ArtsAcoustic CL Series Test
Drei Kompressoren für den Tüftler in Dir

ArtsAcoustic CLMS-1 XL

ArtsAcoustic CLMS-1 XL - Das Flaggschiff der Serie ist speziell für's Mastering geeignet

Was ist es?

Die deutschen Entwickler von ArtsAcoustic gingen so weit, die charakteristischen Klangeigenschaften von Transistoren, Resistoren, Kapazitoren und anderen Bauteilen analoger Kompressoren nachzubilden. Soviel vorweg: Das ist richtig gut gelungen und die vielen Kontrollmöglichkeiten bieten Spielraum für umfangreiche Klangbearbeitungen, besonders beim Einsatz als Mastering-Kompressor. Vor allem die ausgefeilten Möglichkeiten zur M/S-Bearbeitung ragen aus der Masse heraus.


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ArtsAcoustic CL Series Testbericht

ArtsAcoustic CL Series – Einleitung

Die Serie besteht aus besteht aus drei Plugins, die im Kern identisch, aber mit unterschiedlichen Komponenten zur M/S-Bearbeitung ausgestattet sind.

  • CL-1 bietet nur die Grundfunktionen und ist gut zum Komprimieren einzelner Spuren geeignet
  • CLMS-1 verfügt zusätzlich über einen Drehregler, mit dem Du die Balance zwischen Mitten- und Seitensignalanteil bestimmen kannst, bevor komprimiert wird; zudem lässt sich das Panning des Seitensignals nach der Komprimierung justieren – das Mittensignal bleibt davon unberührt
  • CLMS-1 XL bietet alle Funktionen des CLMS-1 und außerdem zwei unabhängig regelbare Kompressionsstufen für das Mitten- und das Seitensignal (bzw. für den linken und den rechten Kanal im L/R-Modus), jeweils mit M/S-Balance, Threshold, Ratio, Attack und Release

Neben den verschiedenen, vor allem im Zusammenspiel sehr weitreichenden Möglichkeiten zur M/S-Bearbeitung verfügt die ArtsAcoustic CL Series über internes/externes Sidechaining mit Hoch- und Tiefpassfiltern zur frequenzselektiven Kompression sowie einen Brickwall Limiter mit Peak- und RMS-Modus. Bei den restlichen Parametern gibt es keine Überraschungen: Regler für die Eingangslautstärke, den Kompressionsschwellenwert (Threshold), die Kompressionsrate (Ratio), das Einschwing- und Ausklangverhalten (Attack und Release) sowie die Ausgangslautstärke sind vorhanden. Schließlich gibt es noch die Möglichkeit zur parallelen Kompression über den Dry/Wet-Regler.


Passend dazu


Zum Test lag uns die Version 1.0.13 vor.

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Bedienung der ArtsAcoustic CL Series

Die Regler für die wichtigsten Parameter sind schön groß dargestellt und auch sonst ist die Oberfläche recht großzügig dimensioniert. Erfreulich ist auch, daß sich die Parameter bei gedrückter Umschalttaste wesentlich feiner abstimmen lassen (in Zehntelschritten, also 0,1% bzw. 0,1 dB) und die Regler nach einem Doppelklick darauf auf 0 springen – Bedienstandards, die mir von vielen anderen Plugins vertraut sind und die ich nicht mehr missen möchte. Dazu kommt die Möglichkeit, die Parameter per Mausrad zu justieren und die Option zur direkten Eingabe der Ziffern nach einem Rechtsklick auf den entsprechenden Regler. Fein.

ArtsAcoustic CL Series - Metering

Zum Ablesen der Pegelanzeigen ist eine Lupe nötig

Ganz und gar nicht fein ist die winzige Beschriftung der Pegelanzeigen und der darunter eingeblendeten Parameterwerte für den jeweils mit der Maus berührten Regler. Hier ist tatsächlich die kleinstmögliche Pixelschrift verwendet worden, um die Ziffern gerade noch so lesbar zu machen – völlig unverständlich, ist doch der Rest der Oberfläche geräumig gestaltet.

Einige der im Folgenden beschriebenen Parameter sind nur beim Flaggschiff CLMS-1 XL verfügbar, wie bereits in der Einleitung auf der ersten Seite dargelegt.

