Manley Core Testbericht
Gediegener Channel Strip

Manley Core Testbericht

Dieses schmucke Stück Hardware kommt im Manley Core Testbericht unter die Lupe

Was ist es?

Der Manley Core ist ein analoger Channel Strip für 19-Zoll-Racks – ein Audiokanal für beliebige Mikrofone/Instrumente aller Art, die per Kompressor, 3-Band-Equalizer und Limiter bearbeitet werden sollen. Dank Röhrenvorverstärkung soll ein leicht »angewärmter« Sound entstehen.

Neben den rückseitigen XLR-Eingängen für Mic und Line findest Du vorne einen hochohmigen Klinkeneingang für E-Gitarre, E-Bass und manche Keyboards. Auch Haupt- und DI-Output liegen als XLR vor.

Das Gerät ist zum Straßenpreis von 2.299,- Euro (inkl. MwSt.) im deutschen Musikalienhandel erhältlich.


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Manley Core Testbericht

Erster Eindruck vom Manley Core

Das recht eigene Design drückt sich vor allem in der munteren Anordnung der Drehregler aus. Die Kappen der Potis ragen etwa zwei Zentimeter über das Fronpaneel hinaus, zudem sind sie für bessere Griffigkeit links und rechts vom Kennstrich eingekerbt. Sie sitzen felsenfest auf den Drehgebern, die einen weichen Lauf mit (fast zu) hohem Widerstand aufweisen.

Verarbeitungstechnisch ist alles in Butter, was bei diesem Hersteller (und in der Preisklasse) erwartet werden darf. Bei den fünf Buttons der Eingangsstufe (Mic/Line-Umschalter, Hochpassfilter etc.) hört man ein deutliches Klicken der Relais, wenn sie (de-)aktiviert werden. Die Beschriftung ist halbwegs gut erkennbar (Fettschrift hätte nicht geschadet), doch sehr bald wird man ohnehin auch blind wissen, was wofür dient. Die blaue Hintergrundbeleuchtung des VU-Meters ist ausreichend hell.

Eingangsstufe

Dank Mic/Line-Umschalter (und natürlich den drei Buchsen für sämtliche Signaltypen) kannst Du alle Buchsen belegen und dann einfach schnell zwischen diesen Quellen umschalten. Steckt vorne ein Klinkenkabel drin – üblicherweise für E-Gitarre/E-Bass bzw. manche Keyboards –, hat dieser Vorrang vor der rückseitig per XLR eingespeisten Line-Quelle.

Manley Core Testbericht

Vollausstattung beim Input

Das Hochpassfilter zur Plosiv- und Trittschalleliminierung greift bei 120 Hz – gerade noch nicht zu hoch für meinen Geschmack und mit sehr natürlich klingender Filterflanke.

Per Hi/Low erhält das Signal augenblicklich einen Boost von 20 dB. Für sehr schwachbrüstige Quellen wie Bändchenmikrofone kann das nützlich werden.

Es folgen noch die Buttons für die Phantomspeisung, v.a. für die Nutzung von Kondensatormikrofonen, und eine Polaritätsumkehr (oft inkorrekt »Phasenumkehr« genannt). Letzteres dient zum schnellen Lösen von Phasenauslöschungen beim Recording mit mehreren Mikrofonen.

Kompressor

Zunächst möchte ich die im Handbuch dargelegten Praxistipps zum Einsatz dieses optoelektronischen Kompressors loben. Sie sind knapp formuliert und vermitteln alles Wichtige für die generelle Nutzung sowie Vocals und Drums.

Der Kompressor kann so richtig peitschen und pumpen, ohne dass es selbst bei minimaler Release-Einstellung hörbar verzerrt – rein qualitativ klingt die Kompression wirklich supersmooth. Möchte ich aggressive Drums, bin ich nicht endgültig glücklich mit dem Manley Core (die Dynamikprozessoren von elysia gefallen mir hier etwas besser), aber für ein mehr oder minder sanftes »Glattbügeln« aller möglichen Quellen taugt er sehr gut. Mehr muss ein Channel Strip auch nicht können.

Ratio & Verstärkung

Die Kompressionsrate ist fest auf 3:1 eingestellt, variieren lässt sich hier hingegen der Schwellenwert (Threshold) sowie das Ein- und Ausschwingverhalten (Attack 5 – 60 ms, Release 0,1 – 1,5 s). Per Bypass-Schalter deaktivierst Du den Kompressor zwischenzeitlich – gut, um zu überprüfen, ob man es wieder einmal übertrieben hat und eine mildere Einstellung bzw. die naturbelassene Dynamik doch besser ist.

Ein Regler für die Output-Verstärkung des Kompressors ist nicht an Bord. Manchmal habe ich mir diesen zur Feinabstimmung gewünscht, aber mit etwas Fingerspitzengefühl können der Input-Regler in der Eingangsstufe und der Output-Regler des Limiters dafür herhalten. So hat man sich eine weitere Verstärkungsstufe in der Elektronik sparen können, was klangqualitativ nur von Vorteil ist und Kosten spart.

