Amusie – Wenn Musik Schmerzen bereitet

Amusie

Im Falle des Neurologen Oliver Sacks, gingen die zeitweiligen Amusie-Erlebnisse mit einer starken Migräne einher.

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Scheppern, Kreischen, Dröhnen – Amusie

Letzte Woche habe ich an dieser Stelle ja von einer jungen Frau berichtet, die unser geliebtes Medium Musik nicht nur über einen, sondern über zwei sensorische Kanäle aufnimmt.

Aber stellt euch mal vor, es gibt Menschen, die potenziell physisch in der Lage sind, ganz normal Musik zu hören, aber sie ertragen es nicht (jedenfalls im schlimmsten Fall). Ja, richtig gelesen, es gibt Personen, die aufgrund neurologischer Dispositionen nichts Melodisches, Tonales oder Rhythmisches erkennen oder gar ertragen: Das ist die Welt eines Amusikers. Das folgende Video beschreibt dieses Phänomen sehr anschaulich.

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Die bekanntesten Fälle von Amusie

Der Komponist Maurice Ravel (1875-1937) bezeichnet den wohl bekanntesten Fall von Amusie in der Musikgeschichte. Nachdem sein Gehirn in Folge einer Läsion Schaden genommen hatte, litt er fortan an einer Notenlesestörung. Erschwerend hinzu kam die Unfähigkeit, Kompositionen zu Papier bringen zu können. In seinem Kopf hingegen komponierte er weiter.

Ein weiterer bekannter Fall: Che Guevara. Er soll beim Tanzen auf seinen Adjutanten angewiesen gewesen sein. Ohne dessen Anweisungen, die ihm signalisierten, ob er sich zu schnell oder zu langsam zu einem Takt bewegte, war er nicht in der Lage, sich adäquat zu Musik zu bewegen.

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Keine Melodien, keine Rhythmen

Betroffene sprechen zumeist von einem tonalen Dröhnen, das einen umgibt. Es gibt Berichte im Internet, nach denen sich Symptome beispielsweise während eines Migräneanfalls einstellten. Der Neurologe Oliver Sacks beschreibt sein Erlebnis so:

»Ich fuhr den Bronx River Park Way entlang und im Radio lief ein Stück von Chopin, das ich sehr liebte. Und dann veränderte sich etwas. Das Klavier bekam plötzlich so einen nervigen dröhnenden Hall, es schien die Tonalität zu verlieren, und dann hörte ich nur noch ein tonloses Dröhnen auf einem Stück Metall.«

Amusie oder vielleicht doch nur unbegabt?

Es gibt allerdings auch schwächere Abstufungen von Amusie. Es beginnt bei vielen Menschen bereits mit einer extremen Unbegabtheit. Ein generelles Desinteresse an Musik tritt ebenfalls häufig auf. Wirklich schlimm wird es erst, wenn eine echte pathologische Schädigung der Gehörfunktionen vorliegt.

Eine weitere schwächere Ausprägung der Amusie stellt die Tontaubheit dar. Wenn Du ganz auf Nummer sicher gehen möchtest, kannst Du diesen kurzen Online-Test absolvieren, um zu erfahren, ob in deinen Hirnhälften alles mit rechten Dingen zugeht.

Die Forschung ist zwar an Amusie interessiert. Eine echte Behandlungsmethode gibt es bisweilen aber nicht. Bleibt zu hoffen, dass man von einer solchen Beeinträchtigung, wie Amusiker sie erleben, verschont bleiben wird.

Lesermeinungen (8)

zu 'Amusie – Wenn Musik Schmerzen bereitet'

  • Dirk Wouters   10. Jul 2017   07:37 UhrAntworten

    Kenne ich, habe ich auch immer, wenn so was wie Helene Fischer und so läuft. Aber ob das neurologisch ist, wage ich zu bezweifeln... ;-)

    • Alex Eulerich   13. Jul 2017   19:21 UhrAntworten

      Bruder im Geiste! (y)

  • Pit Moshing   10. Jul 2017   07:53 UhrAntworten

    geht mir beim hip hop, pop oder techno genau so .... ;)

  • Oliver Fischer MX   10. Jul 2017   08:00 UhrAntworten

    Geht mir beim Heavy Metal auch so....☺

  • Jannik Psyconoclast   10. Jul 2017   09:40 UhrAntworten

    Kenn ich voll, ich krieg auch Schmerzen wenn ich deutsche Popmusik, Schlager oder Hip Hop / Rap höre. Aua

  • Sascha Steez   10. Jul 2017   11:07 UhrAntworten

    All about Compression Bitches :D (y)

  • Alan   10. Jul 2017   11:48 UhrAntworten

    Geht mir bei unbegabten Sängern so...allein die Höflichkeit hält mich davon ab, mich gleich auf der Stelle übergeben zu wollen.
    Keinen einzigen Ton treffen, völlig außerhalb der Harmonie liegen, kein Rhythmusgefühl und der Ansicht sein, dass das doch gar nicht so schlecht war.
    Dann der Spruch, das man es beim nächsten Take sogar noch "etwas besser" hin bekäme, lässt mich sofort total verkrampfen und verursacht Kopfschmerzen.

  • Simon   14. Jul 2017   14:36 UhrAntworten

    Anders als die meisten Kommentare gehe ich nicht davon aus das persönlicher Musikgeschmack mit diesem Thema in Zusammenhang hängt... um es freundlich auszudrücken.

    Schätze mal für solche Amusiker ist Musik im extremeren Fall so ähnlich wie für mich wenn ich Migräne habe: jegliche Musik fühlt sich wirr an, ist nicht zu folgen, ist einfach nur undefinierbarer Lärm der wie ein Presslufthammer im Schädel hämmert und verursacht nur schlimmere Kopfschmerzen als ich eh schon habe. Der bloße Gedanke das dies der "Normalzustand" sein kann jagt mir einen Schauer über den Rücken...

    Alles andere als angenehm der Gedanke.

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