Ist das das Ende? Künstliche Intelligenz, die Musik komponiert

Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz komponiert Musik, per Live-Coding ein Club-Konzert spielen, das Hitpotenzial eines Songs per Algorithmus bestimmen - alles kein Problem!

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Hybrid Music Lab: Musik- und Tech-Szene vereint euch

Die Berlin Music Commission (BMC) sowie die Clubcommission Berlin (CC) veranstalteten bereits das zweite Jahr in Folge das Hybrid Music Lab. Ziel dieser Veranstaltung: Musik- und Tech-Szene zusammenführen.

Möchte man den konferierenden Experten glauben, werden Maschinen schon sehr bald vollkommen eigenständig Songs komponieren. Selbst den Vertrieb übernähmen sie dank Blockchain-gestützter Plattformen ohne menschliches Zutun.

Der Grundgedanke, Daten in musikalische Stücke zu verwandeln, ist dabei gar nicht mehr so neu. Programmierer Jens Rosenfeld, seines Zeichens Sound-Artist, hat mit Hilfe von Algorithmen Daten hörbar gemacht. Fallende Aktienkurse dienen hierbei beispielsweise als Trigger für Tonhöhen. Beschleunigter Börsenhandel erzeugt dem Prinzip der »Sonifikation von Daten« nach schnellere Tonabfolgen. Der (menschlichen) Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.

Musizieren per Live-Coding

Mit Hilfe von Live-Coding wurde das ganze clubtauglich auf die Bühne gebracht. Die Briten Alex McLean und Nick Collins erzeugen live programmierte Musik und bringen damit Menschen zum Tanzen. Diese Kombination aus Algorithmen und Rave nennt sich »Algorave«. Nur ein weiteres Beispiel von vielen, die beweisen, wie stark die Technisierung Einfluss auf Musiker nimmt.

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In ihren ausgefallenen Performances versuchen Alex und Nick, ihrem Publikum Rave-Sounds der Vergangenheit und Zukunft, gefiltert durch einen auf Algorithmen basierenden Prozess, zu präsentieren. Einfache Worte für das, was da passiert, lassen sich nur schwerlich finden. Bei aller Rechnergestütztheit, der Mensch als ausschlaggebendes Element bleibt aber auch hier noch unverzichtbar.

Wie weit wird es die künstliche Intelligenz bringen?

Inzwischen bemüht sich eine ganze Welle neuer Startups, das Thema computergestützter Komposition voran zu treiben. Die Ziele solcher Tech-Firmen sind meist hochgesteckt; nicht selten wollen ganze Branchen durchstoßen und revolutioniert werden. Wird eines Tages, ähnlich wie es dem Taxigewerbe mit der Beförderungs-App »Uber« oder Reiseveranstaltern mit dem Vermietungsporotal »Airbnb« erging, die Musikbranche in Angst und Schrecken versetzt?

Den bisweilen publizierten Ergebnissen musikalischer Auswüchse künstlicher Intelligenzen nach zu urteilen, dürfte es noch viel Zeit in Anspruch nehmen, bis Maschinen an die Originalität und Finesse menschlichen Musizierens herankommen. Unter Zuhilfenahme der Software »Flow Machines« veröffentlichten Wissenschaftler des Sony Computer Science Laboratory in Paris erste Stücke.

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Die Software »Flow Machines« greift dabei auf eine Datenbank bereits existierender Songs zu, um daraus ihre Stile und Gemeinsamkeiten zu erlernen. Das Resultat klingt gar nicht so übel, wie man es vielleicht vermuten würde. Man spürt hingegen schon, dass die Maschine lediglich Originaltitel synthetisiert und der Faktor Mensch mit einer gefühlvollen Spielweise fehlt. Maschinen-Musik klingt einfach gleichförmig und ohne Zauber.

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Über eine Milliarde programmierter Songs

Ein weiteres Beispiel für Maschinen-komponierte Musik liefert das Programm »Melomics« der Universität Málaga. Innerhalb der letzten sechs Jahr komponierte die Software über eine Milliarde Songs. Entstanden sind diese durch die Verschmelzungen verschiedener Genres. Im Hinblick auf Produktivität haben echte Musiker das Nachsehen. Kein Mensch war beim Komponieren je derart produktiv.

Wie Du echte Musik produzierst, lernst Du in unseren Video Tutorials

Qualitativ waren die Kompositionen so ausgereift, dass sogar das London Symphony Orchestra einige der Stücke spielte. Sieht man einmal von der Tatsache ab, dass all diese Programme erst durch menschliche Kreativität zustande kamen, stellt man schnell fest: Mit Kunst oder Schöpferkraft hat das nicht viel zu tun.

