Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht
Schnörkellose Rockmaschine mit viel Charakter

Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht

Was ist es?

Die Framus Artist Phil XG P90/P90 erinnert auf den ersten Blick stark an eine Gibsons SG und ist in diversen Ausführungen erhältlich. Neben verschiedenen Lackierungen wird die E-Gitarre mit einem oder zwei Pickups bestückt, seien es Humbucker oder Single-Coils. Selbst eine Variante mit Bigsby-Tremolo konnte der Tester dieser Zeilen im Sortiment ausfindig machen.

Unsere Testausführung – die Phil XG P90/P90 in »Solid Cream White« – ist mit zwei PX90-Pickups von Arcane und einer klassischen Tune-O-Matic Bridge ausgerüstet.

Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht

Dieses Crème-weiße Schätzchen kommt im Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht unter die Lupe.


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Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht

Understatement pur


Passend dazu


Unverbindliche 2.941 Euro ruft der deutsche Vertrieb Warwick auf seiner Webpräsenz auf. Dafür bekommt man leider keine veredelnden Griffbrett-Inlays aus Perlmutt (von einfachen »dots« ganz zu schweigen), Holzmaserungen oder aufwendigen Bindings. Selbst die Lackierung ist im wahrsten Sinne des Wortes eintönig, dafür aber flächendeckend über Korpus und Hals.

Der Lieferumfang ist etwas mager – ein Koffer hätte allerdings drin sein müssen, stattdessen gibt es hier nur einen Gigbag. Doch wenn Du dir die Framus Artist Phil XG P90/P90 erst einmal zur Brust nimmst, wird schnell klar, wie diese den geübten Rockgitarristen zu überzeugen vermag.

Konstruktion: Neck-Through-Body

Für Hals und Korpus kommt Mahagoni zum Einsatz. Das Besondere: Die Verbindung beider Teile entsteht weder durch Verschraubung, noch durch Anleimen des Halses an den Korpus. Vielmehr kommt eine Technik zum Zug, die sonst eher im Bassbau anzutreffen ist: Der einteilige Ahornhals entspricht der vollen Länge des Instruments, so dass der Korpus zweiteilig ausfällt – die einzelnen Flügel sind über deren gesamte Länge an den Hals angeleimt sind.

Dieser als »Neck-Through-Body« bekannten Konstruktion wird ein besonders langes Sustain nachgesagt, die Praxis wird zeigen müssen, ob an der These etwas dran ist.

Fetter Hals

Der Hals ist nichts für Kinderhände, denn das bauchige Profil eines runden »D« liegt mehr als satt in der Hand. Umso mehr verwundert mich, dass ich mich mit meinen doch sehr kleinen Händen und kurzen Fingern nach bald sehr wohl mit diesem »Ast« fühlte. Vielleicht weniger was für turboartige Shredder-Orgien, aber der Hals suggeriert meiner linken Hand unmissverständlich: Rock mich hart!

Das Griffbrett mit modernem 12-Zoll-Radius aus Palisander ist mit 2 mm schmalen, aber 1,3 mm hohen Bünden aus Neusilber unterteilt. Es bietet keinerlei Inlays, die eine Navigation über die Bünde erleichtern könnte. Die seitlich des Griffbretts eingelassenen Bundmarkierungen fluoreszieren – ein nettes Detail für dunkle Bühnen. Die Mensur von 24,75 Zoll endet an der Kopfplatte mit einem Sattel aus »Black Tusq« von Graph Tech.

Kopfplatte

Die leicht abgewinkelte Kopfplatte bietet vorderseitig die einzige Fläche, die sich der ansonsten vollflächigen »Solid Cream White«-Lackierung entzieht. Sie greift mit ihrem Finish im schwarzen Klarlack die Farbgestaltung der Pickup-Kappen und Potis auf. Sie ziert das Framus-Logo in Perlmuttdesign. Eine schwarze Truss-Rod-Abdeckung in Glockenform legt nach der Entfernung einer Schraube den Halsstab frei.

Korpus

Auch am Korpus wurde nicht an Material gespart: Die beiden Mahagoniflügel, die sich naht- und übergangslos an den verlängerten Hals schmiegen, entsprechen in Ihrer Dicke mehr eine Les Paul, denn einer SG: 4,7 cm dickes Mahagoni, dessen Kanten vorder- und rückseitig über den kompletten Umfang konturiert wurden, was auch der Haptik zugutekommt. Trotzdem beträgt das Gesamtgewicht der Gitarre tragefreundliche 3,4 kg. Ein erster Hinweis auf die Qualität des verbauten Holzes?

