die lautesten Signalausschläge jedoch ab, was den warmen und weicheren Sättigungsklang ausmacht (Soft-Clipping).

Video Vergleich
🎬 VOX AC30 vs. MV50 – Röhre gegen Nutube

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Kurzes Intermezzo: Im obigen Video hörst Du einen Vergleich zwischen dem VOX AC30 als Vollröhren-Klassiker und dem VOX MV50 mit seiner neuartigen Technologie NuTube. Letztere basiert auf einem Keramikbauteil und einer Class-D-Verstärkung, wobei ein durchaus ähnliches Verhalten in Dynamik, Ansprache und Obertonanreicherung erzielt wird – ganz anders als bei einem schnöden Transistor.

Erwartungsgemäß kann der Winzling mit seiner innovativen NuTube dennoch nicht ganz mit der Power der Röhren im AC30 mithalten. Verstecken muss er sich aber nicht, selbst wenn man »nur« seine Vorteile in Sachen Preis, Miniformat, Gewicht und Unempfindlichkeit betrachtet.

Vorteile Gitarrenverstärker mit Transistor

Wenn Röhrenverstärker so großartig sind, warum verkaufen sich dann E-Gitarrenverstärker mit Transistor-Technologie so gut? Ein Gitarrist hatte früher kaum keine Wahl, wenn er einen guten Sound gesucht hat. Doch in den letzten Jahren hat sich das grundlegend geändert. Heute kommen Transistor-Amps auf den Markt, die die besten Eigenschaften der Röhrenverstärker recht gut nachahmen.

Gitarrenverstärker mit Transistoren bestechen zumeist durch eine neutrale und unverfälschte Wiedergabe des Audiosignals. Im Gegensatz zu den meisten Röhren wird hier eine höhere klangliche Transparenz geboten. Weitere Vorteile sind ein geringes Hintergrundrauschen und ein sehr stabiler Laustärkeverlauf. Für den Klang heißt dies, dass die Höhen präsenter sind und sich insgesamt ein kälteres Klangbild ergibt.

Der vermutlich größte Vorteil liegt im Preisgefälle. So findest Du bereits unter 500 Euro großartig klingende Transistoren-Amps. Außerdem sind Modelle in dieser Bauweise weniger störanfällig und überhitzen nicht so schnell wie Röhrenamps.

Wer viele Gigs spielt oder häufig seine Gitarrencombo zur Bandprobe schleppen muss, wird zudem das vergleichsweise geringe Gewicht von Transistoren zu schätzen wissen. Gleichzeitig sind diese Amps robuster, da sich keine fragilen Röhren im Innern befinden, die zudem vor einem Transport noch abkühlen sollten.

Die Nachteile einer Röhre vs. Transistor

Neben dem erwähnten höheren Gewicht bei Röhrenamps müsste auch der höhere Energieverbrauch betont werden. Da die Röhren beim Gitarre spielen erhitzen, ist außerdem eine hohe Wärmeentwicklung zu erwähnen. Gerade in kleinen abgeschlossenen Räumen in der Wohnung oder in der Bandprobe kann sich das bemerkbar machen.

Die verwendeten Vakuumröhren sind fragil und können bei unvorsichtigem Transport kaputtgehen. Zwar sind weniger Bauteil als bei einem Transistor-Amp zu finden, doch insgesamt sind Röhrenverstärker wartungsintensiver – nicht zuletzt durch den Röhrenverschleiß nach entsprechender Spielzeit.

Nachteile Transistor-Amp

Unangenehm werden die sonst so modernen Gitarrenverstärker mit Transistor-Technologie, wenn sie überlastet werden. So sind sie im Gegensatz zu den Röhrenamps nur kurzfristig überlastbar, bevor sie Schaden nehmen. Auch steigt der Klirrfaktor bei Überlastung stark und hörbar an.

Bei einer Überlastung können zudem Gleichstromimpulse den Lautsprecher zerstören. Hier ist also Vorsicht geboten.

Hybridmodelle

Die immer wieder auftauchenden Hybridmodelle vereinen das Beste aus beiden Welten – sie sind eine Mischform aus Röhren- und Transistorenamp. So kann ein Hybride sich einer Vorstufe mit Röhrentechnik und einer Endstufe mit Transistor-Technologie bedienen. Der kratzige, warme Zerrsound aus der Röhre wird über eine Transistor-Endstufe verstärkt.

Wer spielt(e) Röhre oder Transistor?

