„SSS“- und Zischlaute entfernen – De-Essing von Vocals

"SSS"- und Zischlaute entfernen - De-Essing von Vocals

Zischlaute entfernen? Lies hier, wie das geht. | Bild: I for Detail. [Ausschnitt, CC BY 2.0]

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De-Essing: Zischlaute entfernen aus Vocals & Co.

Das beste Mittel gegen überschwängliche Zischlaute in Aufnahmen ist natürlich, sie erst gar nicht aufzunehmen – die Wahl des Mikrofons und des Vorverstärkers ist entscheidend, ebenso die Sprech- bzw. Gesangstechnik (z.B. ganz leicht an der Kapsel vorbei).

Doch hier soll um etwas anderes gehen, nämlich wie Du die Zischlaute in deinen Aufnahmen nachträglich abschwächst. Dabei kannst Du drei Möglichkeiten nutzen. Los geht’s …

 

"SSS"- und Zischlaute aus Vocals entfernen / De-Essing

Ein Werkzeug wie der Universal Audio Precision De-Esser ist ziemlich bequem.

1. De-Esser verwenden

  •   Automatische Entfernung der Zischlaute in Echtzeit
  •   Das Vocal verliert insgesamt an Brillanz – nicht nur während der Zischlaute

Einen sogenannten De-Esser zu verwenden, stellt eine superbequeme Mehtode ohne großen Aufwand dar. Im Live-Betrieb ist es ohnehin die einzige Möglichkeit, denn alles passiert in Sekundenbruchteilen und automatisch. Solche Hard- oder Software gibt es in den unterschiedlichsten Ausführungen, vom kostenlosen Plugin bis hin zu hochwertigen Spezialisten für 19-Zoll- oder API-500-Racks.

Je nach a) Vocal, b) der Qualität deines De-Essers und c) dessen Einstellungen können die Ergebnisse sehr unterschiedlich ausfallen. Außerdem wird durch einen De-Esser das gesamte Vocal in seiner Brillanz beeinträchtigt – gute De-Esser erkennen die Stellen der Zischlaute zwar recht zuverlässig, aber stets ist auch an den anderen Stellen zumindest ein subtiler Höhenverlust zu spüren.

 

"SSS"- und Zischlaute aus Vocals entfernen / De-Essing

Methode Numero Zwei: Per Sidechain-Kompressor wie dem hier abgebildeten Drawmer 1978

2. Kompressor über die Sidechain ansteuern

  •   Automatische und punktgenaue Abschwächung der Zischlaute in Echtzeit
  •   Aufbau bzw. Routing etwas umständlich + Equalizer nötig

Hier brauchst Du einen Kompressor mit einem Sidechain-Eingang. Diese Geräte bzw. Plugins firmieren oft einfach unter dem Begriff »Sidechain-Kompressor«.

Dupliziere deine Vocalaufnahme – im Folgenden »Spur I« genannt – auf eine neue Spur – im Folgenden »Spur II«. Letztere muss so eingestellt sein, dass sie in deinem Mix nicht zu hören ist. Jetzt schickst Du das Signal von Spur II in den Sidechain-Eingang des Kompressors, der als Insert-Effekt auf Spur I werkeln soll.

Verstärkte auf Spur II nun mit einem Equalizer die Frequenzen um 7-8 kHz (je nach Sänger unterschiedlich) relativ schmalbandig (mit niedrigem Q-Wert). Diese künstliche Übertreibung ist der Knackpunkt, denn sonst könntest Du auch gleich einen ganz normalen Kompressor nehmen – dank EQ-Boost kann ein Sidechain-Kompressor auf die starken Pegelausschläge der Zischlaute reagieren und das Signal ansonsten unberührt lassen.

 

"SSS"- und Zischlaute entfernen - De-Essing von Vocals

Und schließlich kannst Du auch durch die manuelle Automation der Lautstärke Zischlaute entfernen

3. Automation der Lautstärke

  •  Punktgenaue Abschwächung der Zischlaute
  •  Kein Verlust von Brillanz über die gesamte Spur hinweg
  •  Zeitaufwendig – Du musst jeden Zischlaut einzeln bearbeiten

Diese Methode ist unglamourös und zeitintensiv, führt bei gewissenhafter Ausführung aber zu den besten Ergebnissen – da hier jeder Zischlaut mit der Lautstärken-Automationskurve der entsprechenden Vocal-Spur einzeln und von Hand abgesenkt wird, hast Du die volle Kontrolle.

