Sparks – MAD!
Alben im Rampenlicht

Von Thorsten Sprengel am 23. Mai 2025
ANZEIGE
Alles außer normal!
„Verrückt“ ist ein Wort, das die Brüder Ron und Russell Mael sicher gut beschreibt. Da liegt es doch nahe, das neue Album genau so zu nennen, oder? Die beiden Brüder bilden seit bald 60 Jahren den Kern der Rock/Popband Sparks.
Und auch, wenn die beiden stark auf die 80 zugehen, ans Aufhören ist noch lange nicht zu denken. Und seien wir mal ehrlich, dem neuen Album „MAD!“ kann man vieles anhören, aber sicher nicht das Alter der beiden Hauptakteure. Das ist wirklich verrückt.
MAD! ist bereits das 26. Studioalbum in der Band-Historie!
Etwas anderes, dass man den Sparks nicht vorwerfen kann, ist Stillstand. In ihrer langen Karriere war die Band wandelbarer als ein Chamäleon und hat auch vor einer Kollaboration mit den verhältnismäßigen Jungspunden Franz Ferdinand nicht zurückgeschreckt.
PASSEND DAZU
- Positive Grid Spark 2 Test: Looper begeistert, High-Gain nicht…
- Positive Grid Spark Mini Test: Kompakter Amp & Bluetooth-Lautsprecher
- Mercuriall Spark Test: Gitarrensoftware für den Marshall-Sound
- Blue Spark SL Test: Blackout Edition als Streaming-Mikrofon?
- TC Electronic Spark Mini Booster Test: Knuffiges Booster-Pedal
Lies auch: Franz Ferdinand – The Human Fear
Wie klingen die Sparks nun aber anno 2025?
Unterwegs im Wunderland
Das neue Album mutet an, wie eine Reise in Alices Wunderland. So viele Haken schlägt es. Dabei kann sich der Hörer aussuchen, ob die Brüder Mael dabei als verrückte Hutmacher oder als Märzhase agieren.
Das Album startet mit „Do Things My Own Song“. Allein der Titel sollte klar machen, dass die Sparks einiges anders machen, als ihre Kollegen im Rock- und Popzirkus. Das bescherte ihnen bis auf wenige Ausnahmen in den 1970er Jahren zwar keine Hits, aber eine treue Fangemeinde.
Der Song startet für die Band ungewöhnlich rockig. Er ist sehr gitarrenlastig. Hin und wieder sind Synthiebeats wahrzunehmen. Überall knarzt und brodelt es. Zu einem Ausbruch kommt es aber nicht. Wer denkt, dieses Lied zeigt, wo es auf dem restlichen Album lang geht, irrt – aber gewaltig!
Bereits der zweite Song „JanSport Backpack“ schlägt eine ganz andere Richtung ein. Statt Gitarren dominieren Synthies und Keyboards. Zwei wichtige Merkmale der Sparks kommen hier zum ersten Mal richtig zum Zug: die choralen Gesänge und ungewöhnliche, zum Teil richtig lustige Texte.
Wer aber hinter dem Liedtext von JanSport Backpack nur Nonsens vermutet, irrt erneut. Es geht um das Ende einer Beziehung und den letzten Blick auf den Partner, der mit seinem Marken Rucksack davonzieht. Es gibt nicht viele Künstler, die das zu einem Liedtext verarbeiten – die Sparks schon.
Das nachfolgende „Hit Me Baby“ ist dann eine Mischung aus heftigen Gitarren und harten Beats. Viel zu einem Hardrock-Song fehlt hier nicht mehr.
Die härtere Marschrute behält die Band auch in dem folgenden „Running Up A Tap At The Hotel For The Fab“. Dazu wird der Song noch richtig düster. Diese Stimmung bricht die Band in der Bridge völlig auf und überrascht erneut. Wieder ist es der Chorgesang, der hervorsticht und in diesem Fall eine schöne Bassline.
Der Kontrast zum nachfolgenden „My Devotion“ könnte stärker nicht sein. Der Song besticht mit einer lieblichen Melodie, die auch aus einem Kinderlied entstammen könnte. Dabei spielt der Song ebenfalls mit mehrstimmigem Gesang.