Kleiner Abstecher: Das VU-Meter stellt wahlweise neben a) Output 1 (siehe letztes Kapitel) oder b) Output 2 auch c) die vom Kompressor bewirkte Pegelabsenkung (»Gain Reduction«) dar. Standard für jeden eigenständigen besseren Kompressor und Channel Strips auf dem Niveau des Manley Core.

Röhrenstufe des Manley Core

Die Röhrenstufe mit Class-A-Schaltung umfasst zwei Doppeltrioden (12AX7 und 6922). Sie sorgen für den dezent weichen, warmen, lebendigen Röhrensound, ohne dass der Sound nennenswert verwaschen wird.

Manley Core Testbericht

Ein Teil der Röhrenstufe

Nicht alltäglich: Der Kompressor liegt im Signalfluss vor der Röhrenstufe. So wirkt dieser zuerst mit seiner Pegelabsenkung und da es keinen Makeup-Gain-Regler gibt, ist es praktisch ausgeschlossen, dass die Röhre zu stark angefahren wird.

Equalizer

Auch der 3-Band-EQ klingt einfach nur lecker – jederzeit wie selbstverständlich, auch bei erheblichen Eingriffen. Ob für mehr »Funkeln« in den Höhen, mehr »Körper« in den Mitten oder einen guten Bassschub rings um bzw. oberhalb von 100 Hertz.

Die Baxandall-Kurven der tiefen (80 Hz) und hohen Shelving-Filter (12 kHz) zeichnen für den weichen Sound mitverantwortlich. Bässe und Höhen weisen einen Regelbereich von ±12 dB auf. Wie bereits angedeutet: Das ist mehr als genug für einen Channel Strip.

Manley Core Testbericht

»Smoothe« Baxandall-Kurven für den EQ

Der Mittenregler kontrolliert einen durchstimmbaren Peak-Filter in einem von zwei Bereichen – wahlweise von 100 Hz bis 1 kHz oder von 1 bis 10 kHz. Hier hast Du einen Spielraum von immerhin ±10 dB.

Schade, dass es keinen Bypass-Schalter gibt. Sicher, so wichtig wie beim Kompressor ist der hier nicht, aber es wäre noch das i-Tüpfelchen gewesen.

Limiter

Mit diesem FET-Brickwall-Limiter kannst Du die Pegel auf kreative Weise so richtig an die Decke nageln (technisch genau wie extreme Kompression) oder einfach für eine etwas ausgeglichene Dynamik sorgen. Drums, Vocals, E-Bässe – alle können davon profitieren.

Das Attack ist fest auf flinke 115 Mikrosekunden eingestellt, doch Threshold und Release sind regelbar. Letzteres reicht von sehr schnell (2,3 Millisekunden – manchmal stark verzerrend, was sich künstlerisch durchaus sinnvoll einsetzen lässt) bis eher lässig (300 Milliksekunden)

Zudem findet sich ein Poti für die Ausgangslautstärke (-6 bis +4 dB) – der tut auch not, da die Lautheit je nach erfolgter Kompression/Limitierung sehr stark von der des Eingangssignals abweichen kann.

Ausgänge am Manley Core

Kommen wir abschließend auf die Ausgänge zu sprechen. Zum einen gibt es den Output 2, der das durch sämtliche Effektsektionen geformte Signal abgreift.

Manley Core

Auch auf der Rückseite ansehnlich bestückt

Zusätzlich findet sich der Ausgang 1, der bereits nach der Röhre abzweigt. So lässt beispielsweise ein alternatives Signal parallel aufnehmen, das nur die Dynamikkorrekturen und den Röhrensound beinhaltet, von der Klangfärbung per Equalizer und dem womöglich harschen Limiting jedoch nicht »verfälscht« wurde.

Mit etwas Phantasie ist das wie beim Reamping, da dieses »trockenere« Alternativsignal die Grundlage für die Bearbeitung durch Dritt-Effektgeräte/-Plugins darstellt.

Per Insert-Buchse kannst Du ein externes Mono-Effektgerät einschleifen. Dessen Output gelangt direkt vor dem EQ wieder in den Signalfluss, der Input wird also noch durch Eingangsstufe, Kompressor und Röhre beeinflusst.

Insgesamt ein schönes Potpourri an Signalwegen für die differenzierte Klangbearbeitung auf unterschiedlichen Pfaden.

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Fazit zum Manley Core Test

Der Manley Core ist ein sehr hochwertiger und musikalischer, aber im Lichte dieser Qualitäten preiswerter Channel Strip – gerade für Vocals und Drums eignet sich diese Kombination aus Optokompressor, Röhrenstufe, 3-Band-EQ und Limiter bestens. All das noch vor der Wandlung zu realisieren, ist eleganter und klanglich eine Spur feiner als mit Plugins, auch wenn diese jüngst gewaltige Fortschritte erzielen konnten.

Manley Core Testbericht

Im Manley Core Testbericht wusste der Channel Strip zu gefallen

Die Eingangsstufe verarbeitet alle Mikrofon- und Instrumententypen. Sie bietet alles, was man so brauchen könnte, inklusive Hochpassfilter, Polaritätsumkehr.