Input

Der Regler für die Eingangslautstärke reicht von -40 bis +40 dB; hier muss erwähnt werden, daß sich seit der Version 1.0.13 auch die Lautstärke des internen Sidechain-Signals verringert, wenn Du den Input-Regler herunterschraubst. Die Input-Stufe dient einerseits als Lautstärkenkontrolle des Eingangssignals, andererseits ist ihr Klangverhalten nach einem Röhrenschaltkreis modelliert. Mit dem kannst Du das Signal saturieren (sättigen), also Obertöne anreichern – von subtil bis derb, je nachdem, wie kräftig Du den Regler aufdrehst. Damit lässt sich der Klang ganz wunderbar würzen, wie ich festgestellt habe … doch Vorsicht, dabei kommt es schnell zu digitalem Clipping, also solltest Du die Lautstärke per Output-Regler drosseln oder den Limiter zuschalten.

M/S Mix M und M/S Mix S

Diese Regler bestimmen die Balance zwischen den Mitten- und Seitenanteilen des Signals, bevor es durch die zwei Kompressionsstufen geschickt wird. So lässt sich bestimmen, wieviel vom Mitten- bzw. Seitensignal überhaupt durchgelassen wird, um jeweils von den separaten Stufen komprimiert zu werden. Mitnichten ein alltäglicher Parameter im Ozean der Kompressor-Plugins … so sind feinst abgestufte, subtile Effekte möglich, vor allem in Verbindung mit dem Dry/Wet-Regler für das Gesamtsignal am Ende der Kette. Vorbidlich!

Threshold

Der Threshold lässt sich auf bis zu -70 dB stellen. Bei der Kompressionsrate beträgt die Spannweite einerseits 1:1 bis 25:1, negative Kompressionsraten von -1:1 bis -10:1 sind ebenso möglich und schließlich gibt es auch den Limit-Modus mit unendlicher Kompressionsrate. In der Praxis sind die negativen Kompressionsraten vor allem bei Drums nützlich – in Verbindung mit dem Attack-Regler sind im Handumdrehen heftig peitschende Snares und scheppernde Drum-Ensembles herbeigezaubert.

Attack und Release

Die Einstellungen für Attack und Release werden in Prozentwerten angezeigt – Attack: 0% entspricht ~0,1 ms, 100% entspricht ~500 ms; Release: 0% entspricht ~20 ms, 100% entspricht ~1000 ms. Das ist ungewöhnlich und hat anfangs für Verwirrung gesorgt. Aufgrund dieser Design-Entscheidung sind keine direkten Klangvergleiche mit anderen Kompressoren oder die Einstellung erprobter Werte aus Deiner produktionstechnischen Erfahrung heraus möglich – es sei denn, Du rechnest die Werte anhand der oben genannten Entsprechungen um. Andererseits solltest Du Dich ja beim Mixing und Mastering eines individuellen Stücks nicht auf Millisekundenwerte versteifen, sondern immer wieder neu nach Gehör entscheiden und so lange justieren, bis der Klang passt.

S Pan und Mix M/S

Mit dem »S Pan«-Regler kannst Du im M/S-Modus das Panning des Stereosignals regulieren. Das hat sich als nützlich für feinere Korrekturen am Klangbild erwiesen, etwa wenn Du das Stereopanorama einer mit Stereo-Delay versehenen Synthesizerspur verändern willst.

Mindestens ebenso wichtig ist Mix M/S – damit lässt sich die Mitten/Seiten-Balance des komprimierten Signals regulieren. Hier und da habe ich den Wunsch verspürt, das Mitten- oder das Seitensignal schnell auf Solo schalten und separat abzuhören. Das ist jedoch nur möglich, indem der Regler ganz nach links (nur Mitte) oder ganz nach rechts (nur Seiten) gedreht wird. Dedizierte Schalter zum schnellen Vorhören hätte ich hier besser gefunden, denn dann müsste die einmal gefundene Einstellung für die Mitten/Seiten-Balance nicht immer wieder von neuem gesetzt werden, nachdem man auf die beschriebene, etwas rustikale Weise M oder S abgehört hat. Nun gut, das ist vielleicht nur Meckern auf hohem Niveau.

