Sennheiser HD 800 Testbericht
Offener Kopfhörer zum Referenzhören

Sennheiser HD 800 Testbericht

Gute Kopfhörer können nur wiedergeben, was die Soundkarte liefert

Was ist es?

Der Sennheiser HD 800 ist ein dynamischer Kopfhörer in offener Bauweise. Er ist ohrumschließend gestaltet. Die Nennimpedanz beträgt 300 Ohm. Das beidseitig geführte Kabel wird mit kleinen Steckverbindungen an die Ohrmuscheln angeschlossen. Es ist drei Meter lang und endet anders als die meisten andere Kopfhörer direkt in einem großen vergoldeten Klinkenstecker, anstatt auf einen Schraubadapter zu setzen.

Sennheiser HD 800 Testbericht

Endlich da: Unser Sennheiser HD 800 Testbericht


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Sennheiser HD 800 Testbericht

Verarbeitung & Tragekomfort

Der HD 800 wird in einer geräumigen, stabilen Kiste geliefert, die mit Kunststoff ausgepolstert ist, welcher wiederum mit einem schwarzen, seidig glänzenden Stoff bespannt ist. Edel. Neben dem Kopfhörer und dem abnehmbaren Kabel ist sonst nichts weiter in der Box zu finden.


Passend dazu


Die sauber gearbeitete Kunststoffkonstruktion der Ohrmuschel ist robust und ohne Raum für Wackler mit dem Gelenk verbunden, das sich am unteren Ende des Bügels befindet und genug Spielraum bietet, um den passenden Sitzwinkel für wohl jede Kopfform zu bieten. Zudem lassen sich die beiden Bügelenden jeweils etwa 6 cm weit herausziehen. Die Unterseite des Bügels, die auf dem Kopf aufliegt, ist ausreichend gepolstert, um sanft auf der Schädeldecke bzw. deinen Haaren zu ruhen.

Die handgefertigten Ohrpolster bestehen aus einem Mikrofasergewebe. Dieses fühlt sich auf meinem Kopf sehr bequem an und weist eine ähnlich angenehm niedrige Wärmeentwicklung wie Velours auf. Auch der moderate, bei langen Sessions nie störende Anpressdruck hält den hohen Komfort aufrecht.

Im Vergleich zu den meisten anderen Kopfhörern für den Studioeinsatz, die ich für delamar getestet habe, fällt das Gewicht hoch aus. Die 330 Gramm ohne Kabel machen sich nach einiger Zeit bemerkbar, sofern Du nicht gerade mit einem Stiernacken gesegnet bist. Doch das kann nicht als gravierender Kritikpunkt herhalten, denn beim Mixing & Mastering ist es bei weitem nicht so wichtig, in den Genuss maximaler Bequemlichkeit zu kommen, wie es in der Domäne der HiFi-Kopfhörer der Fall ist.

Das Kabel ist relativ dick mit einem Textilgewebe ummantelt, mit Kevlar verstärkt und effektiv abgeschirmt. Der fest installierte große Klinkenstecker – dem professionellen Einsatzszenario entsprechend wurde auf eine Kombination aus Miniklinke und Adapter verzichtet – ist außerordentlich massiv und stützt den Übergang von Kabel zu Stecker durch eine Gummimanschette. Auch in diesem Detail bewegt man sich auf höchstem Niveau.

Immer gut: abnehmbare Kabel. Die Stecker werden dabei nicht wie etwa bei den entsprechenden Modellen von AKG fest arretiert, sondern gleiten heraus, wenn in ausreichendem Maße daran gezogen wird. Sehr schön, denn so ist es wesentlich unwahrscheinlicher, dass das Kabel bei einem Missgeschick abreißt.