Einerseits wird der Rest der Spur nicht betroffen wie beim De-Esser, andererseits sind kein EQ, kein Sidechain-Kompressor und keine zusätzliche Spur mitsamt Routing nötig.

 

Zischlaute entfernen – Video mit weiteren De-Essing-Techniken

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Artikel zum Video » De-Esser: Mit diesen 4 Techniken zähmst Du Sibilanten

 

Fazit zum Thema »Zischlaute entfernen« / Vocal De-Essing

Es gibt eine Vielzahl von De-Essern, sowohl in Hardware als auch in Software, die den Job zuverlässig erledigen können. Sei aber gewarnt – man kann den Effekt sehr schnell übertreiben und bekommt am Ende eine Aufnahme mit einem lispelnden Sänger oder einem insgesamt dumpfer gewordenen Vocal. Nicht so bei der Sidechain-Kompression und der Automatisierung der Lautstärke, doch gerade Letzteres ist recht mühselig.

Wie eingangs erwähnt, solltest Du dir überlegen, ob Du die Vocalspuren nicht doch neu aufnehmen kannst – eventuell mit einem anderen Mikrofon und/oder Preamp.

Aber selbst wenn Du nur ein Mikrofon und einen Vorverstärker am Start hast, lohnt es sich, die Aufnahme zu wiederholen. Bitte den Sänger, bei Zischlauten den Kopf leicht zu drehen, so dass der Schall nicht direkt ins Mikrofon geht, sondern etwas daran vorbei.

Lesermeinungen (20)

zu '„SSS“- und Zischlaute entfernen – De-Essing von Vocals'

  • Thorsten Walter   16. Jan 2008   10:13 UhrAntworten

    Schön erklärt !! :-)

    Heutzutage gibt es aber super DeEsser als PlugIns, welche das Signal überhaupt nicht mehr Dumpf machen. Ein gut eingestellter DeEsser bearbeitet ausschließlich die Zischlaute und lässt die anderen Laute unangetastet. Dazu muss man halt einen guten Sidechain EQ haben, oder einen guten DeEsser, der schon einen -am besten parametrischen- EQ eingebaut hat. Irgendwo gibt es bei jedem Vocal in den Zischlauten eine Frequenz die man zuverlässig anfahren kann damit der Kompressor ausschließlich auf diese reagiert. Ich finden zB den Waves RDeesser vorbildlich.

  • konti   03. Dez 2009   10:49 UhrAntworten

    Hallo,

    ich bin Sänger und habe ein Problem mit Zischlauten, sie hören sich auf der Aufnahme extrem aggressiv an. Wenn ich einen DeEsser reinschalte höre ich bei leichtem Einfluss kaum Verbesserung und bei hohem Anteil lispel ich auf der Aufnahme.

    Gibt es Tipps wie man schon bei der Aufnahme bzw. beim eigentlichen Singen Zischlaute abschwächt bzw. sie garnicht erst singt ohne sie zu verschlucken?

    Equi: Cubase 5, Sontronics STC-2, Saffire pro 40, Voice Live 2, DeEsser (Cubase plugin, Voxengo, Splitfish)

  • Carlos (delamar)   03. Dez 2009   14:25 UhrAntworten

    Ich würde unbedingt ein anderes Mikrofon probieren. Ansonsten wie schon im Artikel angesprochen den Kopf seitlich drehen, wenn Du die Zischlaute singst.

    Den DeEsser mal als ersten Effekt im Insert testen hilft auch schon oftmals. Im argen Notfall kannst Du einfach ein Tambourine auf die entsprechenden Stellen setzen. Das kaschiert das Lispeln...

  • konti   03. Dez 2009   15:43 UhrAntworten

    Ich weiss nicht ob das am Mikro liegt, denn mein Keyboarder singt backvocals und bei ihm hab ich das Problem nicht, aber ich versuchs mal mit deinem Lösungsvorschlag!