Je nach Musikgenre setzen sich bestimmte Technologien mehr oder weniger durch. So ist aus dem Rock die Röhrentechnologie kaum wegzudenken. Auch wenn in den letzten Jahren digitale Emulatoren und Modeler á la Kemper oder Axe-FX immer mehr Einzug bei den Profis halten.

Viele Jazzgitarristen bevorzugen hingegen den sauberen Klang eines Transistor-Gitarrenverstärkers. Weit verbreitet sind hier der Roland JC-120 oder die Peavey Transtube Amps. Auch hat Dimebag Darrell gegen Ende seines Schaffens mit einem Solid State Amp von Randall gespielt.

Bekannte Gitarristen, die Röhrenamps nutz(t)en:

  • Slash, Guns N’ Roses/Velvet Revolver – Marshall JCM 2555 Slash Signature
  • Jimmy Hendrix – Marshall Superlead 1959 Plexi
  • David Gilmour, Pink Floyd – Hiwatt DR-103; DR-504 – Röhre
  • Jim Root, Slipknot/Stone Sour – Orange Tiny Terror TT15JR
  • Kerry King, Slayer – Marshall 2203KK JCM-800

Bekannte Gitarristen, die Transistor-Amps nutz(t)en:

  • Andy Summers, The Police – Roland JC-120
  • Josh Homme, Kyuss/Queens of the Stone Age – Tube Works RT-2100-ES MosValve
  • B.B. King – Lab Series 1970s L5
  • Tom Petty – Vox Super Beatle
  • Chet Atkins – The Standel 25L15

Übersicht Röhre oder Transistor

RöhreTransistor
Pro
  • Warmer Klangcharakter in der Sättigung und Verzerrung
  • Tolles Impulsverhalten & schnellere Signalverarbeitung = dynamischeres Spiel mit klareren Transienten
  • Weniger aktive Bauteile
  • Geringere Kosten bei gutem Sound
  • Sehr transparenter & neutraler Sound
  • Geringer Verschleiß, weniger wartungsintensiv
  • In der Regel leichter als Röhre
  • Geringer Klirrfaktor
  • Größerer Übertragungsbereich
  • Geringer Energieverbrauch
Contra
  • Höherer Energieverbrauch
  • Hohe Wärmeentwicklung
  • Höheres Gewicht
  • Teurer als Transistor
  • Wartungsintensiver durch Technik & Röhrenverschleiß
  • Nur kurzfristig überlastbar
  • Klirr steigt bei Überlastung stark an
  • Bei Überlastung können Gleichstromimpulse den Lautsprecher zerstören
  • Weniger dynamisch und ansprechfreudig

Entscheidung zwischen Röhre oder Transistor

Wie entscheidest Du dich zwischen einem Gitarrenverstärker mit Röhre oder Transistor? Allen voran geht es darum, die eigenen Bedürfnisse richtig einzuschätzen. Nur weil dein Idol einen 100-Watt-Vollröhrenverstärker auf der Bühne spielt, muss das nicht die richtige Wahl für dich sein. Selbst dann nicht, wenn befreundete Gitarristen oder Menschen im Forum dies als die einzig wahre Wahl hinstellen.

Dein eigener Gitarrensound wird in erster Linie von dir geprägt sein: dein Spiel, deine Licks, deine Ideen. Die Aura, die so manchen heißen Amp umgibt, ist meistens nur ein natürlicher oder künstlich vom Hersteller erzeugter Hype.

Für einen Röhrenverstärker spricht, wenn …

  • Du ihn bezahlen kannst.
  • dieser deiner Situation angepasst ist.
  • Du mit der Instandhaltung und Wartung klarkommst.
  • Du gewillt bist für den ultimativen Röhrensound die vielen Kilos zu tragen.

Für einen Transistorverstärker spricht, wenn …

  • Du hauptsächlich im Schlafzimmer oder Keller spielst.
  • dein Budget begrenzt ist und Du trotzdem einen tollen Sound haben möchtest.
  • Du viele Gigs spielst und nicht schwer tragen möchtest.
  • Du einen besser klingenden gefunden hast, als der Röhrenamp, den Du dir leisten kannst.

Das sind natürlich nur Empfehlungen. Es gibt genügend Hobby-Gitarristen, die einen 100-Watt-Stack im Schlafzimmer aufbauen oder den Plexi im Keller auf 10 drehen. Für welchen Gitarrenverstärker – Röhre oder Transistor – hast Du dich entschieden?