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Klang

Das Bassfundament des HD 800 reicht sehr weit herunter. Es geht praktisch keine Information im hörbaren Bereich verloren, die im Potential einer Aufnahme steckt. Dabei empfinde ich es als sehr angenehm, dass auch der Frequenzgang ruhig verläuft und keine effekthascherische Anhebung bestimmter Tiefenbereiche zu vernehmen sind. Mancher Musikgenießer wird sich vielleicht noch ein Quäntchen mehr Druck wünschen, doch für die Musikproduktion ist eine so vornehme Zurückhaltung bei den Bässen eher zu begrüßen.

Es ist nicht einfach, über die Besonderheiten der Mitten und Höhen des HD 800 zu sprechen, da sie so selbstverständlich, so nah am Original klingen, was ich freilich am besten anhand von guten Aufnahmen von Sprache, nicht-elektronischen Instrumenten und Alltagsgeräuschen beurteilen konnte. Alles sehr fein, ohne Klirren oder scharfes Zischen bei Sibilanten, wie es bei vielen anderen Kopfhörern schnell mal der Fall ist, besonders bei höheren Lautstärken.

Beim HD 800 ist für mich ist die außerordentlich Plastizität des Klangs das auffälligste Merkmal. Die schräg auf dein Ohr auftreffenden Schallwellen tuen dabei ihr Übriges. Ganz ohne den Sound künstlich zu verbreitern oder in die Tiefe zu ziehen, entfaltet sich ein weitgehend naturgetreuer virtueller Raum um meine Ohren. Bei vielen Stücken, die ich glaubte, in- und auswendig zu kennen, erlebte ich kleine Aha-Erlebnisse à la »Ach DA gehört dieser Klang eigentlich hin. Leuchtet ein.«. Jedes Instrument hat seinen Platz, nichts kommt sich in die Quere, alles hat Luft zum Atmen und kann ganz für sich glänzen. Bisher kam kein Kopfhörer so verdammt nah an die Räumlichkeit guter Studiomonitore heran, wie es der HD 800 vermag. Und das, ohne die Monomitte im Panorama zu vernachlässigen.

Zusammen mit der knallharten Impulstreue, also der sehr zackigen und schnellen Wiedergabe aller Schallereignisse ohne »Verschwimmen«, und der hohen Auflösung des Klangbilds ergibt sich eine phänomenale Detaildarstellung. Dabei werden selbst die winzigsten Kleinigkeiten transportiert – mühelos, unaufgeregt und wie selbstverständlich. Das unmittelbar vor Vocal-Passagen sonst kaum auffällige kurze Einatmen und Schmatzen wird sehr deutlich abgebildet, auch Pedalgeräusche sprangen mir förmlich entgegen.

Ein Aspekt, bei dem der HD 800 seine Klasse andeutet: Bei schlecht aufgenommener und/oder abgemischter Musik und verlustbehaftet komprimierten Audiodateien zeigen sich die Schwächen des Materials ohne Gnade. Wer nicht gerade die ganze Zeit Stücken aus dem Hause Chesky Records lauscht, wird schnell entdecken, wie unbestechlich der Sennheiser tönt und wie enttäuschend das eine oder andere Stück auf einmal klingt.

Abschließend möchte ich darauf hinweisen, dass sich dieser Kopfhörer seiner offenen Bauweise wegen nicht für den Einsatz in lauten Umgebungen eignet, da der Schall praktisch ungehindert nach innen dringt. Damit geht einher, dass auch sehr viel Schall nach außen abgegeben wird. So sind offene Kopfhörer nicht als Abhörgerät beim Recording von Vocals zu empfehlen.

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Fazit zum Sennheiser HD 800 Test

Der Sennheiser HD 800 klettert in meinen Ohren mühelos an die Spitze unserer bisherigen Testkandidaten und überzeugt in allen klanglichen Aspekten auf voller Linie. Ob Impulstreue, Frequenzgang, Auflösung oder Dynamik, nirgends sind Schwächen auszumachen. Subtilste Details lassen sich erlauschen; gut möglich, dass Du deine Lieblingsstücke noch einmal ganz neu entdecken wirst. Doch besonders die Räumlichkeit ist im wahrsten Sinne des Wortes herausragend – das Gerät platziert die Einzelschallereignisse verblüffend gut und weit separiert, wodurch es nah an das Klangbild einer Lautsprecheraufstellung heranreicht.

