Musik und Politik – Ein ungleiches Paar oder doch Schmelztiegel?!

Mit »Erupt and Matter« macht sich Moby auf seinem neuen Album Luft.

Mit »Erupt and Matter« macht sich Moby auf seinem neuen Album Luft.

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Die Musikakte Moby

Wenn ich zum Beispiel in meinem privaten Tonstudio, das ich Wohnzimmer nenne, Musik mache, hat diese keine Adressaten und auch keine Message. Sie fungiert für mich als reiner Freizeitspaß und als passionsgetriebener Zeitvertreib. Der Weg ist das Ziel und das Ziel ist der Weg. Das ist jedenfalls, was meine Musik für mich ist; nicht mehr, und nicht weniger.

Trotzdem bin ich begeistert von unseren musikalischen Künstlern, die die Courage und auch die Intention haben, inhaltlich zu bewegen, zum Nachdenken anzuregen und zu mobilisieren. Einer der authentischsten Vertreter aus dieser Riege ist und war schon immer für mich: Moby. Er hat eine (oder viele) Überzeugungen und wird auch nicht müde, diese in die Welt hinaus zu rufen. So auch zuletzt geschehen, wo er sich mit dem FPÖ-Politiker Norbert Hofer ein Wort- oder besser Liedgefecht lieferte.

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Im Einzelnen ging es um Moby´s Musikvideo »Erupt & Matter«, welches vor Rechtspopulisten und autoritären Machthabern warnt und Hofer eingereiht zwischen Kim Jong Un, Baschar al Assad und anderen politischen Figuren zeigt. Europa kommt nicht zu kurz: Geert Wilders und Frauke Petry spielen ebenso mit.

In einem Facebook-Post verteidigte der dritte österreichische Nationalratspräsident seine Einstellung: »Ich lasse mich auch davon keinen Millimeter von meinem Weg für Österreich abbringen. Der Bundespräsidentenwahlkampf mit all seinen Unwahrheiten und Angriffen hat in mir den festen Willen geweckt, meinen Weg der Vernunft unbeirrt weiterzugehen«, gab er öffentlich bekannt.

Nach Moby´s Auffassung sollten die Menschen aus den Fehlern des 20. Jahrhunderts gelernt und rechtspopulistische Politik hinter sich gelassen haben. »Rassisten und der antiquierte rechte Rand breiten sich in beinahe jedem Land der westlichen Welt aus. Wir müssen uns dagegen wehren, indem wir protestieren, Progressive unterstützen und, am allerwichtigsten, wählen«, so Moby.

Das politische Potenzial von Musik

Es gibt also Musik, die beide Seiten des Schwertes vereint: musikalische Fertigkeit mit zivilgesellschaftlicher, politischer Positionierung. Dann gibt es jedoch auch Musik, die (nahezu) ausschließlich eine politische Botschaft oder gar Ideologie transportiert. So zum Beispiel rechte Töne von Bands wie Landser, die als bekannteste deutsche Naziband in Deutschland gilt bzw. galt.

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Dagegen steuern Bands wie Silbermond, die sich in ihren Texten offen gegen Rechtsextremismus äußern. Unter dem Motto »Laut gegen Nazis« zeigen die Bandmitglieder Flagge. Eine Tatsache, die viele Bands gern bestärken würden, oft aber einem Management unterliegen, welches von derartigen politischen Statements abrät.

Unbestritten ist die hohe Mobilisierungswirkung von Musik auf viele gesellschaftliche Schichten. Vor gar nicht langer Zeit verteilten Neonazis CDs mit Rechtsrock vor Schulen an Jugendliche, um damit die Kräfte dieses Mediums für ihre Zwecke zu nutzen. Eine Einstiegsdroge in die rechtsextreme Szene.

Tagesaktuell kann man jedoch auch die musikalische Versammlung gegen politische Entwicklungen auf der anderen Seite des Atlantiks vernehmen. Aber wie legitim ist es, einerseits verfassungsgefährdende Musik von Rechts zu verbieten, sich hingegen auf der anderen Seite musikalisch (u.a. Madonna) entgegen demokratisch hervorgebrachter Politikentscheidungen zu formieren?

