Flux IRCAM Verb Testbericht
Algorithmischer Hall der Oberklasse

Flux IRCAM Verb Testbericht

Schön aufgeräumt trotz vieler Parameter

Was ist es?

Das Plugin der französischen Softwareschmiede Flux, die sich selbst klanglicher Exzellenz verschrieben hat, ist ein algorithmischer Halleffekt. Ein kurzer Blick auf die Parameter des Flux IRCAM Verb weist darauf hin, dass dieses Plugin nicht nur für die Musikproduktion geschaffen wurde. Vielmehr scheint es bestens für die Post Production geeignet.

Der Halleffekt steht für die VST-, die RTAS- sowie die AU-Schnittstelle für Windows, respektive Mac OS X zur Verfügung.


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Flux IRCAM Verb Testbericht

Einleitung


Passend dazu


Das hier getestete Flux IRCAM Verb ist in Zusammenarbeit mit dem französischen Institut IRCAM (Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique, auf Deutsch: Forschungsinstitut für Akustik/Musik) entstanden. Es handelt sich im Übrigen hierbei um eine weltweit anerkannte Einrichtung zur Erforschung elektronischer Musik, an der auch schon Komponisten wie Stockhausen waren.

Das Hall-Plugin setzt auf einem Jahrzehnt der Forschung am IRCAM auf und bildet Raumakustik sowie Halleffekte der Realwelt nach. Hierzu macht es sich diverse menschliche Wahrnehmungsmodelle sowie eine rekursiv filternde Reverb-Engine zunutze.

Flux IRCAM Verb Testbericht

Schön aufgeräumt trotz vieler Parameter

Details

Ein Blick in die Spezifikationen des Plugins zeigt schnell auf, dass es sich hierbei um professionelles Gerät handelt, das keine Kompromisse eingeht. Bis zu acht Ein- und Ausgänge für die Bearbeitung von Surround bietet das Hall-Plugin. Es kann dabei in der Mastersektion über eine Surround-Matrix komfortabel an das bestehende Studiosetup angepasst werden.

In der Mastersektion befinden sich – ganz vorbildlich und leider nicht bei allen Plugins Standard – getrennte Gain-Fader und Meter für Ein- und Ausgänge, mit denen sich Übersteuerungen jeglicher Art schnell finden und lösen lassen. Zudem stehen hier ein Dry/Wet-Regler, ein Setup-Knopf für die erweiterten Einstellungen sowie ein Umschalter für das Design der Oberfläche (Tag/Nacht) zur Verfügung.

Audiosignale werden vom Flux IRCAM Verb mit 64 Bit intern verarbeitet. Die native Version bietet (genau wie die für das DSP-System Pyramix) eine intern genutzte Sampling Rate von bis zu 384 kHz. Es liegt auf der Hand, dass der Hersteller hier nichts anbrennen lassen möchte.

Die Installation des Plugins selbst war denkbar einfach und verlief unkompliziert. Runterladen, ausführen und fertig. Für die Verwendung der Software wird allerdings noch ein iLok benötigt, auf den im Vorfeld die Lizenz geladen wird. Sehr löblich: Darüber hinaus wird eine Demoversion angeboten, die keinen iLok-Dongle voraussetzt.

 

Oberfläche & Bedienung

Das Audiosignal durchläuft im Plugin drei Bereiche: Early Reflections, Cluster und Reverb. Alle drei lassen sich getrennt voneinander abhören sowie an- und abschalten. Während sich die Erstreflektionen und die Hallfahne eigentlich von selbst erklären, wird „Cluster“ bei dem ein oder anderen Fragen aufwerfen. Deswegen will ich alle drei Bereiche in Kurzform erklären.

Die Early Reflections (ER) definieren die nähere Umgebung der Schallquelle. Dazu gehören Boden, Mauern und natürlich auch die Decke. Je nach Entfernung zu diesen, verändert sich deren zeitliches Verhalten (Eintreffen beim Hörer). Der zweite Bereich, der hier mit „Cluster“ benannt wird, ist bei den meisten anderen Hall-Plugins nicht so detailliert einzustellen – wenn überhaupt. Bei diesen Reflektionen hat die Dichte gegenüber den ER schon zugenommen, zeitlich liegen diese aber noch vor dem eigentlichen Nachhall. Schließlich kommt die eigentliche Hallfahne, in der die einzelnen Schallereignisse schon so häufig von den umgebenden Wänden zurückgeworfen wurden, dass sie nicht mehr einzeln wahrzunehmen sind.

Da es sich hier um relativ komplexe Zusammenhänge handelt, bietet das Flux IRCAM Verb einen so genannten Meta-Parameter „Room Size“ an. Betätigst Du diesen, so stellen sich die Bereiche ER, Cluster und Reverb entsprechend ein – keine Notwendigkeit, die physikalischen Grundlagen bis ins Detail zu kennen.

