Fernandes Retrorocket Pro Testbericht
Die E-Gitarre mit dem endlosen Sustain

Fernandes Retrorocket Pro Testbericht

Was ist es?

Auf den ersten Blick scheint die Fernandes Retrorocket Pro eine weitere Variation der beliebten Bauart »Stratocaster« zu sein. Ein mit dem Body aus Esche verschraubter Hals aus Ahorn, drei Pickups mit einem Humbucker am Steg, ein 5-Wege-Schalter für den Pickup und ein Vintage-Tremolo-System.

Doch die zwei Kippschalter weisen auf ein Schmankerl hin, das man so nur bei Fernandes findet: Der patentierte Sustainer. Schaltet man diesen zu, erzeugt der Halspickup ein Magnetfeld, das die Saiten in Schwingung hält. Mit dem zweiten Kippschalter kann wahlweise auch ein Überkippen in die Obertöne heraufbeschworen werden. Somit bietet die Retrorocket Pro nicht nur die Möglichkeit ewig stehender Töne, sondern kann darüber hinaus auch Feedbackorgien simulieren – ganz ohne voll aufgerissenen Gitarrenverstärker.

Der Straßenpreis der Fernandes Retrorocket Pro liegt bei 399,- Euro.


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Fernandes Retrorocket Pro Testbericht

Der erste Eindruck

Die in China gefertigte Gitarre leistet sich keine Schwächen in der Verarbeitung: Der Hals sitzt passgenau und mit vier sauber in den Esche-Korpus versenkten Bolzenschrauben bombenfest in der Halstasche. Unser Testobjekt kommt in gelungener 3-Tone-Sunburst-Lackierung, die einen freien Blick auf die gleichmäßige Holzmaserung garantiert. Erste positive Überraschung: Der Body scheint einteilig aus dem Vollen gefräst. So etwas trifft man in dieser Preisklasse nun wahrlich nicht oft an. Sehr schön.

Fernandes Retrorocket Pro Testbericht

Wie schneidet der Kandidat im Fernandes Retrorocket Pro Testbericht ab?

Die Mechaniken verrichten Ihren Job, das einfache Tremolo-System mit leichtem Aluminiumblock ist auf dem Body aufliegend justiert. Der Pickup-Schalter hätte für meinen Geschmack etwas besser definierte Rasterpunkte vertragen können. Die Kirche aber mal im Dorf lassen: Unter Berücksichtigung der Preisklasse und in Anbetracht der Tatsache, dass das Sustainer-System alleine schon mit ca. 200,- Euro zu Buche schlägt, kann nicht erwartet werden, dass jedes Bauteil der Retrorocket Pro in der ersten Liga mitspielt. Dafür bietet Fernandes mit der Retrorocket Elite ein ähnliches Modell, welches mit höherwertigeren Komponenten bestückt wird, aber eben auch entsprechend mehr kostet.

Anyhow: Ein Tonregler und der obligatorische Volumenregler komplettieren das Bedienpanel. Rückseitig finden sich die Abdeckung des Tremolo-Systems und das Fach für den 9V-Block, welcher die aktive Elektronik mit Strom versorgt.


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Wie spielt sie sich?

Die Gitarre liegt sehr gut in der Hand, der seidenmatte Hals ist ein echter Handschmeichler. Der Hals mit modernem C-Shaping und das flache Griffbrett mit 16“-Radius laden zum schnellen Spiel ein und erleichtern Bendings.

Die Saitenlage ist ab Werk vorbildlich justiert, die Bünde sauber abgerichtet. So macht das Spaß, auch weil die Hals-Body-Verbindung das Spiel in den oberen Lagen erleichtert. Trocken angespielt, reagiert die Retrorakete sehr perkussiv und resonant.

 

Sound im Fernandes Retrorocket Pro Testbericht

Fernandes Retrorocket Pro TestberichtWer soundmäßig klassisches »Strateln« erwartet, den belehrt die Fernandes Retrorocket Pro beim ersten Anschlag eines Besseren. Nein, den Sound, den das Äußere vielleicht erwarten lässt, bietet die Retrorocket Pro nicht. Zwar klingt es entfernt in Richtung »Stratocaster«, aber die verbauten Pickups sowie der Sustainer im Hals-Pickup drücken der Gitarre ihren ganz eigenen Sound auf.

Spätestens beim Batteriewechsel wird klar: Ohne Strom kein Ton! Die Betriebsspannung wird nicht nur für die Verwendung des Sustainers benötigt, also immer an eine Ersatzbatterie denken. Nimmt man dies zur Kenntnis, überrascht diese Gitarre auch verstärkt mit einem knackigen Attack. Die einzelnen Töne springen einen beim Anschlag der Saiten geradezu an.