„Don’t Dog It“ überrascht dann wieder mit einem witzigen Wortspiel im Text und einer dominierenden Klaviermelodie. Das gab es auf dem Album bisher auch noch nicht.
„In Daylight“ schlägt einen weiteren Haken. Der Song ist vergleichsweise zurückgenommen mit einem wabernden Synthieteppich im Hintergrund. Der vordergründige Rhythmus basiert komplett auf Klatschen. So einen Song habe ich auch noch nicht gehört – und es funktioniert.
Wenn Du denkst, Du hättest jetzt alles auf dem Album gehört – wieder falsch. „I-405 Rules“ läutet die Streichersektion des Albums ein. Der Song startet direkt mit einem Streicher-Intro.
Insgesamt ist er wieder deutlich hektischer und wird durch die Streicher richtig dramatisch. Mit diesem Lied beweisen die Sparks, dass es sogar möglich ist, einen Song über die Regeln auf dem Interstate 405 zu schreiben und dann sogar das Wort „Deutschland“ einzubauen.
Langsam komme sogar ich ins staunen, obwohl ich schon viel von den Sparks und auch sonst gehört habe.
„A Long Red Light“ könnte dann der Soundtrack zu einem Horrorfilm sein. Dissonante Synthies erzeugen eine gruselige Atmosphäre.
Mit „Drowned in A Sea Of Tears“ wird der Streicherteil des Albums abgeschlossen. Im Gegensatz zu den Vorgängersongs ist dieser richtig poppig geraten. Durch die Streicher erhält er aber auch wieder die nötige Portion Dramatik.
„A Little Bit of Light Banter“ bringt das Album auf die Zielgerade. Der Song ist uplifting, verbreitet gute Laune und die Gitarren stehen wieder im Vordergrund. Eine gewisse Nähe zu den Beatles ist diesem Song nicht abzusprechen.
A Little Bit of Light Banter wäre auf jedem anderen Album ein idealer Albumschluss gewesen. Nicht so bei den Sparks. Diese schieben noch den Schlager-Schunkler „Lord Have Mercy“ hinterher. Die Frage, inwieweit dieser Titel ironisch ist, muss sich jeder Hörer selbst beantworten.
Und für alle, die bisher ein Gitarrensolo auf dem Album vermisst haben. Auch dieses kommt noch kurz vor Ende des Songs. Jetzt hast Du wirklich alles gehört auf der Reise durch das Wunderland der Sparks, das die Band selbst MAD! betitelt hat.
Kann MAD! überzeugen?
Bei MAD! ist der Name Programm. Das, was die Sparks in den 45 Minuten Laufzeit präsentieren, kann ich wirklich nur als verrückt bezeichnen. Es gibt gefühlt nichts, was es nicht zu hören gibt.
Was aber noch viel verrückter ist – die Ideen funktionieren und das Album wirkt trotz seiner schier grenzenlosen Abwechslung wie aus einem Guss.
Waren Alben wie „Hippopotamus“ und „A Steady Drip, Drip, Drip“ im Bandkontext ein kleines bisschen schwächer, sind die Sparks mit dem letzten Album „The Girl Is Crying in Her Latte“ und jetzt „MAD!“ wieder völlig auf der Spitze ihres Schaffens.
Andere Bands warten eine ganze Karriere auf Alben dieser Qualität. Die Sparks schütteln sie im Zwei-Jahres Rhythmus aus dem Ärmel. Ich kann Alt- und Neu-Fans das Album somit uneingeschränkt empfehlen.
Mad ist ebenfalls ein guter Startpunkt, wenn Du noch nichts von der Band gehört hast, aber deinen Musikhorizont erweitern willst. Aber sei gewarnt: Bist Du erstmal im Sog der Sparks gefangen, warten 25 weitere hochklassige Alben darauf, von dir entdeckt zu werden.
Pro
- Große Abwechslung
- Verrückte Ideen (Texte + Musik)
- Wirkt trotzdem wie aus einem Guss
Contra
- –