FAQ
Was ist der Kammfiltereffekt?
Klang des Kammfiltereffekts
Der Kammfiltereffekt kann zu einem seltsam »topfigen«, »hohlen« und »dünnen« Sound führen. Durch bewegliche Schallquellen oder Frequenzmodulation ändert sich sein Klangcharakter – ungefähr so, als würdest Du die Vokale »uüi« bzw. »iüu« fließend ineinander übergehend aussprechen. Manchmal fällt ein Kammfiltereffekt erst durch diese Bewegung im Sound auf.
Original:
Mit Kammfiltereffekt:
Passend dazu
- Video Mischpulte kaufen beim Homestudio einrichten
- Metal abmischen: Tipps für den Heavy Metal Gitarrensound
- Clicktrack: Was ist ein Clicktrack und wofür brauchst Du ihn?
- Kostenlos & vielleicht bester Equalizer am Markt
- Peter Weihe über Tonstudio, Recording und Gitarrensoftware
Weiter unten findest Du Klangbeispiele für erwünschte Kammfiltereffekte auf einer Gitarre – Phaser- und Flanger-Effekte arbeiten mit diesem akustischen Phänomen, wobei aber erst die angesprochene Modulation für ihren charakteristischen Sound sorgt.
Was ändert der Kammfiltereffekt im Frequenzgang?
In einem Graphen mit Frequenz (x-Achse) und Pegelstärke (y-Achse) sieht ein Kammfiltereffekt so aus, dass 1.) starke Pegelabsenkungen und 2.) Anhebungen um 6 dB gleichmäßig verteilt über das gesamte Frequenzspektrum hinweg auftreten:
Der Frequenzgang erinnert mit ein wenig Phantasie an einen Kamm und seine Zacken, daher der Name.
Wie entsteht der Kammfiltereffekt?
Der Kammfiltereffekt entsteht bei der Überlagerung von zwei weitestgehend identisch klingenden Signalen, wobei eines kurz verzögert ist. Wie kurz? Vor allem bei Verzögerungen von 2 bis 15 Millisekunden wird der Effekt deutlich.
Das Beispiel schlechthin: Beim Recording im Studio wird die Stimme oder das Instrument von der Wand reflektiert (gerade bei Aufnahmen in der Zimmerecke oder einer engen Gesangskabine). Dieses Echo erreicht das Mikrofon verzögert in Relation zum Direktschall, dessen Wellen geradewegs von der Klangquelle zum Mikrofon verlaufen. Dieser Zeitversatz äußert sich in der sogenannten…
Phasenverschiebung – Damit Du weißt, was Phase ist »
Auch ohne Schallreflexionen von mehr oder minder kahlen Wänden, Decken, Böden und sonstigen »echofreundlichen« Objekten kann es zum Kammfiltereffekt kommen: Bei der Aufnahme mit mehreren Mikrofonen gleichzeitig passiert das, wenn Mikrofon A in einem anderen Abstand zur Schallquelle steht als Mikrofon B.
Grundsätzlich müssen das »pünktliche« und das verzögerte Signal ähnlich laut sein, sonst stellt sich der Effekt nicht ein. Anders gesagt: Das verzögerte Signal braucht ja eine gewisse Intensität, damit sich gegen das erste durchsetzen und in der Mischung eine nennenswerte Phasenauslöschung bewirken kann.
Kammfiltereffekt verhindern
Um Kammfiltereffekte beim Recording per Mikrofon einzudämmen, können zunächst die Erstreflexionen im Aufnahmeraum gedämpft werden – Akustikelemente helfen.
Platzierung im Raum & Abstand zum Mikrofon
Neben der Stärke der Reflexionen kannst Du deren Verzögerung beeinflussen, um den Kammfiltereffekt zu bekämpfen:
Verzögerung erhöhen:
- Rücke das Mikrofonstativ weiter von der Wand weg und zeichne wie gewohnt auf.