Auf der Rückseite findet sich der Wartungszugang zum E-Fach: Schwarzes Plastik mit einfachen Clip-Verschlüssen. Das ermöglicht zwar sekundenschnellen Zugang zur Elektronik, allerdings hätte ich hier eine ordentliche Verschraubung bevorzugt. Sicheren Halt am Gitarrengurt garantieren die Warwick Security Locks.

Elektronik und Pickups

Die Pickups stammen vom kalifornischen Hersteller ARCANE und wurden nach dem Geschmack von Phil X entwickelt. Diese handgewickelten schwarzen Briketts hören auf den Namen »Phil X Signature PX-90«. Sie werden einem satt einrastenden 3-Wege-Schalter in Chrom angesteuert, der an der Unterseite des Korpus‘ auf Höhe des Stop Tailpiece liegt. Gut erreichbar, ohne beim Spielen zu stören.

Komplettiert wird die Steuerung der Pickups durch Tonblenden- und Volumenpotis, deren Kappen das bekannte Design des Fender Jazz Bass aufgreifen. Auch hier merkt man, dass ein Profimusiker am Design des Instruments beteiligt war: Einerseits sind die Kappen sehr griffig, andererseits lassen sich die leichtgängigen Drehgeber ohne Kraftaufwand mit dem kleinen Finger bedienen. Dabei ist das Volumenpoti während des Spiels jederzeit erreichbar, ohne im Weg zu stehen, während der wohl weniger genutzte Tonpoti mit sicherem Abstand zur rechten Hand weiter nach hinten gesetzt wurde.

Mechaniken & Tune-O-Matic Bridge

Der bisher hochwertige und vor allem funktionale Eindruck der Phil XG setzt sich auch bei der Wahl der Mechaniken nahtlos fort: Locking Tuner von Graph Tech zieren die Kopfplatte im passenden Chrom-Finish. Sie erinnern in Design und Funktion sehr an die bewährten Mechaniken vom Typ Schaller M6, laufen butterweich und gewähren besondere Stimmstabilität.
Die Tune-O-Matic-Brücke von TonePros führt das Chrome-Design fort. Brücke und Tailpiece werden mit in den Body eingelassenen Bolzen verschraubt. Auch hier sind es die Details, die den Unterschied machen: Beide Teile werden mit kleinen Inbusschrauben an ihren Verschraubungen gehalten. Ungewolltes Verstellen oder Abfallen bei Saitenwechsel ist so ausgeschlossen.

Verarbeitung

Jenseits der 2.000 Euro bin ich sehr kleinkariert, was Unsauberkeiten in der Verarbeitung angeht, schließlich finden sich bereits in dreistelligen Preisregionen hervorragend verarbeitete Instrumente.

Hier gibt es indes praktisch nichts zu beanstanden. Die Lackierung ist gleichmäßig und »nasenfrei«. Die Bünde sind perfekt eingearbeitet. Ohne Fehl und Tadel arbeitet die hochwertige Hardware, zudem hat sie beim Einbau nirgends Dellen oder Lackschäden hinterlassen. Die Potis eiern nicht. Der Sattel ist perfekt eingesetzt und abgerichtet, ebenso die geplekten Bünde. Lackschützende Gummiringe trennen die bombenfest sitzenden Security Locks vom Korpus.

Nur die erwähnten Plastikclips am Elektronikfachdeckel sind nicht erste Sahne. Na, geschenkt.


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Überzeugt schon unverstärkt

Wie ist die Bespielbarkeit? Wie balanciert klingt das Instrument unverstärkt? Wie resonant wirkt die Gesamtkonstruktion? Bevor ich E-Gitarren verstärkt beurteile, lerne ich deren Stärken und Schwächen immer gerne zuerst ohne Verstärkung kennen. Und auch hier darf ich sagen, dass ich keine Schwächen entdeckt habe.

Unser Testmodell kommt mit einer Saitenlage, die dem satten Halsprofil entspricht: Nicht High-Speed solierend niedrig, sondern mit dem Quäntchen Luft zwischen Saite und Griffbrett. Wer etwas härter in die Saiten fährt, freut sich über genug Raum zum freien Schwingen. Auch die Intonation und Bundreinheit ist makellos. Kurzum: Das Setup ist perfekt. Nichts weniger erwarte ich aber auch bei einer Gitarre in dieser Preisklasse.