Hit-Song-Science per Algorithmus

Forscher sind schon seit Langem daran interessiert, dass, was einen Hit ausmacht, herauszufinden und dieses erlangte Wissen in die Produktion neuer Musik einfließen zu lassen. Heutzutage ist es möglich geworden, Lieder auf ihr Hitpotenzial hin zu testen. Zum Einsatz kommende Software nutzt dazu eine Datenbank mit Millionen von Liedern der vergangenen Jahrzehnte und analysiert neue Titel anhand derer Merkmale.

Wie weit solche Programme festen Einzug in die Musikindustrie halten werden, ist nicht belegt. Denkbar wäre es aber, um vorab bestimmte Lieder oder Künstler durch Plattenfirmen auf ihre Wertigkeit prüfen zu lassen. Fakt ist jedoch: Egal, wie weit uns der technische Fortschritt bringen wird, der Mensch bleibt in einer so sensiblen Thematik wie der Musik unverzichtbar. Viele Technologien werden das künstlerische Schaffen in Zukunft unterstützen, noch viele mehr werden in der Versenkung landen.

Wie sagte schon Reinhard Mey 1986

Da lob‘ ich mir ein Stück Musik von Hand gemacht,
Noch von einem richt‘gen Menschen mit dem Kopf erdacht,
‘ne Gitarre, die nur so wie ‘ne Gitarre klingt,
Und ‘ne Stimme, die sich anhört, als ob da jemand singt.
Halt ein Stück Musik aus Fleisch und Blut,
Meinetwegen auch mal mit ‘nem kleinen Fehler, das tut gut,
Das geht los und funktioniert immer und überall,
Auch am Ende der Welt, bei Nacht und Stromausfall!

Siehst Du deine Zukunft durch künstliche Intelligenz bedroht? Wie wichtig und ausschlaggebend ist für dich der Mensch, wenn es um die Komposition und Produktion von Musik geht? Greifst Du eventuell sogar schon auf Software-gestützte Hilfen zu, um die Qualität deiner Musik zu steigern?

Lesermeinungen (8)

zu 'Ist das das Ende? Künstliche Intelligenz, die Musik komponiert'

  • Jacob Richter   31. Jul 2017   08:59 UhrAntworten

    Netter Artikel um mal einen groben Überblick zu bekommen. Ich würde jedoch mit eher pauschalen Urteilen vorsichtig sein: "Maschinen-Musik klingt einfach gleichförmig und ohne Zauber". Die Stücke die ihr vorstellt beruhen auf vorher ausgesuchten Beispielen, woran die KI lernen kann. Deshalb klingt sie nicht mehr aber auch nicht weniger gleichförmig oder Zauberhaft.
    "[...] stellt man schnell fest: Mit Kunst oder Schöpferkraft hat das nicht viel zu tun." Wer stellt das fest? Der Autor? Das etwas Kunst ist oder nicht ist in diesem Fall äußerst subjektiv. Kann Kunst nur menschlich sein und das was die KI als Musik ausgibt ist somit keine Kunst? das kann man so sehen, muss man aber nicht.
    Trotzdem danke, das Ihr euch auch an das zunehmend wichtig werdende Thema KI und Musik heranwagt.

  • Julian Schneid   31. Jul 2017   09:10 UhrAntworten

    Matthias Tasser

  • Janne Janissen   31. Jul 2017   11:17 UhrAntworten

    ... Ist keine Zukunftsmusik mehr.. :D

  • Elias Lee Göbel   31. Jul 2017   12:58 UhrAntworten

    Es beeindruckt mehr Menschen etwas selbst zu können, die Beliebtheit von Singer-Songwriter Musik drückt doch grade das Verlangen nach einem überschaubaren Maß der Komplexität der Musik aus. Ist aber auch ganz witzig und wenn man die Technik als Hilfsmittel nutzt, dann kann auch was gutes daraus entstehen.

  • oboe   31. Jul 2017   13:30 UhrAntworten

    Jein: mit Sicherheit übernehmen Computer mehr Aufgaben, die früher Menschen gemacht haben. Aber zum Einen regte sich auch damals erbitterter Widerstand seitens von Live-Musikern gegen den Tonfilm, trotzdem halte ich das für eine gute Errungenschaft, zum Anderen glaube ich nicht daran, dass Computer wirklich gut klingende und natürlich wirkende Musik hinbekommen. "Humanize" reicht nicht, nicht umsonst werden teilweise bei Drumsamplern MIDI-Templates durch echte Musiker eingetrommelt, auch eine Stimme wie von Chris Jones, Ami, etc. wird man wohl kaum synthetisieren können. Deshalb: immer her mit der neuen Technik, keine Scheu, es wird trotzdem vor allem ein Hilfsmittel bleiben.