Einen Pluspunkt kann dieser Halleffekt durch seine aufgeräumte Oberfläche und die Visualisierung sammeln. Immer sind (fast) alle Parameter im Blick und die meisten erklären sich auch noch von selbst. Die Bedienungsanleitung habe ich nur für das Schreiben dieses Artikels, dem Flux IRCAM Verb Testbericht, herausgekramt. Für das Musikmachen an sich wäre das Manual wahrscheinlich nie notwendig geworden. Sehr schön finde ich die visuelle Darstellung der Hallfahne im oberen Bereich der Oberfläche gelungen – Einstellungen am Hall werden hier sofort sichtbar.

 

Hallfahne einstellen

Für die realistische Emulation eines Raums ist dessen Beschaffenheit von besonderer Wichtigkeit. Dabei gilt: Je größer ein Raum, desto länger die Nachhallzeit. Gleichzeitig nehmen aber auch die Oberfläche von Boden, Wand und Decke sowie das Mobiliar (und was sich sonst im Raum befindet) Einfluss auf den Hall.

So absorbiert ein Teppichboden mehr hohe Frequenzen als eine Betonmauer, ein Sofa mehr Schall als ein Glastisch, etc. Der Hersteller bietet hier deswegen nicht nur einen Parameter „Decay Time“ (Nachhallzeit) für den Schall insgesamt, sondern zusätzlich drei weitere Parameter für tiefe, mittlere und hohe Frequenzen an. Wer es sich einfach machen möchte, stellt lediglich erstgenannten ein, wer es lieber genau mag, kann die anderen drei Parameter in Abhängigkeit des allgemein gültigen Werts für die Nachhallzeit anpassen.

Um Nutzern eine noch detailliertere Eingriffsmöglichkeit in die virtuelle Raumgestaltung zu bieten, können die Frequenzübergänge zwischen den drei Bändern mit zwei Drehreglern manuell festgelegt werden.


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Weitere Parameter & der Equalizer

Bei den weiterführenden Parametern finden sich noch einige interessante Eingriffsmöglichkeiten für den kreativen Einsatz. Da wäre zum Beispiel der zu klein geratene Knopf mit der Aufschrift „Infinite“ (unendlich). Mit diesem lässt sich die Nachhallfahne unendlich lang fortsetzen. Darunter befindet sich die Air-Roll-Frequenz, mit der sich der Einfluss der Luft auf den Hall einstellen lässt. Alle Frequenzen oberhalb der eingestellten Grenzfrequenz verhallen schneller.

Dann geht es weiter mit dem Schalter „Air Absorption“, mit dem einen weiteren Phänomen aus der Natur Rechnung getragen wird: Von weit entfernten Schallquellen hört man zunächst nur den tieffrequenten Anteil (Diskothek zwei Blöcke weiter). Erst wenn Du dich näherst, beginnst Du auch höhere Frequenzen zu hören.

Weitere Parameter umfassen „Modal Density“ (lässt den Nachhall glatter machen), Panning und Width (in Relation zu den Eingangskanälen) sowie „Diffuseness“. Letztgenannter Parameter dient dazu, die Richtung des Halls zu bestimmen – je diffuser, desto weniger gerichtet erklingt er. Im Übrigen lässt sich dieser Parameter getrennt für die Bereiche „Cluster“ und „Reverb“ einstellen.

Ebenfalls erwähnenswert finde ich die Equalizer-Sektion beim Flux IRCAM Verb. Denn hier steht dem Nutzer jeweils ein 3-Band-EQ für die drei Bereiche ER, Cluster und Reverb zur Verfügung. Zusätzlich gibt es einen neuen Bereich „Room“, dessen Equalizereinstellungen auf den gesamten Hall zugleich wirken.

 

Morphing

Wessen DAW-Software keinen oder einen umständlich zu bedienenden Preset Manager mitbringt, dürfte sich über den im Plugin integrierten freuen. Dieser ist nämlich gut gelungen. Er bietet eigene Sektionen für die Werkseinstellungen, Benutzervorlagen und eine Sektion mit dem Namen „Global“. Hierzu gleich mehr.

Eine Besonderheit dieses Plugins, die ich bisher so noch nicht gesehen habe, ist seine Morphing-Funktionalität. Es lassen sich je ein Preset in die Slots A bzw. B laden und zwischen diesen beiden stufenlos morphen. Hierbei entstehen sehr interessante Effekte, die kreativ eingesetzt werden können. Übrigens lassen sich die Zwischenstellungen des horizontal angeordneten Sliders bzw. der daraus resultierende Hall wiederum als eigenes Preset abspeichern.

Die oben erwähnte Sektion „Global“ aus dem Preset Manager dient der Abspeicherung von Slot A/B sowie der Einstellung des Sliders. Gedacht ist die Funktion des Morphing sicherlich für die Post Production, in der Musik lassen sich so einige kreative Dinge damit anstellen.

Flux IRCAM Verb Session Testbericht

Weniger Parameter und trotzdem ein ähnlicher Klang - die kleine Variante

Flux IRCAM Verb Session

Weil das hier getestete Hall-Plugin für viele sicherlich zu umfangreich und kostenintensiv sein dürfte, gibt es seit geraumer Zeit eine abgespeckte Version namens Flux IRCAM Verb Session. Diese kann mit maximal zwei Eingängen/Ausgängen arbeiten, also in Stereo. Auch bei den Parametern beschränkt sich der Hersteller auf das Notwendigste, den Bereich „Cluster“ suchst Du hier vergebens.