Dry/Wet und Output

Der Dry/Wet-Regler ist für die Regulierung der Balance zwischen dem naturbelassenen und komprimierten Signal zuständig. Diese Funktion ist bei allen guten Kompressoren zu finden, also darf sie auch bei ArtsAcoustic nicht fehlen. So lassen sich etwa die Transienten des Originalsignals bewahren und dennoch gleichzeitig die für die Kompression typische Verdichtung des Klangs erzielen. Eine beliebte Anwendung ist die parallele Kompression, auch ”New York style” genannt.

Der Output-Regler – surprise, surprise – legt die Lautstärke des Ausgangssignals fest. Wenn Du den Limiter nicht benutzt, entscheidet sich hier, ob digitales Clipping (Übersterungen, Pegelausschläge über 0 dB) entsteht oder nicht. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Doch halt…

Eines der größten Ärgernisse der ArtsAcoustic CL Series liegt in dem Umstand begründet, daß der Dry/Wet-Regler in der Signalkette VOR dem Output-Regler verschaltet ist. Sobald die Kompressionsrate in etwas höhere Regionen vordringt, muss der entstehende Lautstärkenverlust per Output-Regler wieder ausgeglichen werden. Wenn Du jetzt aber die passende Mischung aus komprimiertem und unkomprimiertem Signal aufspüren willst, musst Du bei der Betätigung des Dry/Wet-Reglers stets auch den Output nachjustieren, um ungefähr auf demselben Lautheitsniveau zu bleiben. Das hat sich bei meinen Tests mit starken Kompressionseffekten als ziemlich nervig erwiesen. Das Problem lässt sich zwar umgehen, indem Du stattdessen zur Kompensation der Lautstärkenverluste den Input-Regler nutzt, doch sind die dadurch entstehenden Obertonsättigungseffekte eben nicht immer erwünscht.

Sidechaining

Diese Sektion kontrolliert das wahlweise interne oder externe Sidechain-Signal. Im internen Modus wird das Signal direkt vom unbearbeiteten Stereo-Input vor der Input-Stufe abgegriffen. Im externen Modus bestimmt ein über den separaten Eingangskanal des Plugins eingespeistes Signal das Sidechaining, womit sich das typische Pumpen bei House und Techno erzielen lässt. Auf der letzten Seite dieses Testberichts findest Du ein (übertriebenes) Beispiel dieses Effekts.

ArtsAcoustic CLMS-1 XL - Sidechains

Das Sidechaining kann sich sehen lassen

Sehr schön ist, daß es separate Sidechains für das Mitten- und das Seitensignal gibt, jeweils mit eigenen Schaltern für intern/extern und Hoch- und Tiefpassfiltern mit 12 dB Absenkung pro Oktave. Zudem findest Du hier Solo-Schalter zum Vorhören beider Sidechain-Pfade.

Limiter

Der zuschaltbare Brickwall Limiter sitzt am Ende der Signalkette nach dem Output-Regler der Kompressorsektion. Er lässt sich im Peak- oder im RMS-Modus betreiben, wobei der Release-Regler die Zeitspanne bestimmt, in der das Signal nach dem Limiting wieder zum Ausgangspegel der Kompressorstufe zurückkehrt – von 0,0% (sample-akkurates Brickwall Limiting, Vorsicht: Übersteuerungsgefahr bei zu lautem Eingangspegel) über 0,01% (Peak: ~50 ms; RMS: ~1 ms) bis 100% (~1500 ms). Die Attenuation reduziert den Gesamtausgangspegel des Plugins (-40 bis 0 dB) am absoluten Ende des Signalpfads.

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Klangbeispiele der ArtsAcoustic CL Series

Bei der Beurteilung des Klangs bin ich etwas zwiegespalten. Zunächst zur Kompression kleinerer Instrumentengruppen am Beispiel zweier Drum-Spuren. Hier kann die CL Series durchaus gut zupacken und insgesamt einen guten, aber keine überragenden Eindruck hinterlassen. So sind etwa die Kompressor-Plugins von elysia (hier: Testberichte des elysia alpha und des elysia mpressor) in meinen Ohren etwas knackiger.