Lesermeinungen (4)

zu 'Röhre oder Transistor für Gitarre – Welcher Gitarrenverstärker besser ist'

  • Harald   15. Sep 2017   14:53 UhrAntworten

    Die Gegenüberstellung ist ganz gut gelungen. Allerdings wurde noch vergessen zu erwähnen, dass ...
    ... legendäre Röhrenamps wie Fender, Vox, Marshall, Hiwatt usw. immer ein viel musikalischeres und organischeres Spielgefühl vermitteln als ein Transistoramp. Das erfährt man erst, wenn man es SELBER testet (erzählen kann man ja viel ;-) ).
    ... Röhrenverstärker sind nicht unbedingt schwerer als Transen. Ich besitze einen Vox AC-4 und einen Hughes & Kettner Tubemeister 30. Beide bieten einen erstklassigen, professionellen Sound und wiegen keine 10 kg. Generell aber stimmt die Aussage, da bei Röhrenamps ein eher schwerer Ausgangsübertrager erforderlich ist, der bei Transistoramps nicht benötigt wird.
    ... die Röhrenvorstufe verzerren lassen und mit einer Transistorendstufe hochverstärken klingt meistens matschig. Dynamische Sounds mit knallendem Attack gelingen meist mit voll aufgedrehter Röhrenendstufe, da darf die Vorstufe gern einmal etwas leiser treten. Ich will damit sagen: Vorstufenzerre ist klanglich völlig anders als Endstufenzerre.

    Gute Transistoramps sind meiner Erfahrung nach der alte Roland Jazz Chorus 120 mit 2 x 12" Speakern (hat jemand behauptet, Transistoramps sind leicht? ;-)))) ) und ganz große Klasse aus den 80ern: Der Marshall Lead 12, 12 W Transistor, klingt fabelhaft nach Röhre.

    Die heutigen Modeling Amps haben übrigens auch schon eine ganz hervorragende Qualität, obwohl ich immer noch ein ganz kleines Quäntchen Vorsprung bei den echten Röhren höre (oder ich bilde es mir ein ;-) ).

    Was auch noch beachtet werden muss: Man kann den Sound eines guten Amps ruinieren mit der Wahl eines schlechten Lautsprechers. Aber das ist wieder ein anderes Kapitel ...

  • Harald   15. Sep 2017   14:55 UhrAntworten

    Und noch eins: Röhren sind zwar mechanisch empfindlicher als Transistoren, elektrisch verzeihen Röhren aber mehr, sie gehen bei Fehlspannungen nicht so schnell kaputt wie Transistoren.

  • Claudio   15. Sep 2017   17:49 UhrAntworten

    Die Digitaltechnik hat soundmässig viele 'Wunder' erschaffen, die WIRKLICH gut klingen und als Ersatz für Röhren taugen können.

    Trotzdem:
    Ich stehe eindeutig auf Röhren. Und damit meine ich Vollröhrenverstärker (also Vorstufe/Endstufe alles Röhren).

    Um diesen Sound zu haben, ist es mir ziemlich egal, ob der Amp schwer ist, der Stromverbrauch höher ist usw.

    Diese fantastische Reaktion/Dynamik beim Anschlagen, dieser wunderbar runde Klang - unschlagbar.

    Hinzu kommt noch das wunderschöne Glühen der Röhren, die den Sound wirklich 'warm' machen. Der Sound wird quasi in der Hitze 'geschmiedet' :-))

    Der kalt-kratzige Sound der Transistor-Verstärker tut mir einfach weh...
    ABER: Magst du Transistor, dann spiele Transistor, solange ich meine Röhrenamps haben darf :-))

  • Ronny Guittar   11. Mai 2021   13:19 UhrAntworten

    Es musste ein Transistor für mich sein. Früher hatte ich einen Röhren-Amp, aber der Sound war mir zu weich, die Höhen schepperten mir nicht dominant genug und ich liebe das plastische, wenn der Transistor-Amp anzerrt. Ich spiele Rockabilly und habe meinen eigenen Klangstil, der für mich und meinen Geschmack passt. Warum, weshalb und wieso Andere meinen, ich sollte dafür doch besser eine Röhre nehmen, ist mir persönlich egal. Es passt mir so wie es ist. Es ist erstaunlich, wie viele Nuancen meinem alten Fender Switcher (80 Watt) entlockt werden können, wenn man den 2. Eingang benutzt, bei welchem ich den Clean- und den Zerr-Kanal gleichzeitig zusammen mischen kann. Für oder gegen den einen oder anderen Amp-Typ spricht somit für mich lediglich der persönliche Geschmack und nicht der der Anderen.

Sag uns deine Meinung!

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