Vocoder Tutorial
Roboterstimme & viel mehr

Vocoder Tutorial

Im Vocoder Tutorial erfährst Du, dass weit mehr als die Roboterstimme möglich ist - lerne in dieser einfachen Erklärung, wofür Du ihn einsetzen kannst | Bild: John Grabowski [Ausschnitt, CC BY-NC-SA 2.0]

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Was ist ein Vocoder?

Das Wort »Vocoder« setzt sich aus »voice« (Stimme) und »encoder« (Kodierer) zusammen. Der ursprünglich für militärische Zwecke (verschlüsselte Nachrichtenübertragung) entwickelte Vocoder wird heute nur noch in der Musikproduktion verwendet – als eigenständiges Gerät bzw. Software oder als Komponente eines Synthesizers.

Neben sehr einfachen gibt es auch hochkomplexe Lösungen, etwa in Form des Plugins Waldorf Lector [Testbericht]. Um unser Vocoder Tutorial abzurunden, haben wir am Ende noch ein kostenloses Plugin (PC & Mac) für dich parat.

Vocoder Tutorial: Roboterstimme & viel mehr

Der microKORG ist ein populärer Synthesizer mit Vocoder an Bord

Ein Klangbeispiel für unser Vocoder Tutorial

Moderne Beispiele finden sich bei Daft Punk oder Air, aber wir haben einen Klassiker gewählt, um unser Vocoder Tutorial klanglich zu illustrieren. Bei den Galionsfiguren der deutschen elektronischen Musik zu hören – hör dir gleich am Anfang nach den Verkehrsgeräuschen das langgezogene, sich von Mal zu Mal harmonisch aufbauende »Autobahn« an und Du weißt, worum es sich hier dreht:

Kraftwerk – Autobahn

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Wie funktioniert ein Vocoder?

Ein Vocoder erzeugt seinen Klang aus zwei Signalen:

  • Trägersignal (»Carrier«)
  • Analysesignal (»Modulator«)

Die Tonhöhe und die grundsätzliche Klangfarbe werden vom Carrier-Signal bestimmt. Das Modulator-Signal moduliert dieses nun anhand seiner spektralen Zusammensetzung (Anteile von Bässen, Mitten und Höhen + Zwischenstufen) und seiner Dynamik (Pegelverlauf).

Das Ganze geschieht durch die Unterteilung von Carrier und Modulator in mehrere Frequenzbänder – eine mehr oder minder große Menge von Band-Pass-Filtern. Der Pegel eines jeden Frequenzbands im Modulator-Signal dient nun zur Pegelmodulation des jeweils entsprechenden Frequenzbands im Carrier-Signal.

Als Modulator werden in der musikalischen Praxis meist Stimmen herangezogen – diesen Effekt kennt und schätzt man eben seit Kraftwerk & Co. Es können aber auch beliebige andere Signale genutzt werden. Für den Carrier kommt typischerweise eine Klangsynthese durch Oszillatoren zum Einsatz.

Das passende Carrier-Signal wählen

Wenn Du bei deinem Vocoder das Carrier-Signal selbst bestimmen kannst, solltest Du Folgendes beachten. Erstens: Das Carrier-Signal sollte viele Obertöne aufweisen. Sonst hat das Modulator-Signal – typischerweise eben deine Stimme – nicht viel, was es bearbeiten kann. Ergo: Eine Flöte wäre als Carrier untauglich. Nimm stattdessen Signale wie …

  • Weitgehend ungefilterter voller Synthesizerklang
  • Akustikgitarre
  • Stark verzerrte E-Gitarre (High Gain)
  • Streicher-Ensemble

Zweitens: Das Carrier-Signal sollte möglichst langgezogen sein (z.B. durch ein hohes Sustain für die Lautstärke bei einem Synthesizer) und im Pegel relativ gleichförmig bleiben. Sonst kommt die Pegelmodulation des Modulators kaum zum Tragen – stell dir den Modulator als eifrigen Bildhauer (Modulator) vor, der einen schön gleichmäßigen, großen Marmorblock (Carrier) braucht, um sich voll entfalten zu können.

Dafür taugt ein Vocoder – Tutorial

Von der klassischen »Roboterstimme« bis zu großen Menschenmassen und einer Verquickung von zwei instrumentalen Klängen – die möglichen Anwendungen sind vielfältig. In unserem Vocoder Tutorial haben wir alle für dich zusammengetragen:

1. Roboterstimme und »sprechende« Instrumente

Die Roboterstimme ist der Klassiker schlechthin – in der Regel gelingt sie schon mit der ersten (oder einzigen) Einstellung eines Vocoders und Du musst nur noch ins Mikrofon sprechen/singen.