Schon »trocken« angespielt machen sich der massive Hals und die Body-Through-Neck-Konstruktion positiv bemerkbar: Das Sustain ist außerordentlich, das Schwingungsverhalten gleichmäßig. Man spürt das Resonanzverhalten des Holzes, die Gitarre lebt, der Ton ist kräftig und ausgewogen. Ich bin gespannt, ob der äußerst positive Ersteindruck auch verstärkt Bestand hat.

Praxis

Das Kabel rastet druckvoll in die Klinkenbuchse ein – Zeit, den Verstärker einzuschalten. Die Töne Perlen perkussiv und klar aus den Boxen. Saitenseparation und das gleichmäßige, lange Ausschwingverhalten machen Laune. Dabei wirkt der Stegtonabnehmer nie harsch, beweist aber Biss und wird von einem ausbalancierten Mittenspektrum unterfüttert.

Der Hals-Pickup klingt naturgemäß wärmer. Ein solider Bass, der nie Gefahr läuft, matschig zu klingen, paart sich zu warmen Mitten und frischen, klar akzentuierten Höhen. Die Tonabnehmer harmonieren exzellent mit der restlichen Konstruktion, tonal direkt, spritzig mit fokussierten Mitten.

Spielfehler werden nicht verziehen, was die Hände in das Instrument eingeben, übersetzt dieses 1:1 am Kabelanschluss. Auch das dynamische Verhalten ist vorbildlich, die Gitarre übersetzt feinfühlig jede Anschlagsstärke. Kein Höhenverlust bei Zurücknahme des Volumenpotis, von Clean bis »volles Brett« braucht es nicht mehr als den kleinen Finger am Lautstärkeregler der Gitarre.

Der Ton bietet eine Menge Charakter und ist vielseitiger, als es Konstruktion und Pickups erwarten lassen. Der Schwerpunkt bleibt eindeutig Rock, Rock und nochmal Rock! Und rocken tut sie –fehlerlos, gnadenlos, verzückend und charakterstark.

Klangbeispiele im Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht

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Fazit zum Framus Artist Phil XG P90/P90 Test

Die Framus Artist Phil XG P90/P90 ist keine Gitarre für jedermann. Im Vergleich zu manch anderer Edelschmiede bleibt ihr Äußeres schlicht, der satte Hals ist die Antithese der »Everybody‘s Darling«-Philosophie, P90-Tonabnehmer muss man auch noch wollen und der Preis ist nicht von Pappe. Und dann gibt es nur einen Warwick Rockbag dazu, nicht einmal einen richtigen Koffer. Aus der Ferne betrachtet, dürfte diese Gitarre eine Herausforderung für Vertriebler und Marketingabteilung sein.

Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht

Das Instrument überzeugte im Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht.

In der Praxis überzeugt sie jedoch vollends. Perfekte Verarbeitung, hochwertige Ausstattung und durchdachtes Design mit praxisbezogener Funktionalität zeichnen diese Rockmaschine aus. Wer abseits des ewigen Les-Paul-Themas eine hochwertige Gitarre sucht und nicht vor dem voluminösen Hals (für mehr Ton und Sustain) zurückschreckt, sollte sich die Phil XG unbedingt mal zur Brust nehmen.

Der bescheidene Lieferumfang in Form des Warwick Rockbag und die Plastikclips an der Elektronikabdeckung trüben das Bild ein wenig. Schlussendlich gibt es starke viereinhalb von fünf Punkten im Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht auf delamar – das kann sich sehen und vor allem hören lassen.

Framus Artist Phil XG P90/P90 Features

  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni, Neck-Through-Body
  • Griffbrett: Palisander
  • Mensur: 24,75"
  • Bünde: 24
  • Hardware: Chrom
  • Mechaniken: Graph Tech Locking Tuner
  • Pickups: SS – 2 x Arcane Signature Phil X PX-90
  • Potis & Schalter: Volume, Tone, 3-Wege-Pickup-Schalter
  • Gigbag mitgeliefert
Hersteller: Framus
Produkt:

Framus Artist Phil XG P90/P90 Test

Lesermeinungen (1)

zu 'Framus Artist Phil XG P90/P90 Testbericht: Schnörkellose Rockmaschine mit viel Charakter'

  • Gerhard Schlesinger   29. Sep 2018   18:12 UhrAntworten

    "Für Hals und Korpus kommt Mahagoni zum Einsatz." .... "Der einteilige Ahornhals entspricht.....". Ja, was denn nun? Klar, wenn der Hals rückseitig weiß lackiert ist, sieht man es nicht, aber für einen solchen Test sollte man es schon wissen und richtig beschreiben.

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