Lo-Fi Musik – Wie Du deinen Tracks den nötigen Schmutz verpasst

Lo-Fi Musik

Sounds vom Band eignen sich perfekt für Lo-Fi Musik.

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Lo-Fi Musik: Wenn es kratzt, knarzt und scheppert

Weit entfernt von großen, polierten Hochglanzproduktionen und dem allgegenwärtigen Deep-House-Geplänkel, etablierte sich ein Trend, der es gerade wegen seines rauen Klangs weit gebracht hat. Ein paar Worte zur Entstehung dieser Musikrichtung:

In der Musik spricht man von Lo-Fi (Low Fidelity), wenn man einen Sound oder den Klang einer Produktion von geringer Qualität beschreibt. Charakteristisch ist die flache und scheppernde Soundqualität, die auf bewusst schlecht ausgewähltes, oft preisgünstiges Recording-Equipment zurückzuführen ist. Die – nennen wir sie mal Qualitäten – von Lo-Fi Musik sind von eben diesen Aufnahmegeräten und niedrig aufgenommenen Audiofiles geprägt.

Doch auch wenn die Aufnahmen noch so schlecht klingen mögen, rein musikalisch betrachtet sind die fertigen Songs keinesfalls minderwertig. Oft wirkt die Klangästhetik gewollt retro und man verzichtet bei der Produktion schlicht auf gängige Normen, um geradewegs dem Mainstream etwas entgegen zu setzen.

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Besonders im Bereich der elektronischen Musik, spricht man auch oft vom »Goldstaub«, wenn es knistert, rauscht und sich vermeintliche Fehler in die Aufnahmen einschleichen. Ein antiquierter Sound macht eben das gewisse Etwas aus. Um auch in deine Musik ein wenig Nostalgie einfließen zu lassen, gilt es folgende Tipps zu beachten:

Verwende Aufnahmen vom Band

Eine einfache Möglichkeit, einer Musikproduktion analogen Charme zu verpassen, ist, Instrumente oder Drum-Spuren zunächst auf Band aufzunehmen, um sie anschließend wieder in den Rechner zu spielen. Dabei sind keinesfalls teure Bandmaschinen à la Studer gemeint: Simple Tape-Decks liefern großartige Lo-Fi Ergebnisse. Fange die Wärme des Magnetbandes und die unerwarteten Artefakte der Mechanik ein – harmonische und nicht-harmonische Verzerrungen inklusive.

Staube alte Hardware ab

Sogar fern ab von modernen DAWs lässt sich mit kleinen finanziellen Mitteln ein wirkungsvolles Lo-Fi Set-Up aufbauen. Im folgenden Video kommen ein Tascam 4-Track Recorder, eine Zoom RhythmTrak RT-123 Drum-Machine sowie ein Yamaha QY70 Sequencer zum Einsatz.

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Begib dich auf Sound-Suche

Schnappe dir einen Field-Recorder und mache dich auf die Suche nach neuen Sounds. Hier tut es im übrigen auch das Mikrofon deines Smartphones. Je rauer die Aufnahme, desto besser. Rauschender Straßenlärm und leise Windgeräusche können verwendet werden, um Beats zu untermauen – oft stecken ungeahnte Rhythmen in den Aufnahmen.

Sampling alter Platten

Alte Platten können wahre Fundgruben sein: Ob für Drum-Breaks oder schöne verstaubte Vocals – das Durchhören einiger Scheiben kann sehr inspirierend sein. Doch um den typischen Vinyl-Charakter in deine Musik zu zaubern, gibt es auch nützliche Plugins, wie zum Beispiel das kostenfreie Tool »Vinyl« von iZotope.

Hier findest Du Tipps zum Vinyl-Sampling

Alternativ gibt es Online-Plattformen, die jede Menge kostenfreien Retro-Content zur Verfügung stellen. Goldbaby ist eine dieser Seiten. Sehr zu empfehlen sind beispielsweise die Tape606 Sounds. Eine Roland TR-606 aufgenommen mit einer Viertel-Zoll Bandmaschine – besser geht´s fast gar nicht, um richtig Lo-Fi zu klingen.

Keine Scheu vor Verzerrung und Bit-Crushing

Distortion und Bit-Crushing Tools sind deine Freunde: Es gibt kleine Helferlein in vielen DAWs, die dabei helfen, einfach mal einen Sound vorsichtig zu zermalmen. Auch das Reduzieren der Bit- und / oder das Absenken der Sample-Rate, kann einiges bewirken. Ausgesprochen gut eignen sich im Übrigen auch Distortion Pedals zum zarten entstellen eines Sounds.