Wie es bei solchen Urteilen stets der Fall ist, spielen persönliche Vorlieben eine große Rolle; für meinen Geschmack klingt die CL Series vergleichsweise schüchtern. Gut möglich, daß Du aber genau diese Zurückhaltung zu schätzen weißt. Dafür punkten die Kompressoren mit einem wirklich sehr transparenten Sound. Hier sind zwei Beispiele mit nicht allzu starken Kompressionsraten, die einen kleinen Eindruck vermitteln sollen:

Drums 1 – Unbearbeitet

Drums 1 Kompression CL-1

Drums 2 Unbearbeitet

Drums 2 Kompression CL-1

Die eigentliche Paradedisziplin der CL Series ist das Mastering bzw. die Bus-Kompression, strenggenommen der Einsatz im finalen Mix bzw. die Kompression größerer Spurengruppen. Die in dieser Fülle und Vielseitigkeit einzigartigen Möglichkeiten zur M/S-Bearbeitung suchen ihresgleichen und machen besonders den CLMS-1 XL zu einer Wunderwaffe, wenn es um die detaillierte Skulpturierung der Mitten- und Seitenanteile des Signals geht.

In den folgenden Beispielen habe ich versucht, die Features zur M/S-Bearbeitung deutlich herauszukehren; im letzten Beispiel kommt obendrein das Sidechain Ducking zum Einsatz, um den Track so richtig pumpen zu lassen. Ich muss zugeben, dass ich sehr angetan bin:

Bus Unbearbeitet

Bus M/S-Bearbeitung CLMS-1 XL

Bus M/S-Bearbeitung & Sidechaining CLMS-1 XL

Auf der Webseite des Herstellers findest Du weitere Klangbeispiele. Um einen aussagekräftigen Gesamteindruck zu bekommen, empfiehlt es sich, auch diese noch anzuhören.

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Fazit zum ArtsAcoustic CL Series Test

Wenn Du einen Mastering-Kompressor mit weitreichender Kontrolle über das Mitten- und Seitensignal suchst, bist Du mit dem opulenten CLMS-1 XL ausgezeichnet bedient. Unter diesem Gesichtspunkt gilt meine uneingeschränkte Kaufempfehlung. Aber falls Dir der Sinn eher nach einem feinen Kompressor zur Bearbeitung von Einzelspuren steht, solltest Du Dich ruhig auch mal bei der Konkurrenz umschauen.

Neben den M/S-Features ist der modellierte Röhrensound ein gutes Argument für die CL Series. Klingt dufte. Ein bisschen Dreck kann fast jede Spur in Deinem Projekt vertragen, falls Du das nicht schon über andere Plugins oder direkt beim Recording der Instrumente mit analogen Equipment gelöst hast. Auch sonst gibt es kaum etwas, was ich vermisst habe – der Dry/Wet-Regler, das Sidechaining und die negativen Kompressionsraten tragen zur Vielseitigkeit der drei virtuellen Dynamikeffekte bei. Die Latenz ist mit 0,73 ms gering und – viel wichtiger – vom Hersteller exakt beziffert, so daß Du diese mit dafür vorgesehenen Plugins oder direkt über die entsprechende Funktion Deiner DAW ausgleichen kannst.

Ein Kompressor für die einsame Insel? Nicht wirklich, jedenfalls nicht für meine Insel. Aber in puncto M/S-Bearbeitung funktionieren die Plugins der ArtsAcoustic CL Series grandios, wenn auch viel Fingerspitzengefühl vonnöten ist. Doch so ist es ja bei jedem komplexeren Werkzeug. Eine Demoversion steht zur Verfügung, also nix wie los und fleißig testen – die Automation und das Speichern der Session-Parameterdaten sind deaktiviert und aller 40 Sekunden ist kurz Funkstille, doch sonst ist alles funktionstüchtig. Für 199,- € (inkl. MwSt) sind sie Dein!

ArtsAcoustic CL Series Features

  • Im Bundle enthalten: CL-1, CLMS-1, CLMS-1 XL
  • umfassende M/S-Einsatzmöglichkeiten
  • Verarbeitung mit 32 Bit oder 64 Bit (nur Windows)
  • Sample-Raten: 22050 bis 196000 Hz
  • Latenz: 0,73 ms
  • geringe CPU-Auslastung
  • Windows- und Mac-kompatibel
  • erhältlich als VST oder AU
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ArtsAcoustic CL Series Test

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