- Mehr Entfernung zwischen a) Mikrofon + Schallquelle und b) Reflexionsfläche erhöht die Verzögerung zwischen Direktschall und Reflexion.
Verzögerung verringern:
- Lass das Stativ stehen stehen, aber nimm mit größerem Abstand zum Mikrofon auf.
- Mehr Entfernung zwischen a) Mikrofon und b) Schallquelle verringert die Verzögerung zwischen Direktschall und Reflexion.
3:1-Regel für die Aufnahme mit mehreren Mikrofonen
Bei Kammfiltereffekten, die aus der Verwendung von mehr als einem Mikrofon resultieren, hilft die 3:1-Faustregel:
Mikrofon B sollte mindestens dreimal so weit von der Schallquelle entfernt sein wie Mikrofon A. Dies ist freilich nur als Orientierungshilfe zu verstehen – lausche stets, ob dennoch ein Kammfiltereffekt auftritt und ändere gegebenenfalls den Abstand, bis der Effekt verschwindet.
Kammfiltereffekt künstlerisch gezielt einsetzen
Der Effekt ist keineswegs immer unerwünscht, zumindest in seiner statischen Form. Vielmehr wird er mit Geräten bzw. Audio-Plugins vom Typ Phaser und Flanger herbeigeführt, um sehr charakteristische Sounds zu erzeugen. Beispiele:
Phaser:
Flanger:
Merke: Erst die Modulation der vom künstlichen Kammfiltereffekt betroffenen Frequenzbereiche bewirkt die für einen Phaser- oder Flanger-Effekt typische Bewegung im Sound. Diese Frequenzmodulation geschieht in der Regel über einen LFO.
Fazit zum Kammfiltereffekt
Wie so oft gibt es zwei Seiten der Medaille: Mit den erwähnten Korrekturen in puncto Signalverzögerungen und/oder raumakustischen Optimierungen kannst Du dem unerwünschten Kammfiltereffekt den Garaus machen. Andererseits kann der erwünschte Kammfiltereffekt via Phaser und Flanger für wunderbar atmosphärische Sounds sorgen – bei Bedarf natürlich mit Free VST Plugins.
Welche Tricks hast Du auf Lager, egal für welche Seite der Medaille? Wir freuen uns sehr auf deinen Input?
zu 'FAQ: Was ist der Kammfiltereffekt?'
oboe 01. Dez 2015 10:25 Uhr
Für Stereophonie gibt es ja unterschiedliche Prinzipien der Mikrofonie. Koninzidente Mikrofonie ist stressfrei, aber klingt häufig nicht so natürlich und lebendig, Laufzeitmikrofonie klingt häufig spannender (gab dazu Blindtests).
Aus meiner (leidvollen) Erfahrung ist Laufzeitmikrofonie Outdoor eine doofe Idee: hier tritt der Kammfiltereffekt durch die Phasenverschiebungen häufig dynamisch durch Luftbewegung (z. B. Wind) auf. Das ist auch irreparabel, da hilft einem dann nur noch, eines der beiden Signale Mono zu verwenden.
Ansonsten lohnt es sich auch, die Stereobasis nicht zu schätzen, sondern zu berechnen. Hierzu ist die Seite von (dem leider verstorbenen) Eberhardt Sengpiel Gold wert. Inzwischen bin ich bei Recording-Sessions immer mit Distanzlaser und Taschenrechner am Start ;-)
Donald 11. Dez 2015 16:36 Uhr
Bei der Produktion hab ich einen Phaseneffekt maximal 1 mal in der Kette.
Also zum Beispiel auf nem Synth, Gitte, oder Vocal
und dafür kein zweites mal in der Kette.
Oder auf einer Gruppe und dafür nicht auf den Einzelspuren.
Denn Phaser und Flangersounds will heutzutage niemand mehr hören.
Ein bisschen "Schwebeeffekt" auf Vocals, mit nem Chorus erzeugt,
kann aber auch sehr schön klingen.