Arcade Fire – Pink Elephant
Alben im Rampenlicht

Von Thorsten Sprengel am 09. Mai 2025
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Der pinke Elefant im Raum
Kann man eine Rezension über ein neues Arcade Fire Album im Jahr 2025 schreiben, ohne auf die Vorwürfe des sexuellen Fehlverhaltens von Frontmann Win Butler einzugehen? Nein. Zu sehr haben diese die Zeit seit dem letzten Album „We“ beeinflusst. Zuletzt zeigte sich der Sänger geläutert und auch seine Frau und Mitmusikerin Régine Chassagne scheint Butler vergeben zu können.
Wie steht es nun also um den pinken Elefanten im Raum? Hat die Band genau diesen Titel gewählt, um Parallelen zu den Missständen innerhalb des Bandgefüges aufzuzeigen? Auf dem Albumcover ist dieser pinke Elefant als Kerze dargestellt, die abbrennen kann. Soll dies ein Zeichen der Läuterung sein?
Das neue Album wirft im Vorfeld viele Fragen auf. Können diese musikalisch beantwortet werden? Die Band versucht es auf jeden Fall.
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Das Abbrennen zur Läuterung
Das Album startet mit einem sphärischen Instrumental. „Open Your Heart or Die Trying“ ist mehr Soundcallage als eigenständiger Song. Im Laufe des Albums wird dieses noch mehrmals aufgegriffen. Dieses hat allerdings zu wenig Substanz, um eine richtige Atmosphäre zu erzeugen. So wirken diese Stücke eher wie Lückenfüller.
Der erste richtige Song ist dann der Titeltrack „Pink Elephant“. Dieser klingt wie eine kleine Indie Rock Hymne. Er ist angenehm, bleibt aber nicht richtig hängen. Die Instrumentierung ist minimalistisch gehalten.
Das zieht sich bis auf wenige Ausnahmen durch das ganze Album. Das Album wirkt so eher wie ein Soloalbum von Butler und Chassagne. Das bombastische und ausladende Instrumentarium früherer Arcade Fire Alben ist auf Pink Elephant nicht zu finden.
„Year of the Snake“ macht genau da weiter. Der Song beginnt mit Chassagnes hohem Gesang, zu dem sich nach kurzer Zeit auch Butler gesellt. Insgesammt klingt der Song wie ein gegenseitiges Umschmeicheln. Der Song steigert sich, bricht aber auch nicht richtig aus.
Der nächste Song „Circle of Trust“ ist sehr hypnotisch und kann mit schön sphärischen Gitarren punkten. Gegen Ende wird der Song aber mit zu vielen Effekten beladen.
Das folgende „Alien Nation“ ist dann der erste richtige Banger auf dem Album. Butlers Gesang verschwindet allerdings im Hintergrund hinter Effekten, so als wäre sich die Band bei dem Song selbst nicht sicher ist. Nichtsdestoweniger ist der Song insgesamt sehr mitreißend und überzeugt mit krachigen Ausbrüchen.
„Ride or Die“ ist dann eine ruhige Ballade, die von Butlers schmachtendem Gesang lebt. Zu Beginn wird diese nur von einer Akkustikgitarre und leisen Pauken begleitet. Im Verlauf des Songs gesellen sich sphärische Keyboards und Chassagne dazu. Schöner ruhiger Song.
„I Love Her Shadow“ ist dann ein erstes richtiges Highlight. Der Song wird von groovenden Keyboards untermalt und macht einfach gute Laune. Hier blitzt auch die Melodieseligkeit von Arcade Fire wieder durch.
Wer sich an den Discoanleihen und dezent eingesetzten Effekten nicht stört, bekommt hier ein kleines Juwel geboten.
Nach einem weiteren Interlude folgt bereits der letzte Song. „Stuck in my Head“ hat eine Spielzeit von über sieben Minuten und wäre gerne die große Hymne des Albums. Ein wenig erinnert der Song an „Rebellion (Lies)“ vom Debutalbum „Funeral“. Ähnlich wie dieser erfährt er eine mitreißende Steigerung.
Ganz mithalten mit dem Bandklassiker kann der neue Song dann aber doch nicht. Nach gerade einmal sieben Songs endet das Album auch schon wieder. Gemessen an eigenen Standards ist das dann doch etwas wenig.
Kann Pink Elephant überzeugen?
Arcade Fire machen es einem schwer. Sieht man das Album als Versuch der Läuterung an, kann es durchaus überzeugen. Es ist sehr homogen und weißt über die gesamte Laufzeit eine durchgängig höhere Qualität auf als dies beispielsweise „Everything Now“ getan hat.
Ein richtig großer Song wie der Titelsong vom genannten Album, The Suburbs oder Rebellion (Lies), der einen nicht mehr loslässt, findet sich nicht. Das ist etwas schade.
War doch die Band zuletzt auf großer 20 Jahre Jubiläumstour zu Funeral und hätte etwas vom Zauber dieses Albums mit in das neue Album einfließen lassen können.
Der Eindruck, dass es sich um ein Soloalbum von Chassagne und Butler handelt, hilft auch nicht wirklich. Waren doch Arcade Fire in der Vergangenheit immer dann am Stärksten, wenn es richtig gekracht hat.
Nach dem über weite Strecken sehr guten „We“ ist Pink Elephant ein deutlicher Rückschritt. Hoffen wir, dass die Band jetzt endgültig wieder geläutert ist und sich mit dem nächsten Album wieder mit einem richtigen Kracher zurückmelden.
Pro
- Homogenes Album
- Persönliches Album
Contra
- Schwache Produktion
- Mittelmäßiges Songwriting
- Zu wenig Bandsound