Die Verarbeitung ist ebenfalls auf höchstem Niveau, angefangen von den sehr sauber gefertigten und miteinander verbundenen Komponenten über das robust ummantelte Kabel mit seinem sehr vertrauenerweckenden Klinkenstecker bis hin zu den angenehmen Polstern. Schön ist auch, dass sich das Kabel abnehmen lässt.

Natürlich ist kein Produkt perfekt. So könnte dir das Gewicht etwas zu hoch sein, um bei langen Sessions noch im komfortablen Rahmen zu bleiben. Auch die sehr raumgreifenden Ohrmuscheln sind wohl nicht jedermanns Sache.

Für einen so bemerkenswerten Kopfhörer bin ich mir nicht zu schade, die volle Punktzahl zu vergeben. Voilà, fünf von fünf Punkten im Sennheiser HD 800 Testbericht auf delamar. Alle, die gar nicht daran denken, knapp 1.000 Euro für einen Kopfhörer auszugeben, sollten sich den klanglich gar nicht mal so weit entfernten Shure SRH1840 anhören. Und noch ein gutes Stück preislich darunter liegt mit dem AKG K 702 ein weiteres, im Vergleich immer noch als gut klingend zu bezeichnendes Modell in offener Bauart.

Sennheiser HD 800 Features

  • Offener Kopfhörer
  • Ohrumschließend
  • Nennimpedanz: 300 Ohm
  • Beidseitige Kabelführung
  • Kabel abnehmbar
Hersteller:   
Produkt:

Sennheiser HD 800 Test

Lesermeinungen (4)

zu 'Sennheiser HD 800 Testbericht: Offener Kopfhörer zum Referenzhören'

  • Ramon Smith   03. Mai 2012   15:14 UhrAntworten

    Der Bericht lässt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen - den will ich mal Testhören =D

  • feelKlang / Steffen Brucker   05. Mai 2012   13:17 UhrAntworten

    Wer eine günstigere Alternative zu dem AKG K702 sucht, der sollte sich den klanglich identischen K701 anschaun. Der hat auch einen höheren Tragekomfort wie der HD800 soweit ich den Testbericht richtig interpretiert habe ;-)D

  • colophon   13. Jun 2013   18:07 UhrAntworten

    ich stehe vor der Frage, womit man ein solches Gerät antreibt - einerseits soll bitteschön der KH-Amp mit den Fähigkeiten des KH mithalten, andererseits steht die Aussage im Raum, dass die Wahl des Verstärkers gar keine große Rolle spielt:

    http://tom-morrow-land.com/tests/ampchall/index.htm

    oder verstehe ich da was falsch?

    Ich fänd's toll wenn mich jemand aufklären könnte.
    Beste

    • Felix Baarß (delamar)   13. Jun 2013   20:05 UhrAntworten

      Hi colophon,

      ohne der totale Crack in Sachen DACs bzw. Kopfhörerverstärker zu sein: Es steht außer Zweifel, dass man mit einem KH-Amp den Sound veredeln kann - ganz besonders bei solchen Boliden wie dem HD 800. Natürlich sind es oberflächlich betrachtet eher Feinheiten, die man noch herauskitzeln kann, doch mit unserer SPL 2Control hatte ich beim Test des HD 800 ein etwas breiteres Grinsen im Gesicht als mit dem schnöden Headphone-Out meines kleinen Interfaces.

      Gerade die Separation der Einzelschallereignisse und die Räumlichkeit im Allgemeinen profitieren teilweise erheblich von geeigneten Amps, wenn man nur halbwegs die Ohren spitzt. Und mit entsprechenden Geräten kann dann ja auch noch etwas Röhrenwärme ins Spiel kommen, wobei das eher in Richtung Schönklang und reinem MusikHÖREN (nicht Mixen und Mastern) zuzurechnen ist.

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