Biffy Clyro – Futique
Alben im Rampenlicht

Biffy Clyro - Futique: Alben im Rampenlicht

Thorsten Sprengel Von Thorsten Sprengel am 19. September 2025

ANZEIGE

Zukunft wird Vergangenheit

Das neue Album von Biffy Clyro wirft viele Fragen auf. Die erste mir in den Sinn kommende ist „Was bitte bedeutet Futique?“. Das Wort wurde von der Band für das Album erfunden und stellt eine Kreuzung zwischen „future“ (Zukunft) und „antique“ (Antiquität) dar.

Damit ist es eine Kombination aus Vergangenem und Zukünftigem. Die Band beschreibt das Wort als etwas Gegennwärtiges, das in der Zukunft zu einer Antiquität werden kann.

Soll das neue Album also in der Zukunft antiquarisch werden? Ist es dafür überhaupt geeignet?


PASSEND DAZU


Vier Jahre sind vergangen seit Biffy Clyro mit ihrem Doppelschlag „A Celebration Of Endings“ und vor allem „The Myth of the Happily Ever After“ meine Gehörgänge mit harten Rockgitarren durchgeblasen haben.

Das war aber auch bitter nötig nach dem für die Band doch arg poppig geratenen „Ellipsis“. An dieser Stelle muss ich mich als Fan dieses viel gescholtenen Albums äußern, auch wenn mir die rockigeren und komplexeren Biffy Clyro dann doch auch etwas besser gefallen.

Die spannende Frage ist jetzt, welche Art Musik präsentiert uns die Band auf Futique. Aber fangen wir am Anfang an.

Die großen Stadien rufen

Das Album startet mit dem bereits vor einigen Monaten als Single veröffentlichten „A Little Love“. Ein Klavierintro führt uns in das Album. Dieses Instrument wird auch den Bogen zum Ende des Albums schließen.

Der Song bietet einen schönen verschleppten Rhythmus und einen bombastischen Refrain. Gelungener Start, wenn auch etwas poppig.

Das folgende „Hunting Season“ zieht dann das Tempo noch etwas an und rockt direkt mit den ersten Klängen los. Simon Neil zeigt sich rebellisch am Gesang und auch der Pre Chorus haut gut rein.

Dann kommt der Refrain und wie schon bei „A Little Love“ ist dieser einfach nur bombastisch – wie für die großen Stadien der Welt geschaffen. Damit bricht die Band aber auch etwas mit dem Rest des Songs.

Fans der ersten Stunden sollen dann wieder mit einem Biffy Clyro-typischen verrückten, rockigen Break und einem schön abrupten Ende versöhnt werden. Das gelingt auch.

Jetzt müssen die ganz alten Fans eher stark sein. In „Shot One“ wird das Tempo deutlich zurückgenommen. Der Anfang ist sehr poppig und geht schon in Richtung Schlager. Dieser Teil wird dann im Refrain wieder aufgegriffen, aber mit schönen Chören untermalt.

Der Song bewegt sich hart an der Grenze zum Schmalz, aber auch hier ist es eine etwas stärker rockende Bridge und eine Steigerung zum Ende des Songs hin, die den Song vor den kompletten versinken im Popsumpf retten.

Mit „True Believer“ folgt dann ein erstes richtiges Highlight. Der Song startet noch langsamer als Shot One. Es folgt ein plötzliches Anziehen des Tempos und auf einmal sind alle Bestandteile für einen guten Biffy Clyro Rocksong da.

Was den Song hervorhebt, sind seine überraschenden Wendungen. Da wären die typischen schrägen Gitarreneinwürfe, ein Acapella-Teil im Stil von Queen und sogar ein Glockenspiel, das sich mit der Gitarre duelliert.

Zur Abrundung wird Ende der balladeske Anfang noch einmal aufgegriffen und das alles in nicht einmal fünf Minuten. Das der Refrain wieder arg bombastisch ist – geschenkt. True Believer ist einfach ein guter Song.