Als Carrier-Signal dient hier ein Synthesizer mit einer relativ höhenreichen Sägezahn-Oszillatorwelle. Klassischerweise spielst Du damit einen Akkord aus zwei oder mehr Tönen – je nachdem, wie die Harmonie der Stimme klingen soll. Das Beispiel von Kraftwerk oben verdeutlicht das gut. Insbesondere aber das folgende Kleinod. :D

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2. Einzelne Vocals in Chor-Klänge verwandeln

Um einen ansprechenden Chor-Effekt zu erzeugen, muss das Carrier-Signal ein ähnliches Timbre wie die menschliche Stimme haben.

Hierzu eignen sich Synthesizer mit Rechtecks-Oszillatorwellenformen (auch »Puls[e]« genannt). Diese solltest Du mit einem Low-Cut-Filter bei ~10 kHz etwas dumpfer machen, um der Klangfarbe von Stimmen näherzukommen. Nun kannst Du Phrasen ins Mikrofon sprechen/singen, während Du Akkorde (zur Erzeugung der gewünschten Harmonien) auf deinem MIDI-Keyboard spielst.

Alternativ verwendest Du einfach ein langgezogenes, gleichförmiges Chor-Sample aus einer Sample Library. Und mit einem Chorus-Effekt (z.B. Acon Digital Multiply ) lässt sich der Klang noch lebhafter, realistischer, eben Chor-ähnlicher gestalten.

3. Virtuelles Duett

Willst Du deine Solo-Vocals so klingen lassen, als würdest Du mit einem zweiten Sänger im Duett singen? Dann kannst Du genauso vorgehen wir in ↑ Punkt 2, allerdings spielst Du hier keine Akkorde, sondern einstimmige Melodien und sprichst den Text des imaginären Duett-Partners in den Vocoder ein.

4. Menschenmassen

Den Klang einer großen Menschenansammlung wie bei Sportveranstaltungen, Konzerten etc. simulierst Du mit weißen Rauschen als Carrier-Signal.

Dazu nimmst Du noch ein Reverb, um den Nachhall der virtuellen Menschenmenge so klingen zu lassen wie einen echten Pulk von skandierenden oder singenden Menschen – wie in einem Fußballstadion oder einer Konzerthallte. Für mehr Realismus bietet sich hier ein Faltungshall mit einer Impulsantwort von entsprechenden Locations an.

5. Alchemie der Klänge

Nun verlassen wir das übliche Schema, bei dem stets eine Stimme als Modulator-Signal zum Einsatz kam. Nutze einfach mal einen instrumentalen Klang, um einen anderen Instrumentensound (z.B. ein Synthesizersignal – wie erwähnt möglichst gleichförmig in der Lautstärke und mit ausgeprägtem Sustain) zu modulieren.

Als Modulator bietet sich etwa ein Drum-Sound an – dessen Rhythmik kannst Du dann auf deinen Carrier übertragen, um einen entsprechend pulsierenden Sound zu erzeugen. Einen verwandten Effekt hörst Du übrigens hier:

Ableton Live 9 Tutorial – Grooves extrahieren »

Kostenloses Vocoder Plugin

Dieses Vocoder Tutorial wäre nicht komplett ohne den Hinweis auf einen gelungenen kostenlosen Vocoder. Togu Audio Line, die uns schon viele andere feine Free VST Plugins beschert haben, biegen auch mit einem Vocoder um die Ecke – für Windows & Mac OS X, jeweils für 32 oder 64 Bit! Unter dem Bild findest Du den Download-Link:

Vocoder Tutorial: Roboterstimme & viel mehr

» Download: TAL-Vocoder  

Lesermeinungen (6)

zu 'Vocoder Tutorial: Roboterstimme & viel mehr'

  • Thomas Supersynthesized   23. Dez 2012   22:00 UhrAntworten

    schade, der link funktioniert nicht mehr

  • Bax Buddy   04. Jul 2013   16:40 UhrAntworten

    yupp, dead!

  • DerHerr Maicher   04. Jul 2013   15:53 UhrAntworten

    Dead Link (zu O'Reilly) ...

  • Jonas Wortmann   28. Apr 2017   15:51 UhrAntworten

    Laurent Langbein Alexis Papadimitriou Laurenz Fischer

  • Phil Schl   29. Apr 2017   06:53 UhrAntworten

    ICh hätte jetzt erwartet dass ihr dieses Plugin mal erwähnt. http://www.vicanek.de/audioprocessing/midichoir.htm

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