    Danke

  • much   12. Mai 2010   07:57 UhrAntworten

    der artikel ist zwar schon bissl älter... aber hier noch ne idee zu deinem problem...

    probier mal das mikro höher zu setzten ... unterkante oberlippe...

    da die sss laute auch von den schneidezähnen etwas nach unten abgelenkt werden ...

  • Simon-Kephas   25. Sep 2014   15:49 UhrAntworten

    Hallo, gibt es dieses Forum überhaupt noch? Ich sehe keine Einträge seit 2010!
    Ich habe ein ähnliches Problem. Es handelt sich hierbei aber nicht um den ss-Laut sondern um das deutlich hörbare Einatmen vor jedem 'Satz'. Ich habe hier eine Karaokeaufnahme mit einer recht guten weiblichen Stimme, aber mit dem störenden zischenden Laut des Einatmens. Mit dem De-esser ist da wohl nichts zu machen. Weiß jemand, was da zu machen ist?
    Danke!

    • Raziel   27. Sep 2014   11:02 UhrAntworten

      Du könntest die Aufnahme moderat gaten. Wenn der störende Anteil nur beim Einatmen auftritt, also immer unmittelbar vor dem nächsten Wort, vor der nächsten Strophe, kannst Du den Release beim Gate schon entsprechend länger einstellen, damit es nicht abgehackt klingt. Wie gut das Gate arbeiten kann, hängt davon ab, wie groß die Dynamik zwischen dem Einatemzischen und der eigentlichen Stimme ist. Zur Not, vor dem Gaten das Zischen mit EQ sweepen und umkehren, damit es vom Gate zuverlässig ignoriert und und nach dem Gate diesen gecutteten Frequenzanteil wieder boosten.

      • Simon-Kephas   27. Sep 2014   15:24 Uhr

        Habe herzlichen Dank für die prompte und ausführliche Antwort. Jetzt muss ich erst mal ausfindig machen, was das 'moderate Gaten' bedeutet.Ist das überhaupt bei Audacity drin? Na ja, schaun wir mal!

      • Patrick   30. Aug 2016   11:50 Uhr

        Also wenn bei bewusstem Atemgeräusch gar nix mehr hilft von der Effektseite her, dann tu ich mir immer die etwas umständliche Arbeit an und überlege mir immer, ob ich dieses Atmen auf der Spur wirklich brauche. Brauch ich's nicht, wird's einfach weggeschnitten. Ist zwar eine etwas rabiate Methode, hilft aber. Natürlich muss man halt für sich selbst wirklich überlegen, ob man das Atmen auf der Spur drauf haben will oder nicht.

  • Raziel   27. Sep 2014   16:40 UhrAntworten

    Mit 'moderat' meine ich die Attack- und Releasezeiten, ein Gate macht ja im Endeffekt einfach nur auf- und zu, also anteilmäßig gaten geht ja zunächst nicht. Ich bin auch gerade nicht trittsicher, ob Audacity da was passendes mitbringt. Wenn es um eine einmalige Geschichte geht lohnt eine DAW-Software sicher nicht, wenn Du aber öfter solche Sachen machen willst, würde ich Dir raten, Dich in diese Richtung mal umzusehen, ob nun Reaper, Cakewalk Sonar oder eine kleine Cubaseversion, um mal einige zu nennen ist ja erstmal egal und unterliegt nur Deinen Vorlieben und Geldbeutel. Der Vorteil solcher Softwares ist einfach, dass man in die Audiokanäle Effekte reinziehen und daran herum spielen kann, ohne das Audiomaterial gleich zu verändern. Der weitere Vorteil dieser Softwares ist die Automation. Mag zwar für Dein Beispiel ein bisgen fizzelig sein, aber in so einer Software wäre es auch möglich, z.B. einen Multibandkompressor in den zischenden Höhen nur dann arbeiten zu lassen, wenn Deine Sängerin gerade Luft holt. Oder letzlich, der mühseligste Weg, die Gesangsspur kopieren, die Luftholer ausschneiden und löschen, auf der zweiten Spur nur die Luftholer stehen lassen und einfach leiser pegeln (Luftholen ist im Gesang ein natürliches 'Phänomen' und lässt man auch gerne mal im Gesangspart drin).