Leider wird dieses hohe Niveau aus der Sicht eines Rockfans nicht gehalten. „Goodbye“ ist dann eine vollwertige Ballade, die mit Streichern ausgestattet sehr sentimental geraten ist. Aber auch hier gibt es den Ausbruch zum Ende mit fettem Gitarrensolo.

Das folgende „Friendshipping“ ist wieder ein reinrassiger Rocksong, der von Anfang an gut nach vorne geht und einfach Spaß macht – wäre da nicht wieder der sehr epische Chorus, aber das zieht sich durch das gesamte Album.

„Woe is me, Wow is You“ hat dann zumindest einen lustigen Titel. Der Song an sich startet zwar mysteriös, ist dann aber doch wieder ziemlich kitschig geraten. Ab der zweiten Strophe wird es dann richtig dramatisch – muss man mögen.

Mit „It’s Chemical!“ folgt dann wieder ein kleines Highlight. Der Song bietet einen spannenden, verschleppten Rhythmus, eine Wall of Sound, leicht verrückte Gitarren-/Schlagzeug-Einwürfe und tatsächlich mal einen nicht ganz so epischen Refrain.

Insgesamt finde ich den Song vom Sound her aber dann doch etwas zu voll. Er erdrückt einen vor allem am Ende förmlich.

„A Thousand and One“ ist dann für Rockfans ein weiterer Tiefpunkt. Der Song klingt etwas nach Coldplay. Für sich genommen ist es eine schöne, etwas unspektakuläre Ballade mit epischer Steigerung am Ende.

Auf der Zielgerade angelangt bietet das Album zwei Songs, die mich noch einmal aufhorchen lassen. „Dearest Amygdala“ hat nicht nur einen ungewöhnlichen Titel. Der Song kommt mit einer sonderbaren Disco-Stimmung daher – ABBA lassen grüßen.

Im epischen Refrain wird dann aber wieder richtig losgerockt und damit bietet die Band einen der besten Refrains auf Futique. Der Song findet ein überraschend lustiges Ende mit der Klärung der Frage, wie die titelgebende Amygdala denn nun ausgesprochen wird. Das macht Spaß.

Abgeschlossen wird das Album mit „Two People in Love“. Wie schon erwähnt wird dieser Song von Klavierklängen dominiert. Ansonsten bietet er nichts, was nicht schon da gewesen wäre: schöne Gitarreneinwürfe, ein letzter epischer Refrain und ein interessanter Zwischenteil mit Steigerung zum Schluss.

Damit setzt die Band einen schönen, aber etwas unspektakulären Schlusspunkt hinter das Album.

Kann Futique überzeugen?

An dieser Stelle muss ich klar differenzieren. Fans der ersten Stunde werden auf Futique wenig finden. Die vertrackten Rock Parts der ersten Alben fehlen fast gänzlich.

Generell wirkt das Album eher wie eine Fortsetzung von „Elipsis“ als wie ein Fortführen der letzten beiden Alben. Dabei ist es aber nicht ganz so seicht ausgefallen wie das genannte Album.

Ein richtiges Highlight wie das in den Bonus Tracks von Elipsis versteckte „In the Name of the Wee Man“ findet sich aber auch nicht.

Da ich wie bereits erwähnt mit der poppigen Seite von Biffy Clyro durchaus etwas anfangen kann, hat mich auch Futique über weite Strecken abgeholt. Es finden sich einige spannende Songs darauf.

Einzig das immer gleiche Schema mit den epischen Refrains und den Steigerungen zum Ende der Lieder nutzt sich auf Dauer etwas ab – auch wenn die Band versucht, immer wieder neue Akzente zu setzen.

Pro

  • Roter Faden
  • Abwechslung innerhalb der Songs
  • Spannende Strophen und Breaks

Contra

  • Manche Songs etwas sehr poppig
  • Immergleicher Songaufbau nutzt sich ab
  • Refrains wenig herausstechend

MEHR ZUM THEMA

ANZEIGE

EMPFEHLUNGEN