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Ein Resümee

Musik ist – wie wir es ja schon immer wussten – mannigfaltig, auch wenn es um so etwas Komplexes wie Politik geht. Ob Musik bewusst eine politische Haltung transportiert (siehe Moby vs FPÖ), ob sie das vermeintlich Elitäre, was Politik gerne für sich beansprucht, als doch nicht so unnahbar enttarnt (siehe Marilyn Monroe´s „Happy Birthday“ für John F. Kennedy), oder ob sie für eine politische Positionierung unfreiwillig vereinnahmt wird (siehe Charles Manson´s rassistisch motivierte Mission, in der die Beatles als die vier Engel der Apokalypse fungieren) und auch ihr Song »Helter Skelter« instrumentalisiert wurde.

Musik ist omnipräsent und omnipotent, sie ist einfach herrlich (un-)politisch.

Nun stelle ich euch die Gretchen-Frage: Wie haltet ihr es mit der Musik? Welcher Art sollte, darf oder muss die Symbiose von Politik und Musik sein? Ich bin gespannt auf eure Meinung und auf weitere Beispiele, die das Zusammenspiel von Musik und Politik abbilden.

Lesermeinungen (5)

zu 'Musik und Politik – Ein ungleiches Paar oder doch Schmelztiegel?!'

  • P.Chris   06. Feb 2017   11:27 UhrAntworten

    Ich bin nun kein glühender Fan von politisch motivierten oder missionierenden Botschaften in der Musik, aber sie haben meiner Meinung nach ihr berechtigtes Dasein als Kritik an Politik und Gesellschaft.
    Nehmen wir rekapitulierend einmal als Beispiel den Vietnamkrieg und die daraus gesellschaftsfähig gewordene kritisch-politische Musikkultur, Songs, Stars und mannigfaltigen generationsübergreifende Bewegungen (Flowerpower, Friedensbewegungen, Humanismusbewegungen, Umweltbewegungen etc.p.p.), die daraus hervorgingen.
    Musik kann also ein äußerst (und manchmal weit unterschätzt) mächtiges Werkzeug und Sprachrohr sein, das über Landesgrenzen hinausgehend, Menschen unterschiedlichster Kulturen überall auf den Kontinenten verbinden- und insofern gesehen, noch mächtiger als Religionen sein kann.
    (Ich hoffe, letzterer Satz wird nun nicht blasphemisch verstanden).

    Musik ist ein Sprachrohr, das sich mit vielen Erfahrungsdingen auseinandersetzt, das eben nicht nur Liebe und Herzschmerz zum Thema hat... sondern auch Dinge wie ja, äh, "Käsebrot".

    So wie ich über Helge Schneider schmunzeln kann, finde ich auch humoristische Kritik in Songs als Botschaft gegen z.B. Politik und Gesellschaft etc. als gutes stilistisches Mittel, wie z.B. im Punk.
    Lyrisch poetische Schwermut scheint mir zwar die sachlich aufrichtigste Form von Kritik zu sein, aber ich bin nun auch kein Fan depressiver Stimmungen.
    Was ich gar nicht für gut heißen kann, sind gewalttätig hetzerisch, unrichtiges und einfach menschenverachtendes Liedgut, weder von Links, noch von Rechts und schon gar nicht von Möchtegern Gangster-Rapper wie den Bushido`s dieser Welt.
    Ich bin zwar durchaus Fan von easy-listening Weihnachtsliedern aus den 50`ern, finde aber Eric Idle`s "Fuck Christmas" einfach nur göttlich genial.