  • Marc Shake – Trancefish.de   31. Jul 2017   17:06 UhrAntworten

    (offtopic: Der Quellcode in der Bildvorschau sieht aus wie Jquery ;) )

  • Martin Gerhard   01. Aug 2017   17:33 UhrAntworten

    Schlimmer als "Brother Louie" kann's nicht werden. Also her damit!

  • Mokka   02. Aug 2017   11:32 UhrAntworten

    Diese Debatten, wie viel der durch Computer gestützten Musik anteilig ja noch die eigene wäre, gibt es schon genau so lang, wie kleine und große Computerchips in Musikinstrumente verbaut werden.
    Ganz gleich ob damals schon beim Arpeggiator in Synthesizern oder die Debatte speziell bei Samplern hochkochte.

    Die Frage danach, ob man diese Debatten überhaupt führen muss(te), erweist sich nach einiger an darüber Gras gewachsener Zeit als hinfällig und teils sogar beschmunzelnd.
    Heute käme niemand mehr auf die Idee zu meinen, das Synthie oder Sampler den Musiker abgelöst hätten.
    Sie sind als kreativ unterstützende Werkzeuge etablierte Normalität und auch nicht mehr wegzudenken.

    Auch mit neuen Technologien Computer gestützter Software, die Kompositionsprozesse generieren und automatisieren wird sich das so verhalten.
    Heute führt man darüber die Debatte, morgen schon kommt einem eine solche fast schon lächerlich vor.
    Die Frage, ob Computer den Musiker ersetzen stellt sich eigentlich nicht, sofern man sich vom Computer nicht ersetzen lässt und die eigenen Ansprüche wachsen.
    Es wird mehrheitlich immer Musiker geben (da man sich auch weiterentwickelt), die Möglichkeiten und Potentiale in neuen Technologien sehen und kreativ nutzen werden und neue Technologien als unterstützendes Werkzeug verstehen.
    Es ist ja auch nicht so (wie z.B. einmal in den 1980er Jahren befürchtet), das mit Einzug des Computers in der Musikproduktion sämtliche nicht-computergestützte Musik aus der Welt verschwunden wäre.

    Wie wird die ferne Zukunft des Musikmachens aussehen ?
    Wer kennt z.B. nicht die Szene aus "Zurück in die Zukunft 1", in der Marty an der Tür von Doc Brown klopft und dieser ihm mit einem "Gedankenleser" auf den Kopf die Tür öffnet ?
    Utopie ?
    Nein, mit einer ähnlichen Apparatur hat man es bereits geschafft, allein per Gedankenkraft einen Mauscursor auf einem Bildschirm zu bewegen.
    Theoretisch könnte man also auch (irgendwann) in der Lage sein, Noten, Melodien und ganze Kompositionen zu denken.
    Think Music Technologien könnten tatsächlich eine mögliche Zukunft sein.
    Im Gegensatz zum Computer aber, der die Musik generiert, ist es nach wie vor der Mensch, der den Ton angibt.

    Natürlich wird es immer jene Grundsatzdebatte geben, wie viel eigenes in der durch Computer unterstützten Musik bleibt.
    Aber ganz ehrlich ?
    Wer hat es denn nicht schon erlebt, das während des Musizierens eine sonderbare Richtungsänderung stattfindet, weil die Musik plötzlich ihren ganz eigenen Weg zu gehen scheinen möchte und man selbst "nur" als eine Art Medium fungiert, um sich die Musik selbst schreiben zu lassen und dabei ganz spannende Dinge geschehen und bei heraus kommen !?
    Es ist ähnlich wie beim Bildhauer der sagt, die Statue war schon immer da gewesen, ich habe nur die Ecken und Kanten weggemeißelt.
    Ich persönlich finde solche Grundsatzdebatten daher als überflüssig, so lange ein kreativer Prozess stattfinden und nutzbar gemacht werden kann.
    Weswegen solle man daher nicht Werkzeuge nutzen, die einem auch zur Verfügung gestellt werden ?
    Ob das nun Hammer und Meißel oder Computer und Software ist ;-)
    Also von daher.

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