Eine Verzerrte Kick, Snare oder Tom sorgt für anständigen Antrieb bei gleichzeitigem charmanten Rumpeln. Auch der Kontrast zu anderen, unberührten Sounds kann sehr wirkungsvoll sein. Eine glänzende Synth-Line eingebettet in ein verzerrtes Scheppern kann sehr viel Persönlichkeit hervorbringen.

Weniger ist mehr

Ein Grundsatz, der in vielen Stilrichtungen gilt, im Lo-Fi-Bereich aber umso wichtiger ist. Aufnahmegeräte von früher unterlagen sehr starken Einschränkungen. Eine begrenzte Sampling-Time oder die Limitierung von Ausgängen brachten einen erst dazu, seine Kreativität herauszufordern und gleichzeitig einfach und zurückhaltend zu arbeiten. Einen Großteil der Lo-Fi-Ästhetik macht der Minimalismus aus. Begrenze dich selbst, indem Du nur eine bestimmte Anzahl an Spuren und Klangquellen nutzt.

Wie stehst Du zu Lo-Fi Musik und was sind deine Ratschläge für eine gehörige Portion Schmutz in Musikproduktionen? Ist es generell eine ernstzunehmende Musikrichtung oder sind ihre Produzenten eventuell schlicht zu träge für hochwertige Produktionen?

Lesermeinungen (2)

zu 'Lo-Fi Musik – Wie Du deinen Tracks den nötigen Schmutz verpasst'

  • Michael   28. Feb 2017   01:19 UhrAntworten

    Schöner Artikel.
    Es geht aber auch einfacher und insoweit nicht so umständlich, als z.B. altes Equipment ersteigern zu müssen oder den alten Kassettenrekorder auszukramen.
    LoFi Sound in z.B. Housemusic/Electronic ist nun wahrlich kein großes Kunststück oder Kraftakt und sehr einfach zu machen.
    Sorry, wenn sich nun einige auf den Schlips getreten fühlen.

    So geht es aber sehr easy zum LoFi Sound über den PC:
    Mixdown/Resampling (ideal für Beats bzw. ganzen Track) runter auf 14-11 kHz, bei Bässen und Wobbelsounds (Solotracks) sogar runter zwischen 6-4 kHz für warmen in der Magengrube drückenden Analogsound.
    Pads runter bei 12-8 kHz. (Der Witz ist aber manchmal die Pads auch unangetastet klar zu lassen...bringt den "rauhen" Klangcharakter des Rests sogar vorteilhafter zur Geltung...das Ergebnis klingt trotz "Dreck im Sound" irgendwie "rein").
    Hier und da ein paar Sounds für crushende Aliasingfahnen vlt. sogar in ADPCM gespeichert/resampled (sofern moderne Audiointerfaces/Soundkarten/Editoren das Format noch lesen können...spart umgehend ein Bit Crusher PlugIn) um schönen alten/originalen 80`er Soundblaster DOS-Sound zu bekommen.
    Alles wiederum ins Projekt/Audioeditor einladen (ggf.wenn nicht automatisch- wieder dem Projekt an Bit/Samplingrate anpassen/konvertieren...die "miese Soundquali" bleibt trotzdem erhalten).
    Dann auf der Summe etwas Flattern für Tape Simulationen wie leichte Gleichlaufschwankungen, dezentes Flanging und Mono/Stereophasing (z.B. mit dem kostenlosen VST PlugIn Wow&Flutter...geniales Teil, erzeugt sogar sporadische Tape Sättigung, dezente Auslöschung, Überlagerung).
    Vielleicht noch ein wenig Vinylrauschen und Kratzer unterlegt.
    Fertig !
    Bearbeitungsaufwand: Minimal mit ein paar Mausklicks in 10 Minuten und praktisch jeden PC/Soft/Hardware realisierbar und man macht aus wirklich jeden schimmernden Hochglanztrack ein richtig "schön mies", bzw. "Kassette analogen LoFi Sound", der je nach "gewollt" zwischen Amiga, Soundblaster DOS und etwas sauberen 12-Bit Sampler klingt ;-)

    Liest sich vlt. insgesamt etwas kompliziert, ist aber schnell und easy gemacht und kaum großer Aufwand. Probiert es einfach mal aus ;-)

    • Thomas N.   01. Mrz 2017   18:15 UhrAntworten

      Hallo!

      Oh, klingt interessant. Vielen Dank für Deine Ideen!

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