    Aber nun gut, zurück zur Politik.
    Jeder soll seine politische Meinung und Ansichten in seiner Musik durchaus kundtun dürfen, auch wenn einem manches zu radikal erscheint.
    Ein Musiker bezieht halt Stellung und letztlich muss man seine Meinung und Ansichten ja auch nicht teilen müssen. So wie es dem Musiker also frei steht, soll es auch dem Zuhörer frei stehen.
    Was ich nämlich nicht so toll finde sind politisch aktive Musiker, die Kollegen dazu drängen sich zu bekennen und mitunter auch an den Pranger stellen wollen, wenn diese sich in ihren Songs halt nicht politisch äußern wollen.
    Das geht meiner Meinung nach gar nicht.
    Genauso wie jeder das Recht hat, in seinen Songs etwas sagen zu dürfen hat auch ein jeder das Recht, in seinen Songs eben nichts sagen zu müssen !

    Ich meine daher, wenn man seine musikalisch kritischen Botschaften mit einer guten Portion Humor verpackt, wird einem auch die ärgste Kritik letztlich nicht übel genommen werden können, weil im Humor letztlich doch immer ein ganz gutes Stück Wahrheit liegt ;-)

  • Steffen   10. Feb 2017   07:30 UhrAntworten

    Musik und Politik ist ein äußerst komplexes Thema. So komplex, dass ich es selbst in meiner Masterarbeit in Musikwissenschaft nur stellenweise beleuchten konnte. Fallbeispiel war die doch merkwürdige Szeneverbundenheit zwischen Rechtsrock und NS Black Metal, aber auf viele grundsätzliche Zusammenhänge und Diskussionspunkte bin ich in meiner Arbeit auch eingegangen. http://www.epubli.de/shop/buch/Zwischen-Satan-Odin-und-Hitler-Steffen-Peise-9783737523110/44042

  • Timo Jan Knoll   10. Feb 2017   13:14 UhrAntworten

    Einige Menschen / Musiker können vielleicht nur über Musik Ihre politische Meinung äußern. Was sehr wichtig ist und notwendig. Mal nichts sagen oder über alle Grenzen gehen. Es soll doch doch bitte schön immer die Waage halten .:-) Zur Zeit höre ich viel Run the Jewels. Ja ich finde es sehr wichtig das es Leute / Musiker gibt die sich trauen auf einer großen Plattform ihre Gedanken da zu legen. Schon mal den Track von Bass Sultan Hengzt gehört - Donald Trump ?

  • Jay   10. Feb 2017   15:04 UhrAntworten

    Mucke und Politik? Viele Beispiele...in etwa:
    Stones/Beatles und Woodstock: Hippie und 68er-Revolte...
    Loveparade: Politisch oder nicht?
    Udo: Sonderzug nach Pankow...vgl. Einflüsse auf DDR usw.
    Elmar Brand: Der Steuersong....geile Schröder-Parodie
    ORS: Fire on the water (´80): geiler Disco-Track mit Anti-AKW-Inhalt...

    Gibt noch viiieelle mehr... Mucke und Politik sind also oft mehr miteinander verschmolzen als man meint.

  • John   10. Feb 2017   15:17 UhrAntworten

    Ich bin generell kein Fan davon in Musik irgendwelche tiefgründigen Botschaften zu verpacken, und schon gar nicht politische. Wenn man es falsch macht kann das ganz schnell nach hinten losgehen und man wird als radikal eingestuft obwohl man das eigentlich nicht so meinte (ist einer mir befreundeten Band passiert). Deswegen solche Themen lieber mit Vorsicht behandeln.
    Desweiteren finde ich geht der Unterhaltungswert flöten. Musik war, ist und so sollte es auch bleiben, eine Art von Unterhaltung. Sie soll Menschen dazu bringen Spaß zu haben um dem Alltag etwas zu entfliehen, nicht zum weinen oder zum verzweifeln bringen. Politik wird im Fernsehn genug diskutiert, da brauch ich das nicht noch in der Musik. Und eben WEIL es so viele Menschen gibt die sich stark von der Musik beeinflussen lassen, kann das ziemlich gefählich werden.
    Wer als Musiker sowas machen will, bitteschön, aber bitte etwas diskreter.

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