Der relativ heiß gewickelte Humbucker am Steg liefert das volle Rockbrett, die Single-Coils in Mitten- und Halsposition bieten sich für spritzige Funk-Attacken und einen bluesigen Sound an. Insgesamt deckt die Gitarre mit dieser Bestückung ein sehr weites Klangspektrum ab. Allerdings hätten die Pickups etwas harmonischer aufeinander abgestimmt werden können. Der Halspickup bietet weniger Höhen als der sehr perkussiv-spritzige und höhenreiche Mittelpickup, der dem Humbucker am Steg fast die Schau zu stehlen vermag, was Durchsetzungsvermögen und Betonung in den Höhen angeht.

Hals

Hals & Mitte

Mitte

Mitte & Steg

Steg

Steg, Gain

Steg, Gain & Sustainer

 

Sustainer: Endloser Ton

Aktivierst Du den Sustainer mit dem unteren Kippschalter, regt ein Magnetfeld im Hals-Pickup die Saiten zum endlosen Schwingen an – gespielte Noten klingen endlos. Dies ermöglicht ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten, Akkorde können wie ein Flächensound eines Synthesizers stehen gelassen, einzelne Noten im Solo endlos gehalten werden.

Schaltest Du den zweiten Kippschalter zu, kippt der Sustainer die Noten in Ihre harmonischen Obertöne – ähnlich, wie man es vom natürlichen Feedback eines voll aufgedrehten Gitarrenverstärkers kennt. Der Sustainer erspart den Einsatz eines E-Bows und hat den Vorteil, die rechte Hand zum Spiel frei zu haben. Zudem können die Obertöne heraufbeschwört werden.

Die Nutzung des Sustainers bietet sich vorzugsweise für verzerrte Sounds an. Bei den cleanen ist ein leichtes »Grisseln« oder »Surren« zu bemerken, ähnlich einer leichten Verzerrung unter dem Ton. Ebenso ändert sich der Grundsound des gewählten Pickups durch entweder eine Anhebung der Höhen oder Absenkung dieser. Nur der Sound des Steg-Humbuckers bzw. dessen Kombination mit dem mittleren Single-Coil bleibt bei Aktivierung des Sustainers gleich. Für den einen vielleicht irritierender Beigeschmack der Technik, für den anderen eine größere Vielfalt abrufbarer Sounds.

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Fazit zum Fernandes Retrorocket Pro Test

Die Fernandes Retrorocket Pro bietet mit ihrer Pickup-Bestückung ein breit einsetzbares Soundspektrum. Die Bespielbarkeit ist durch Detaillösungen wie die Body-Hals-Verbindung und der matt lasierte Hals überdurchschnittlich in Hinsicht auf den Preis. Mit ihrem integrierten Sustainer-System ist sie (in Ihrer Preisklasse) konkurrenzlos und bietet dadurch besondere Ausdrucksmöglichkeiten. Gleich, ob Feedbackorgien oder das endlose Halten von Tönen – der Sustainer ermöglicht das.

Die Verarbeitung ist tadellos und es ist positiv zu werten, dass neben dem Sustainer auch weiter in die Substanz der Gitarre investiert wurde: und zwar in ein resonantes und wertig verarbeitetes Tonholz. Das lässt in Anbetracht des Preises über die leichten Defizite in der Hardware-Ausstattung (wie dem einfach gehaltenen Tremolo-System und den einfachen, aber stimmstabilen Tunern) hinwegsehen.

Wer auf Dive-Bombs allerdings gut verzichten kann, der wird auch mit dieser glücklich werden. Die leichten Nebengeräusche bei aktiviertem Sustainer können störend wirken, in verzerrten Gefilden fallen diese aber nicht weiter auf.

Wer auf der Suche nach einer Gitarre mit Sustainer ist und die Preise für die japanischen Modelle des Herstellers nicht investieren kann oder will, kommt an dieser Gitarre nicht vorbei. Wer auf den Sustainer verzichten kann und auf der Suche nach dem Strat-Sound ist, wird mit dieser eierlegenden Wollmilchsau weniger glücklich werden. Für alle, die einfach ein gut verarbeitetes Arbeitstier mit dem gewissen Extra für wenig Geld suchen, könnte sich ein Anspielen lohnen. Der Sustainer macht irre Spaß und so komme ich in diesem Fernandes Retrorocket Pro Testbericht auf eine Wertung von vier von fünf möglichen Punkten.

Fernandes Retrorocket Pro Features

  • Korpus: Esche
  • Hals: Ahorn, geschraubt
  • Mensur: 648 mm
  • Bünde: 22, Jumbo
  • HSS-Bestückung
  • Integrierter Sustainer
  • Aktive Elektronik
  • Tremolo-System
Hersteller: Fernandes
Produkt:

Fernandes Retrorocket Pro Test

Lesermeinungen (1)

zu 'Fernandes Retrorocket Pro Testbericht: Die E-Gitarre mit dem endlosen Sustain'

  • Cristián Elena   17. Okt 2013   15:30 UhrAntworten

    Gut! In den anderen Musikerportale bzw. -Magazinen finden die Fernandes-Instrumente kaum statt...

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