Nichtsdestotrotz kann die Session-Variante so einiges an Klang mitbringen. Einige der gleich benannten Presets löschen sich – trotz fehlender Bedienelemente – fast vollkommen aus. Andere, wahrscheinlich komplexere Presets sind trotz Phasenumkehr der Returns noch wahrzunehmen.

Ein Feature der Vollversion, das ich bisher noch nicht erwähnt hatte, ist der Parameter „High Density“. Mit diesem lässt sich der Effekte noch dichter gestalten. Diese Funktion ist die, dich ich bei der kleinen Version am stärksten vermisse.

 

In der Praxis

Vom ersten Moment an hat mir dieses Plugin sehr gut gefallen. Der Hall klingt fantastisch und ist so dicht wie bei kaum einem anderen Effektplugin, das ich bisher getestet habe. Vor allem werden hier Hallfahnen geboten, die über das gesamte Frequenzspektrum gut klingen und sich auf sehr einfache Art und Weise einstellen bzw. an den eigenen Song anpassen lassen.

Während der Testphase zu diesem Flux IRCAM Verb Testbericht habe ich allerdings zwei bis drei Mal ein kleines Problem gehabt, das hier zu einem Punktabzug führen muss. Beim Alt-Tab aus meiner DAW heraus und wieder hinein hörte das Plugin auf, zu arbeiten. Zwar ließ sich alles wie gewohnt bedienen, nur der Effekt war nicht mehr zu hören. Entweder ich musste die DAW neu starten oder das Plugin aus dem Slot herausnehmen und erneut einsetzen. Das ist zwar nur sehr selten passiert, wäre beim Abmischen eines Songs aber äußerst ärgerlich, wenn man gerade die Parameter neu eingestellt hat.

Mittelfristig wird dieses Plugin in meinem Tonstudio wahrscheinlich den Sonnox Reverb ablösen können. Noch müssen aber erst einige Produktionen mit beiden Vis-a-Vis getestet werden.

 

Klangbeispiele Flux IRCAM Verb

Zunächst kommen zwei Snare Drum Schläge trocken, dann mit Hall bei -18 dB.

Drum Room High Density:

Drum Room Low Density:

Small Hall smoothed:

Vienna ConcertHall:

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Fazit zum Flux IRCAM Verb Test

Dieses Hall-Plugin kann auf mehreren Ebenen überzeugen: Der Klang ist fantastisch, er hat mich begeistert. Die Dichte der Hallfahnen und die enormen Möglichkeiten zum Eingriff in das Klanggeschehen machen das Flux IRCAM Verb zu einem besonders musikalisch klingenden Vertreter seiner Zunft – und das, obwohl es wahrscheinlich auch in Hinblick auf die Post Production im Videobereich entwickelt wurde.

Trotz der vielen Parameter hat es der Hersteller geschafft, ein durchgehend übersichtliches Plugin zu programmieren. Das instantane visuelle Feedback in der Darstellung der Hall-Bereiche Early Reflections, Cluster und Reverberation dürfte auch all den Musikern gefallen, die eine einfache Bedienung bevorzugen. Das Konzept des Plugins scheint durchdacht, auch was das Abhören angeht. Hier lassen sich nicht nur die einzelnen Bereich an- und ausschalten, sie lassen sich auch im Solomodus abhören.

In Sachen Bedienkomfort ließen sich höchstens die kleinen runden Schalter bemängeln, die schwer zu treffen sind, sowie dass der Hersteller versäumt hat, die Presetnamen im Hauptfenster ebenfalls klickbar zu machen – das aber ist Jammern auf sehr hohem Niveau.

Der Preis hat es in sich, werden doch aktuell 639,- Euro beim Kauf der großen Version gefordert. Andererseits verlangen andere Hersteller mit großem Namen sogar schon vierstellige Beträge für ihre Hallalgorithmen – sicherlich eine Reminiszenz aus alten Jahren, in denen DSP-Technologie sehr teuer war. Die Anforderungen an die CPU-Leistung sind nicht wegzudiskutieren: Fünf bis zehn Prozent (bei High Density) der ASIO-Leistung meines i7 werden pro Instanz verbraucht.

Insgesamt hat mich dieser Halleffekt in seinen Bann gezogen, deswegen gibt es von mir vier von fünf möglichen Punkten im Flux IRCAM Verb Testbericht. Von meiner Seite aus eine klare Kaufempfehlung. Übrigens lohnt es sich, den Hall nicht beim Hersteller direkt, sondern beim deutschen Vertrieb oder im Fachhandel einzukaufen. Da lässt sich Geld sparen :)

Flux IRCAM Verb Features

  • Algorithmischer Hall in Pluginform
  • Bis zu acht Kanäle Surround
  • Windows und Mac OS X
  • VST, RTAS & AU
  • iLok benötigt
Hersteller: Flux
Produkt:

Flux IRCAM Verb Test

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