Der Kompressor dient vor allem zum sanften Nivellieren des Signals. Mit dem Baxandall-Equalizer und seinen großzügig »sweepbaren« Mitten sind wunderbar weiche Klangformungen möglich – im Nu ist das Timbre nach Gusto umgeformt, was stets sehr natürlich klingt. Der Limiter dient schließlich als finale Dynamikeinheit mit der Option zum kreativen Anzerren.

Die Verarbeitung überzeugt, ebenso die Haptik der fein regulierbaren Potis. Das Gehäuse ist noch recht kompakt und wird nicht übergebührlich warm.

Ein paar Kleinigkeiten trüben das Bild. Etwa der fehlende Bypass-Schalter für den Kompressor bzw. die komplette Effektsektion oder die nur über Umwege erfolgende Pegelabstimmung aufgrund des fehlenden Makeup-Gain-Reglers. Mancher mag auch eine Option zur Änderung der Effektreihenfolge im Signalfluss vermissen.

Alles in allem reicht es aber locker für eine sehr gute Wertung – im Manley Core Testbericht auf delamar halte ich viereinhalb von fünf Punkten für gerechtfertigt. Klar, es gibt einige günstigere Preamps mit teils mehr Eingriffsmöglichkeiten (z.B. Focusrite ISA 430 MKII oder PreSonus ADL 700). Doch der exquisite, smoothe Röhrensound, der einfache Workflow ohne große Parameterflut und die Musikalität der verbauten Effekte rechtfertigen den Preis. Zumal man sich hier einen großen Namen in das eigene Tonstudio holt.

Manley Core Features

  • Channel Strip für 19″-Racks (2HE)
  • Kompressor, 3-Band-Equalizer und Limiter
  • Röhrenstufe
  • Beleuchtetes VU-Meter
  • Mikrofoneingang (XLR, trafosymm.)
  • Line-Eingang (XLR, symm.)
  • Instrumenten-Eingang (6,3 mm)
  • Insert-Buchse (6,3mm)
  • Ausgang nach Kompressor & Röhre (XLR, symm.)
  • Ausgang nach allen Effekten (XLR, symm.)
Hersteller: Manley
Produkt:

Manley Core Test

Lesermeinungen (4)

zu 'Manley Core Testbericht: Gediegener Channel Strip'

  • fatman   14. Aug 2015   12:43 UhrAntworten

    Lieber Felix Baarß!
    Meine Abhöre: Event 20/20bas & Subwoofer s100, Audio Interface: t.c.electronic desktop konnekt 6.
    Bei eurem Hörbeispiel mit den Drums ist es mir nicht möglich einen Unterschied zu hören. Ist meine Abhöre zu schlecht, oder meine Ohren? Oder kann es sein, dass der Übertragungsweg via Internet sich für solche Hörvergleiche schlecht eignet?

    • Felix Baarß (delamar)   14. Aug 2015   14:28 UhrAntworten

      Hallo fatman,

      Ich kann mir kaum vorstellen, dass es an derart veritablem Equipment wie deinem liegt. Vielleicht liegt es tatsächlich an deinen Lauschern bzw. deren Ermüdung. Die Audiodateien der Klangbeispiele liegen als MP3 mit 192 kb/s vor, sind also mehr als gut genug, um die Unterschiede klar heraushören zu können (v.a. die Kompression und Verzerrung durch den Limiter). Mir gelingt das zweifelsfrei, auch bei mir zuhause (Boxen: Nubert nuPro A-20; Audio Interfaces im Wechsel: sowohl Audient iD14 als auch die integrierten Wandler der erwähnten Boxen).

      Vergleiche nur mal die allererste Kick-Drum beider Dateien im Wechsel (ja, ist ein wenig fitzelig mit dem Zurückspulen per Maus, aber die beste Methode).

      Gruß,
      Felix

  • fatman   15. Aug 2015   12:28 UhrAntworten

    Danke Felix für Deinen Tip!
    Ja wenn ich mir Mühe gebe, höre ich da einen Unterschied! (Hätte wahrscheinlich gleich mit frischen Ohren hören sollen) Aber, ob der den Preis rechtfertig? Und ob der im Mix noch nachvollziehbar ist? Nach diesem Beispiel sehe ich keinen Grund den Manley meinen VST - Plugins (Waves, Sonnox & Sonar) vorzuziehen. Das beruhigt mich!

    • Felix Baarß (delamar)   15. Aug 2015   12:37 UhrAntworten

      Obacht, ich habe sehr sanfte Einstellungen gewählt, das war schätzungsweise ein knappes Drittel der möglichen Effektstärke beim Limiter. Die EQ-Bänder habe ich auch nur ganz leicht aufgedreht. Und den Kompressor habe ich bei diesem Beispiel gar nicht erst angerührt.

      Meistens verwendet man ja insbesondere die Dynamikeffekte nur für einen gewissen Feinschliff, um nicht alles plattzuwalzen. Aber ein Extrembeispiel wäre durchaus angebracht gewesen, sorry. :/

      Vielleicht werde ich die Gelegenheit finden, das Ding noch mal auszupacken...

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