    • Simon-Kephas   27. Sep 2014   20:35 UhrAntworten

      Vielen Dank! Ich wollte Du wärst mein Nachbar! Übrigens: Audacity hat 'ne Menge Effekte und Anderes drin, aber von 'gate' ist nirgends die Rede.

      • Raziel   29. Sep 2014   17:22 Uhr

        ...wenn Du willst, kann ich Dich ja mal ein bisgen unterstützen. Hierzu habe ich eine Mailaddy angelegt: raziel_delamar@online.de

        Hier kannst Du mich mal anschreiben und ggf. die Dateien mal zuschicken, dann kann ich Dir mehr dazu sagen, wie man was machen könnte um Dein Problem in den Griff zu bekommen.

        (ich bin nicht von delamar, auch wenn die Mailadresse darauf hindeutet, ich habe nur diesen Namen gewählt, da ich diese Weiterleitung zu meiner Mailadresse nur kurzfristig geschaltet habe und ich wegen Spam meine eigntliche Adresse hier online nicht hinschreiben möchte)

  • Raziel   28. Sep 2014   01:23 UhrAntworten

    Wie gesagt, das mit dem Gate ist nur eine Möglichkeit von mehreren, es hängt davon ab, wie das Audiomaterial aussieht. Ich habe gerade mal geschaut, Audacity bringt in der Tat erst mal kein Gate mit, jedoch kann Audacity auch mit fremden Effekten, sog. VSTs umgehen. Hier müsste man aber mal schauen, wo man diese VSTs auf der Festplatte hinlegen muss, damit Audacity diese auch findet. Ich selbst benutze Audacity nur noch gelegentlich, wenn ich mal an einem Audiofile einen Pegel normalisieren will oder eine leichte Kompression auf einem Track brauche und dazu nicht das Cubase anwerfen will.

  • Patrick   30. Aug 2016   12:01 UhrAntworten

    Da ich mit De-Essern bisher noch nicht gearbeitet habe, möchte ich mal ganz laienhaft die Frage einwerfen, ob nicht schon eine dezente Absenkung in dem Frequenzbereich, wo die Zischlaute gut hörbar sind durch einen parametrischen EQ nicht schon ausreichend wäre?

  • raziel28   30. Aug 2016   14:00 UhrAntworten

    Denkbar ist das schon, aber eher zur Feinpolitur. Probiers einfach aus, das Zwischen sweepen und dann umkehren. Danach nochmal in Ruhe abhören. Wahlweise einen Multibandkompressor nehmen, da hat man einfach mehr Einfluss auf die Dynamik. Es geht ja nicht darum, die Zischlaute auszulöschen, das klänge ja unnatürlich.

    • Patrick   30. Aug 2016   18:13 UhrAntworten

      Nein, das ist schon klar, aber würde man sich dann durch eben diese eventuelle Absenkung in eben dem Frequenzbereich, wo die Zischlaute am deutlichsten sind nicht schon den Einsatz eines De-Essers ersparen?

  • raziel28   30. Aug 2016   18:30 UhrAntworten

    Meiner Erfahrung nach nicht, bzw, der EQ arbeitet zu statisch, man hört, dass da dann was fehlt. Hängt aber auch immer ganz von der Aufnahme und der Stimme ab, ob und wieviel da nötig ist. Ich hatte auch schon Aufnahmen gemacht, wo gar kein DeEsser nötig war, nur ein bisschen Multibandkompression.

    • Patrick   30. Aug 2016   21:30 UhrAntworten

      Okay, danke. Werd daran denken, wenn ich die nächste Produktion im Haus habe. :-)

  • Torben   31. Aug 2016   11:11 UhrAntworten

    Als De-Esser kann ich auch sehr gut den TDR Nova EQ empfehlen:

    http://www.tokyodawn.net/tdr-nova/

    Durch die dynamische Anpassung und einstellbare Flankensteilheit ist das Teil sehr flexibel.
    Und durch den Analyzer sieht man auch recht deutlich, wo es zischt...

    • Bibber   23. Sep 2016   16:59 UhrAntworten

      genau den wollte ich auch gerade vorschlagen, super Teil für sowas.

Sag uns deine Meinung!

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